Montaplast Morsbach: Restrukturierung und Stellenabbau – Rechtstipps für Arbeitnehmer

03. August 2025 -

Der Automobilzulieferer Montaplast mit Hauptsitz in Morsbach hat Ende Juli 2025 ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm angekündigt. Am Standort Morsbach (Oberbergischer Kreis) sollen rund 650 Stellen bis 2028 abgebaut werden. Statt bisher drei Werke wird Montaplast künftig in nur noch zwei Werken produzieren. Im Werk 1 soll künftig nur noch die Ersatzteilfertigung stattfinden, die restliche Produktion wird auf die beiden anderen Werke verlagert. Als Grund nennt das Unternehmen eine stark gesunkene Auslastung der Werke seit 2018, die nie durch Kapazitätsanpassungen aufgefangen wurde. Montaplast liegt nach eigener Aussage deutlich unter branchenüblichen Auslastungswerten und muss nun nachholen, um wieder wettbewerbsfähig zu werden.

Die Belegschaft wurde am 30. Juli 2025 über die Eckpunkte der Planung informiert. Die Nachricht traf die Mitarbeiter zwar wie ein Schock, doch blieb die Stimmung verhältnismäßig ruhig – nicht zuletzt, weil der Standort Morsbach erhalten bleiben soll und der Personalabbau stufenweise bis 2028 erfolgen wird. Montaplast betont, den Stellenabbau „so sozialverträglich wie möglich“ gestalten zu wollen. Das bedeutet, dass zunächst ein großer Teil der abzubauenden Stellen über die Reduzierung von Leiharbeitnehmern erfolgen soll. Dennoch können betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen werden, sowohl in der Produktion als auch in der Verwaltung, da auch dort Personalüberhänge bestehen.

Aktuell befindet sich die Geschäftsführung in Verhandlungen mit dem Betriebsrat, um einen Interessenausgleich und Sozialplan auszuhandeln. Bis Ende September 2025 soll ein detailliertes Personalkonzept stehen. Im Interessenausgleich wird festgelegt, ob, wann und wie die geplanten Maßnahmen umgesetzt werden, während der Sozialplan die Folgen für die betroffenen Arbeitnehmer regelt (insbesondere Abfindungen und Unterstützungsleistungen). Der Betriebsrat hat bereits signalisiert, mit dem Management konstruktiv verhandeln zu wollen, damit der Personalabbau tatsächlich so sozialverträglich wie möglich erfolgt. Für die Beschäftigten bedeutet dies, dass voraussichtlich Abfindungen, ggf. Angebote zum Wechsel in Transfergesellschaften oder andere Ausgleichsmaßnahmen vereinbart werden, um die Nachteile des Stellenabbaus abzumildern.

Arbeitsrechtliche Schutzmechanismen bei Restrukturierungen

Die Ankündigung eines Stellenabbaus ist für Arbeitnehmer immer beunruhigend. Doch das deutsche Arbeitsrecht stellt mehrere Schutzmechanismen bereit, die in Restrukturierungsphasen greifen. Im Folgenden erläutern wir die wichtigsten arbeitsrechtlichen Instrumente – vom Kündigungsschutz bis zur Kündigungsschutzklage – und was sie für die betroffenen Montaplast-Mitarbeiter bedeuten.

Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

Sind in Ihrem Betrieb regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt und besteht Ihr Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate, gilt der allgemeine Kündigungsschutz (§ 1 KSchG). Eine Kündigung muss dann sozial gerechtfertigt sein, ansonsten ist sie unwirksam. Im Restrukturierungsfall bedeutet das: Die Kündigung darf nur aus dringenden betrieblichen Gründen erfolgen, etwa weil der Arbeitsplatz aufgrund der Umstrukturierung wegfällt und keine Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Platz im Unternehmen möglich ist. Montaplast beruft sich hier auf Überkapazitäten und wirtschaftlichen Druck – klassische Gründe für betriebsbedingte Kündigungen. Doch selbst bei echten betrieblichen Gründen muss der Arbeitgeber strenge Regeln beachten.

