Minijobs im politischen Gegenwind: SPD unterstützt Unions-Vorstoß – rechtliche Rahmenbedingungen und Risiken

13. November 2025 -

Minijobs sind in vielen Branchen verbreitet – ob Handwerk, Reinigung oder Lieferdienste – und bieten zwar Flexibilität, gehen aber oft mit fehlender sozialer Absicherung einher. Viele Menschen sind auf diese geringfügigen Jobs angewiesen. Nun gerät das Modell jedoch politisch unter Druck: Die SPD hat sich überraschend der Kritik einiger Abgeordneter von CDU/CSU angeschlossen und bezeichnet Minijobs als besonderes Problem – vor allem für Frauen.

Hintergrund: SPD unterstützt Unions-Vorstoß zur Minijob-Reform

Eine Gruppe von Unions-Bundestagsabgeordneten – konkret die Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Fraktion – fordert einen Kurswechsel bei Minijobs. Ihr Vorsitzender Stefan Nacke (CDU) spricht sich für eine weitgehende Abschaffung der Minijobs aus, weil diese die soziale Sicherung untergraben und reguläre Stellen verdrängen würden. „Zu viele Menschen stecken in der Minijob-Falle – das dürfen wir nicht länger hinnehmen“, erklärte Nacke und bezeichnete das ursprünglich gut gemeinte Modell inzwischen als „Systemfehler“. Wer ein Leben lang nur im Minijob arbeite, lande „mit leeren Händen im Alter“, so Nacke weiter – das Prinzip „brutto gleich netto“ klinge verlockend, verlagere die Kosten für Krankheit, Alter und Arbeitslosigkeit aber auf die Allgemeinheit. Die Unions-Abgeordneten plädieren dafür, Minijobs nur noch als Übergangslösungen für Schüler, Studierende oder Rentner zuzulassen. In allen anderen Fällen sollen geringfügig Beschäftigte „Schritt für Schritt“ in reguläre, sozialversicherungspflichtige Arbeit überführt werden, mit fairen Beiträgen, echten Rechten und Aufstiegschancen.

Überraschend bekommt dieser Vorstoß Unterstützung von der SPD. Die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Annika Klose, stimmte der Union zu: Minijobs könnten zwar für Studierende sowie Rentnerinnen und Rentner eine sinnvolle Option sein, „darüber hinaus gehören sie abgeschafft“. Die SPD schließt sich damit der schon lange geäußerten Kritik an, dass Minijobs insbesondere Frauen benachteiligen und in die Altersarmut treiben. Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di begrüßt die Initiative: Minijobs seien „kein Sprungbrett in den regulären Arbeitsmarkt, sondern eher eine berufliche Sackgasse für viele, besonders für Frauen“, warnt Ver.di-Chef Frank Werneke. Somit formiert sich erstmals eine parteiübergreifende Front gegen das gegenwärtige Minijob-System – ein bemerkenswerter Schulterschluss zwischen SPD und Teilen der Union, der auf eine mögliche Reform der geringfügigen Beschäftigung hindeutet. Arbeitgeberverbände reagierten allerdings skeptisch: Der BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter hält die Abschaffung von Minijobs für „nicht zielführend“ und bezweifelt positive Effekte auf Wachstum oder Beschäftigung. Diese kontroverse Debatte macht es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wichtig zu verstehen, welche rechtlichen Rahmenbedingungen für Minijobs gelten und welche Risiken damit verbunden sind.

Was ist ein Minijob? Gesetzliche Definition und Rahmen

Minijobs – offiziell geringfügige Beschäftigungen genannt – sind Arbeitsverhältnisse mit sehr geringem Einkommen oder kurzer Dauer. Seit 1. Januar 2025 liegt die Verdienstgrenze bei monatlich 556 €. Bis zu diesem Betrag bleibt ein Job sozialversicherungsfrei; alternativ kann eine Beschäftigung auch als Minijob gelten, wenn sie kurzfristig ist (maximal 3 Monate bzw. 70 Arbeitstage pro Jahr). Diese Regeln wurden ursprünglich eingeführt, um kleinere Gelegenheitsjobs – etwa im Haushalt oder neben Studium/Rente – unbürokratisch zu ermöglichen. Aus dem Hartz-II-Gesetz (Teil der Agenda 2010 Reformen) entstand 2003 der modernisierte Minijob-Begriff.

