Mehrwertsteuerrichtlinie: Steuerbefreiung für von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachte Dienstleistungen?

17. Juni 2021 -

Der Europäische Gerichtshof hat am 17.06.2021 zum Aktenzeichen C-58/20 und C-59/20 sein Urteil zu der Frage verkündet, ob von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachte Dienstleistungen wie steuerliche Arbeiten, die die Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilinhaber gemäß dem nationalen Recht sicherstellen, und die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie (2006/112/EG) steuerfrei sind.

Aus der Pressemitteilung des EuGH vom 17.06.2021 ergibt sich:

Das Bundesfinanzgericht der Republik Österreich ersucht den Gerichtshof im Rahmen der vorliegenden Vorabentscheidungsverfahren dahingehend um Rat, ob Art. 135 Abs. 1 lit. g der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachte Dienstleistungen wie steuerliche Arbeiten, die die Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilinhaber gemäß dem nationalen Recht sicherstellen, und die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung fallen.

Einerseits hat es über den Fall von K zu entscheiden, in dem verschiedene Verwaltungsgesellschaften (die vor 2011 als Kapitalanlagegesellschaften bezeichnet wurden) bestimmte Leistungen zur Ermittlung der für die Einkünftebesteuerung der Fonds-Anteilinhaber maßgeblichen Werte wie z. B. die Steuerrechnungen an einen Dritten, hier K, auslagerten. Die K verrechnete die von ihr erbrachten Leistungen ohne Mehrwehrsteuer. Jedoch ist das Finanzamt Österreich der Auffassung, dass diese Leistungen ohne Mehrwehrsteuer nur dann hätten verrechnet werden dürfen, wenn sie der Kerntätigkeit der Portfolio-Verwaltung gedient hätten, was nach Ansicht des Finanzamtes hier nicht der Fall war.

Andererseits hat es über den Fall von DBKAG zu entscheiden. Die SC GmbH wiederum räumte der DBKAG vertraglich ein unbefristetes Nutzungsrecht an der SC-Software zur Erstellung wesentlicher Berechnungen für die Verwaltungsleistungen Risikomanagement und Performancemessung ein. Ebenso in diesem Zusammenhang soll darüber entschieden werden, ob die Einräumung des Nutzungsrechts an der SC Software der Kerntätigkeit der Portfolio-Verwaltung gehört und daher keine steuerpflichtige Leistung darstellt.

Mit seinem Urteil antwortet der EuGH dem Bundesfinanzgericht der Republik Österreich wie folgt:

Art. 135 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass von Dritten an Sondervermögen-Verwaltungsgesellschaften erbrachte Dienstleistungen wie steuerliche Arbeiten, die die Besteuerung der Fondseinkünfte der Anteilinhaber gemäß dem nationalen Recht sicherstellen, und die Einräumung eines Nutzungsrechts an Software, die ausschließlich der Durchführung von für das Risikomanagement und die Performancemessung wesentlichen Berechnungen dient, unter die in dieser Bestimmung vorgesehene Steuerbefreiung fallen, wenn sie eine enge Verbindung mit der Verwaltung von Sondervermögen aufweisen und ausschließlich für die Zwecke der Verwaltung von Sondervermögen erbracht werden, auch wenn sie nicht vollständig ausgelagert sind.

Vorliegend ist es Sache des Bundesfinanzgerichtes, zu prüfen, ob die Dienstleistungen, die den zwei betroffenen Verwaltungsgesellschaften von K und SC erbracht werden, diese Voraussetzungen erfüllen.

Konkret wird das Bundesfinanzgericht in der Rechtssache C-58/20 namentlich prüfen müssen, ob die von K erledigten steuerlichen Arbeiten Pflichten nach österreichischem Recht entsprechen, die für Sondervermögen spezifisch sind und sich somit von den für andere Arten von Investmentfonds vorgesehenen Pflichten unterscheiden.

Hinsichtlich der Rechtssache C-59/20 weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Umstand, dass die in Rede stehende Software etwa zur Durchführung von Berechnungen dient, die nach der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes für die Verwaltungsleistungen des Risikomanagements und der Performancemessung des betreffenden Fonds wesentlich sind, daher die Annahme zulassen könnte, dass sie für die Verwaltung dieses Fonds wesentlich ist.