Ein zentrales Element ist die Sozialgerechtigkeit der Auswahl der zu Kündigenden. Das KSchG verlangt eine Sozialauswahl: Wenn mehrere vergleichbare Arbeitnehmer um einen verbleibenden Arbeitsplatz konkurrieren, muss der Arbeitgeber den sozial am wenigsten schutzbedürftigen Arbeitnehmer als ersten kündigen. Kriterien dafür sind gesetzlich vorgegeben, nämlich insbesondere Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung. Arbeitnehmer mit langer Betriebszugehörigkeit, höherem Alter, Unterhaltspflichten (z. B. Kinder) oder einer Schwerbehinderung gelten als besonders schutzwürdig und dürfen nicht ohne Weiteres vor weniger schutzwürdigen Kollegen entlassen werden. Praktisch wird oft ein Punktesystem verwendet, um diese Faktoren zu gewichten. Wichtig: Sondergeschützte Personen – etwa Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder oder Schwangere – sind von ordentlichen Kündigungen generell ausgenommen und werden bei einer Sozialauswahl gar nicht erst einbezogen. Sie genießen Sonderkündigungsschutz und können nur mit Zustimmung der jeweiligen Behörde gekündigt werden. Auch Arbeitnehmer, die noch keine sechs Monate beschäftigt sind oder in einem Kleinbetrieb arbeiten, haben keinen allgemeinen Kündigungsschutz; sie können nicht auf Fehler bei der Sozialauswahl pochen. Für die meisten Montaplast-Beschäftigten (größerer Betrieb, oft lange Betriebszugehörigkeit) greift aber der KSchG-Schutz vollumfänglich.

Wird gegen die Regeln der Sozialauswahl verstoßen oder liegt kein ausreichender betrieblicher Grund vor, ist die Kündigung anfechtbar. Fehler bei der Sozialauswahl – etwa wenn ein deutlich schutzwürdigerer Mitarbeiter gekündigt würde, während ein weniger schutzwürdiger bleiben darf – sind eine häufige Angriffsfläche vor dem Arbeitsgericht. Auch muss der Arbeitgeber prüfen, ob er den Mitarbeiter ggf. auf einer anderen Stelle im Unternehmen weiterbeschäftigen kann (Weiterbeschäftigungsobliegenheit), bevor er kündigt. Insgesamt ist die Hürde für eine rechtmäßige Kündigung hoch – Kündigungen, die nicht den KSchG-Anforderungen genügen, sind unwirksam und können per Klage aufgehoben werden.

Beteiligung des Betriebsrats bei Kündigungen

In Unternehmen mit Betriebsrat – wie bei Montaplast – hat dieser bei Personalanpassungen wichtige Mitwirkungsrechte. Vor jeder einzelnen Kündigung muss der Betriebsrat angehört werden (§ 102 BetrVG). Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Kündigungsgründe mitteilen und ihn zur geplanten Entlassung anhören. Ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigungen sind unwirksam. Dieses Anhörungsrecht stellt sicher, dass die Arbeitnehmervertretung vor einer Kündigung die Möglichkeit hat, Bedenken vorzubringen oder auf mildernde Umstände hinzuweisen. Für Arbeitnehmer bedeutet das: Eine Kündigung ist bereits aus formellen Gründen unwirksam, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß vorab eingebunden hat.

Darüber hinaus hat der Betriebsrat bei einem massenhaften Stellenabbau (einer sogenannten Betriebsänderung) weitergehende Rechte: Der Arbeitgeber muss mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich (Planung der Maßnahme) und einen Sozialplan (Ausgleich der Folgen) verhandeln. Diese Verhandlungen laufen bei Montaplast gerade. Der Betriebsrat kann die Restrukturierung an sich zwar nicht verhindern – letztlich entscheidet das Unternehmen über das „Ob“ der Maßnahme. Aber der Betriebsrat kann über den Interessenausgleich zumindest Einfluss auf das „Wie und Wann“ der Umsetzung nehmen (z. B. Timeline, Auswahlkriterien, soziale Begleitmaßnahmen). Kommt es dabei zu einer Einigung, muss der Arbeitgeber sich an die Vereinbarungen halten – er darf z. B. den Abbau nicht schneller oder anders durchführen als im Interessenausgleich festgelegt. Hält sich der Arbeitgeber nicht daran oder verweigert die Verhandlung, kann der Betriebsrat notfalls die Einigungsstelle anrufen. Selbst wenn kein Interessenausgleich zustande kommt, entstehen für betroffene Mitarbeiter Ansprüche auf Nachteilsausgleich (§ 113 BetrVG), also eine Entschädigung, wenn der Arbeitgeber vorzeitig Fakten schafft.