Heute gibt es in Deutschland rund 7,5 Millionen Minijobber. Besonders verbreitet sind Minijobs in Branchen wie Gastronomie, Handel, Reinigung oder im Handwerks- und Dienstleistungsbereich. Charakteristisch ist das Prinzip „brutto = netto“ aus Sicht der Beschäftigten: Auf den geringen Lohn fallen keine Lohnsteuern und nahezu keine Arbeitnehmerabgaben an. Allerdings zahlt der Arbeitgeber pauschale Abgaben (insgesamt rund 30% des Lohns) an Minijob-Zentrale und Finanzamt – darunter Beiträge zur Renten- und Krankenversicherung in minimaler Pauschale sowie eine Pauschalsteuer. Wichtig zu wissen: Minijobber können freiwillig eigene Beiträge in die Rentenversicherung einzahlen (Opt-in), um Ansprüche zu erwerben, verzichten aber in der Praxis meist darauf.

Die wichtigsten rechtlichen Eckpunkte eines Minijobs im Überblick:

  • Verdienstgrenze: Maximal 556 € pro Monat (Stand 2025) bei regelmäßiger Beschäftigung. Steigt der Mindestlohn, erhöht sich entsprechend die Minijob-Grenze (sie lag z.B. 2022 noch bei 450 €, 2023 bei 520 €).
  • Sozialversicherung: Keine automatische Versicherungspflicht in Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Der Arbeitgeber entrichtet aber Pauschalen an die Krankenkasse; der Minijobber selbst bleibt entweder familienversichert, freiwillig versichert oder anderweitig abgesichert. Keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung bedeuten auch kein Anspruch auf Arbeitslosengeld aus dem Minijob. In die Rentenkasse fließt vom Arbeitgeber zwar ein geringer Pauschalbeitrag (5% seit 2023), doch Arbeitnehmer können sich von ihrem Eigenanteil befreien lassen – was den Rentenanspruch drastisch mindert.
  • Lohnsteuer: Bei Minijobs fällt für den Arbeitnehmer in der Regel keine Lohnsteuer an. Der Arbeitgeber führt stattdessen eine Pauschalsteuer (oft 2%) ab.
  • Arbeitsrechtlicher Status: Minijobber sind normale Arbeitnehmer im Sinne des Arbeitsrechts. Ihnen stehen gesetzlicher Mindestlohn, Urlaubsanspruch und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Auch der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) gilt, sofern der Betrieb mehr als 10 Beschäftigte hat und das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht – ein Minijob ändert daran nichts. In Kleinstbetrieben oder bei kurzer Betriebszugehörigkeit besteht hingegen – wie bei allen Arbeitnehmern – kein gesetzlicher Kündigungsschutz.
  • Gleichbehandlung: Minijobber dürfen wegen ihrer Teilzeittätigkeit nicht schlechter behandelt werden als Vollzeitkräfte, soweit kein sachlicher Grund vorliegt (Teilzeit- und Befristungsgesetz). In der Praxis treten dennoch oft Unterschiede auf, etwa bei Sonderzahlungen oder Aufstiegschancen.

Risiken und Nachteile für Minijobber (Arbeitnehmer-Perspektive)

Für Arbeitnehmer birgt ein Minijob erhebliche Risiken in puncto sozialer Absicherung und Karriere. Zwar mag der Netto-Verdienst auf den ersten Blick attraktiv erscheinen, doch die Langzeitfolgen können problematisch sein. Sozialversicherungsfreiheit bedeutet konkret: Minijobber sind nicht automatisch krankenversichert über diesen Job und zahlen nichts in die Arbeitslosenversicherung ein. Wer keinen anderweitigen Krankenversicherungsschutz hat (z.B. Familienversicherung über den Ehepartner oder Student/Rentner-Status), muss sich freiwillig versichern – was hohe monatliche Kosten verursachen kann. Fällt der Minijob weg, gibt es mangels Beitragszeiten kein Arbeitslosengeld I. Viele geringfügig Beschäftigte sind daher im Falle von Jobverlust direkt auf Hartz IV bzw. Bürgergeld angewiesen.

Besonders dramatisch zeigt sich die Wirkung beim Thema Rente: Durch die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erwerben Minijobber keine oder nur minimale Rentenansprüche. Selbst wer jahrzehntelang im Minijob arbeitet, steht im Alter finanziell mit fast leeren Händen da. Die Rente fällt äußerst gering aus, sodass Altersarmut droht – ein Umstand, den sowohl die Linke, Grünen als auch SPD seit langem kritisieren. Tatsächlich bezeichnet Ver.di die Minijob-Regelung als Förderer von Altersarmut und „berufliche Sackgasse“, insbesondere für Frauen. Studien bestätigen, dass ein großer Teil der Minijobber – vor allem Frauen – gerne mehr Stunden arbeiten würde, wenn passende reguläre Teilzeit-Angebote verfügbar wären. Doch solange sie in der Minijob-Falle stecken, fehlen ihnen „echte Rechte und reale Aufstiegschancen“.

Ein weiterer Nachteil ist die oft fehlende Gleichbehandlung in der Praxis. Formal haben Minijobber Anspruch auf den gleichen Mindestlohn und anteilige Leistungen (Urlaub, Lohnfortzahlung) wie andere Angestellte. In der Realität werden sie jedoch mancherorts als billige Arbeitskräfte betrachtet. Berichte aus einer Bundestagsanhörung 2020 zeigten, dass Minijobber häufig keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten und die Stundenlöhne teils unter denen regulär Beschäftigter liegen – obwohl dies rechtlich unzulässig ist. Ihre Verhandlungsposition im Betrieb ist schwach; Weiterbildung oder Aufstiegsmöglichkeiten werden selten angeboten. Dadurch bleiben Minijobber fachlich oft stehen und haben geringe Chancen, aus dem Minijob in eine vollwertige Stelle aufzusteigen.

Zusammengefasst bedeutet dies für Arbeitnehmer: Ein Minijob kann schnell zur Falle werden. Kurzfristig mag er helfen, Familie und Beruf zu vereinbaren oder den Lebensunterhalt aufzubessern. Langfristig drohen jedoch Lücken im Lebenslauf, fehlende soziale Absicherung und finanzielle Abhängigkeiten – sei es vom Partner oder vom Staat. Besonders für Frauen, die überproportional oft in Minijobs arbeiten, führt dies zu geringerer wirtschaftlicher Selbstständigkeit. So können etwa 80 % der erwerbstätigen Frauen in Deutschland mit ihrem Einkommen (häufig Teilzeit oder Mini) langfristig nicht einmal die Existenz für sich und ein Kind sichern. Minijobs zu regulären Jobs umzuwandeln, sehen viele daher als notwendigen Schritt, um die wirtschaftliche Gleichstellung von Frauen voranzubringen.

Perspektive der Arbeitgeber: Nutzen und mögliche Folgen einer Abschaffung

Auch aus Arbeitgebersicht haben Minijobs Vor- und Nachteile. Arbeitgeber schätzen an Minijobs vor allem die Flexibilität und geringen Lohnnebenkosten. Geringfügig Beschäftigte können unkompliziert für Spitzenzeiten oder Urlaubsvertretungen eingesetzt werden. Der Verwaltungsaufwand ist überschaubar, da Pauschalabgaben an die Minijob-Zentrale geleistet werden und keine individuellen Lohnabrechnungen mit Steuerklasse etc. nötig sind. Gerade in Branchen mit ungleichmäßigem Arbeitsanfall – etwa Gastronomie, Einzelhandel, Veranstaltungsservice – stellen Minijobs eine pragmatische Lösung dar, um Personalengpässe zu überbrücken. Für viele kleine Betriebe sind Minijobber unverzichtbar, da sie sich Vollzeit- oder teure Teilzeitstellen wirtschaftlich nicht durchgehend leisten können.

Allerdings kritisieren die Befürworter der Reform, dass manche Arbeitgeber Minijobs als Dauerlösung missbrauchen. Statt reguläre Teilzeit- oder Vollzeitstellen anzubieten, werden Stellen in mehrere Minijobs aufgespalten, um Kosten zu sparen. Das schafft – so die Kritik – eine „Parallelwelt der Arbeit, die das Fundament unseres Sozialstaats aushöhlt“. Denn die Sozialversicherungen erhalten für Minijobber deutlich weniger Mittel, während im Bedarfsfall die Allgemeinheit einspringen muss (z.B. Krankenbehandlung über die Familienversicherung, Grundsicherung im Alter). Reguläre Arbeitsplätze werden dadurch verdrängt. Aus volkswirtschaftlicher Sicht führen Millionen Minijobs zu Mindereinnahmen in Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie potenziell zu höheren Ausgaben für Sozialhilfe.

Die Arbeitgeberverbände warnen hingegen, eine radikale Abschaffung könnte Arbeitsplätze vernichten. Der Hauptgeschäftsführer der BDA, Steffen Kampeter, gibt zu bedenken, dass es Branchen gibt, in denen viele Beschäftigte „niemals in Vollzeit arbeiten würden“ (z.B. nebenberufliche Aushilfen in Gastronomie). Wenn Minijobs wegfallen, bedeutet das nicht automatisch, dass all diese Menschen sofort eine reguläre Stelle antreten – manche Jobs könnten schlicht wegfallen oder in die Schwarzarbeit abwandern, so die Befürchtung. Kampeter hält es für nicht zielführend, den Fokus ausgerechnet auf Minijobs zu legen, und glaubt nicht an positive Effekte für Wachstum oder Beschäftigung. Auch der Handelsverband und andere Branchenvertreter reagierten teils „entsetzt“ auf die Abschaffungsforderung, da sie eine Verschärfung des ohnehin bestehenden Personalmangels befürchten (insbesondere im Einzelhandel und Dienstleistungsgewerbe) – eine Aussage aus einem aktuellen Pressebericht macht die Sorge deutlich: „Ohne Minijobber geht in vielen Läden und Restaurants gar nichts.“

Unstrittig ist, dass eine Reform der Minijobs Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hätte. Arbeitgeber müssten sich darauf einstellen, gegebenenfalls neue Arbeitszeitmodelle anzubieten – etwa mehr sozialversicherungspflichtige Teilzeitstellen mit höheren Wochenstunden. Das könnte zwar die Personalkosten steigern, aber auch den Vorteil haben, Mitarbeiter länger an den Betrieb zu binden und Fachkräfte zu gewinnen, die bislang rein geringfügig beschäftigt waren. Angesichts des Fachkräftemangels argumentieren Befürworter, es sei sinnvoller, geringfügig Beschäftigte zu qualifizieren und in reguläre Jobs zu integrieren, anstatt auf Dauer auf Mini-Lösungen zu setzen. Arbeitgeber stehen hier vor der Abwägung zwischen kurzfristiger Flexibilität und langfristiger Planungssicherheit mit einem stabileren, besser abgesicherten Personalstamm.

Arbeitsmarktpolitische Bewertung der Minijobs

Die aktuelle Debatte zeigt eine Neubewertung der Minijob-Regelung in der Politik. Minijobs wurden einst als unbürokratische Möglichkeit eingeführt, Erwerbstätigkeit zu fördern und Schwarzarbeit einzudämmen. Inzwischen sind sie von einer Randerscheinung zu einem Massenphänomen geworden – was eigentlich die Ausnahme sein sollte, ist in einigen Branchen zum Regelfall avanciert. Die ursprünglich positive Sicht auf Minijobs (Einstiegshilfe in den Arbeitsmarkt, Vereinbarkeit von Familie und Beruf) schlägt zunehmend in Kritik um, weil die negativen Begleiterscheinungen deutlich zutage treten: Prekäre Beschäftigung, fehlende Altersvorsorge, „zweiter Arbeitsmarkt“ neben dem regulären.

Politisch brisant ist, dass jetzt auch Teile der konservativen Union die Probleme anerkennen, die zuvor vor allem von linken Parteien und Gewerkschaften angeprangert wurden. Es scheint ein Konsens über Parteigrenzen hinweg zu entstehen, dass das System der Minijobs reformiert werden muss, um Fehlanreize zu beseitigen. Interessanterweise nennt Nacke explizit Studien des IAB (Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung), wonach besonders Frauen gerne mehr arbeiten würden, wenn es passende Angebote gäbe. Minijobs gelten daher zunehmend als Hemmschuh für eine bessere Frauenbeschäftigung und zur Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotentials. In Zeiten, in denen viele Branchen händeringend Personal suchen, passen starre Minijob-Modelle – die Arbeitnehmer auf 10 Stunden pro Woche begrenzen – nicht mehr zeitgemäß ins Bild.

Ob die Forderung nach Abschaffung der Minijobs eins zu eins umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Wahrscheinlicher sind Reformmaßnahmen, die Minijobs unattraktiver für Dauerbeschäftigung machen und den Übergang in reguläre Jobs erleichtern. Denkbar wären z.B. gesetzliche Vorgaben, nach denen ein Minijob nach einer gewissen Dauer in eine Teilzeitstelle umgewandelt werden muss, oder das Einschränken der Sozialversicherungsfreiheit auf eng definierte Personengruppen (Schüler, Studenten, Rentner). Auch eine Anhebung der Abgaben für Minijob-Arbeitgeber oder das Verbot mehrerer paralleler Minijobs pro Person (zur Umgehung der Grenze) könnten diskutiert werden. Aus arbeitsmarktpolitischer Sicht zielt all dies darauf ab, prekäre Beschäftigung einzudämmen und mehr Menschen in reguläre, beitragspflichtige Arbeit zu bringen. Dies würde die Sozialkassen stärken und langfristig Altersarmut reduzieren – allerdings nur, wenn dadurch nicht etliche Jobs ganz wegfallen. Die nächsten Monate werden zeigen, ob und wie die Ampel-Koalition (bzw. eine mögliche neue Koalition aus SPD und Union) dieses heikle Thema konkret angeht.

Hinweis für Arbeitnehmer (Minijobber)

Minijobbern ist dringend zu raten, die rechtlichen Rahmenbedingungen und langfristigen Folgen ihres Beschäftigungsmodells im Blick zu behalten. Wer aktuell in einem Minijob arbeitet, sollte prüfen, ob eine freiwillige Rentenversicherung sinnvoll ist, um später Anspruch auf Rente zu haben – die Option dazu besteht, auch wenn man sich aktiv dagegen entscheiden muss. Zudem gilt es, die gleichen Rechte einzufordern, die Vollzeitkollegen haben: Anspruch auf bezahlten Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall nach vierwöchiger Betriebszugehörigkeit, und gegebenenfalls Kündigungsschutz, falls die Voraussetzungen (Betriebsgröße, Beschäftigungsdauer) erfüllt sind. Nur weil es ein „450-Euro-Job“ (bzw. mittlerweile 556-Euro-Job) ist, bedeutet das nicht, dass Arbeitsrecht und Arbeitsschutz ausgehebelt wären. Minijobber sollten auch über Aufstockungsmöglichkeiten nachdenken: Wenn der Arbeitgeber eine Ausweitung der Stunden anbietet, kann dies vorteilhaft sein, um in den Midijob-Bereich (sozialversicherungsrechtlicher Übergangsbereich mit gleitenden Beiträgen) vorzustoßen. Spätestens die aktuelle politische Diskussion macht deutlich, dass Minijobs keine zukunftssichere Lebensgrundlage bieten. Arbeitnehmer, die langfristig planen, sollten Minijobs eher als Zwischenlösung betrachten. Falls sich Chancen auf eine reguläre Teilzeit- oder Vollzeitstelle ergeben, ist es meist ratsam, diese zu ergreifen – auch wenn zunächst etwas weniger Nettogehalt übrig bleibt, sind dafür Sozialversicherungsansprüche und höhere Verdienstperspektiven gegeben. Wer auf einen Minijob angewiesen ist (z.B. zur Vereinbarkeit mit Familie), sollte sich der Risiken bewusst sein und gegebenenfalls privat vorsorgen (etwa durch freiwillige Renteneinzahlung oder zusätzliche Versicherung), um spätere Lücken abzufedern.

Hinweis für Arbeitgeber

Arbeitgeber, die Minijobber beschäftigen, sollten die politischen Signale ernst nehmen. Es zeichnet sich ab, dass gesetzliche Änderungen im Minijob-Bereich kommen könnten. Als Unternehmen lohnt es sich, bereits jetzt über alternative Beschäftigungsmodelle nachzudenken. Können wichtige Minijob-Tätigkeiten vielleicht in Teilzeitstellen umgewandelt werden? Gibt es Beschäftigte, die mehr Stunden übernehmen würden, wenn man ihnen sozialversicherungspflichtige Verträge anbietet? Angesichts des steigenden Fachkräftemangels kann es ein Wettbewerbsvorteil sein, Mitarbeitern sichere Arbeitsbedingungen mit Versicherungsschutz und Entwicklungsperspektiven zu bieten, anstatt sie nur geringfügig zu beschäftigen. Arbeitgeber sollten außerdem die rechtlichen Pflichten gegenüber Minijobbern unbedingt einhalten – z.B. korrekte Entlohnung nach Mindestlohn, Urlaubsgewährung und Anmeldung zur Unfallversicherung. Die Zeiten, in denen Minijobs als unkomplizierte Sparlösung galten, könnten bald vorbei sein. Wer frühzeitig reagiert, kann Übergangsprobleme minimieren: Sollte der Gesetzgeber etwa eine Umwandlung vorschreiben oder die Abgaben erhöhen, ist man vorbereitet, wenn man seine Personalstruktur bereits flexibel angepasst hat. Dr. Usebach (Fachanwalt für Arbeitsrecht) empfiehlt Arbeitgebern, sich proaktiv beraten zu lassen, um Risiken bei Minijobs zu erkennen – etwa Haftungsfragen bei Scheinselbstständigkeit (wenn Minijobber faktisch wie reguläre Angestellte arbeiten) oder Nachzahlungen von Sozialabgaben bei Fehlern in der Gestaltung. Indem Arbeitgeber Minijobs verantwortungsvoll einsetzen – nur dort, wo wirklich geringfügige Tätigkeiten anfallen, und ohne Dauerbedarf darüber abzudecken – können sie schon jetzt zur sozialen Absicherung ihrer Mitarbeiter beitragen und sind für kommende Reformen besser gewappnet.

Hinweis: Die politische Entwicklung bleibt dynamisch. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollten aktuelle Beschlüsse aufmerksam verfolgen. Bei Fragen rund um Minijobs, Equal Pay oder Umwandlung in reguläre Beschäftigung steht Ihnen die Kanzlei Dr. Usebach gerne beratend zur Seite. Dieser Rechtstipp zeigt, dass Minijobs zwar eine Nische füllen, aber auch erhebliche arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Risiken bergen – eine Erkenntnis, die nun sogar parteiübergreifend im Bundestag geteilt wird. Bleibt abzuwarten, welche konkreten Änderungen Gesetzgeber und Regierung in nächster Zeit auf den Weg bringen, um die Minijob-Falle zu entschärfen. Bis dahin gilt: informiert bleiben und gegebenenfalls rechtzeitig handeln, um auf der sicheren Seite zu sein.