Der Sozialplan seinerseits ist eine verbindliche Vereinbarung, die finanzielle Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für die Arbeitnehmer festschreibt. Typischerweise enthält ein Sozialplan Regelungen über Abfindungen, Überbrückungs- oder Fortbildungsmaßnahmen, die Gründung einer Transfergesellschaft, Zuschüsse zu Umzugskosten oder Fahrkosten sowie ggf. Härtefallregelungen. Wichtig ist, dass ein Sozialplan alle Arbeitnehmer gleichbehandeln muss – niemand darf ohne sachlichen Grund benachteiligt werden. Haben Arbeitgeber und Betriebsrat einen Sozialplan vereinbart, muss der Arbeitgeber die darin geregelten Leistungen erbringen, und Arbeitnehmer können ihre Ansprüche direkt gerichtlich durchsetzen. Im Montaplast-Fall bedeutet das: Sollte (wie angekündigt) ein Sozialplan vereinbart werden, können betroffene Mitarbeiter mit einer Abfindung nach fester Formel rechnen, die sich meist nach Betriebszugehörigkeit, Alter und Unterhaltspflichten bemisst. Oft wird z. B. ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr als Richtgröße vereinbart – die genaue Höhe hängt aber von den Verhandlungen ab. Zusätzlich sind in Sozialplänen häufig besondere Boni vorgesehen, z. B. Turboklauseln (Zusatzabfindung, wenn man vor Ablauf der Kündigungsfrist freiwillig früher ausscheidet) oder Leistungen für spezielle Gruppen (etwa Rentennahe oder Schwerbehinderte).

Zu beachten ist: Kommt im Interessenausgleich eine Namensliste der zu kündigenden Personen zustande, wirkt sich das auf den Kündigungsschutz aus. Betroffene, deren Namen in einer zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbarten Liste stehen, haben zwar weiterhin Kündigungsschutz, aber die Gerichte unterstellen vereinfacht, dass für ihre Kündigung ein betriebliches Erfordernis vorliegt (§ 1 Abs. 5 KSchG). Die Kündigung lässt sich dann nur noch wegen Fehlern bei der Sozialauswahl oder aus formellen/persönlichen Gründen angreifen. Aber: Auch wenn man auf einer solchen Liste steht, kann es sich lohnen, die Kündigung gerichtlich überprüfen zu lassen – insbesondere wenn Zweifel an der Auswahl der Person oder an der tatsächlichen Umsetzung der Maßnahme bestehen.

Kündigungsschutzklage – Prüfung der Kündigung durch das Arbeitsgericht

Wenn Sie als Arbeitnehmer eine Kündigung erhalten, haben Sie das Recht, diese vor dem Arbeitsgericht überprüfen zu lassen. Die Kündigungsschutzklage ist das zentrale Instrument, um eine unrechtmäßige oder sozial ungerechtfertigte Kündigung anzufechten. Im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses muss der Arbeitgeber beweisen, dass die Kündigung alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt (dringender Grund, korrekte Sozialauswahl, Anhörung des Betriebsrats etc.). Gelingt ihm das nicht, stellt das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht – Sie hätten also eigentlich weiterbeschäftigt werden müssen.

In der Praxis enden Kündigungsschutzklagen allerdings häufig mit einem Vergleich: Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen sich darauf, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden. Für viele Arbeitnehmer ist das ein realistisches Ziel der Klage – weiterarbeiten möchte man nach so einer Auseinandersetzung oft gar nicht mehr im Betrieb. Risikoarm ist eine Kündigungsschutzklage obendrein: Verlieren Sie, erhalten Sie zumindest die im Sozialplan vereinbarte Abfindung trotzdem; gewinnen Sie, behalten Sie Ihren Job – meist führt das aber zur Verhandlungsbasis für eine noch bessere Abfindung. Aufgrund dieser Situation birgt eine Kündigungsschutzklage wenig Risiken und lohnt sich in der Regel. Insbesondere mit Sozialplan gibt es praktisch keinen Nachteil: Die normale Abfindung aus dem Sozialplan steht Ihnen selbst dann zu, wenn Sie klagen und verlieren. Viele Arbeitgeber sind im Gegenteil bereit, zusätzliche Abfindungen zu zahlen, um einen lästigen Kündigungsschutzprozess abzukürzen. Mit anderen Worten: Die Klage erhöht oft den Druck auf den Arbeitgeber und verbessert Ihre Verhandlungsposition.

Wichtig: Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden. Diese Frist ist absolut entscheidend. Lassen Sie die drei-Wochen-Frist verstreichen, wird selbst eine objektiv unwirksame oder ungerechtfertigte Kündigung bestandskräftig – das Arbeitsverhältnis gilt dann als beendet, als wäre die Kündigung rechtmäßig erfolgt. Nach Fristablauf kann man nur in seltenen Ausnahmefällen (z. B. bei schwerer Krankheit und Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage) noch etwas tun. Daher sollten Sie bei Erhalt einer Kündigung sofort reagieren und ggf. rechtliche Schritte einleiten (mehr dazu unten unter „Fristen beachten“).

Taktische Verhaltenstipps für betroffene Arbeitnehmer

Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen spielen auch taktisches Geschick und richtiges Verhalten eine große Rolle, wenn Sie von Stellenabbau und Kündigungen betroffen sind. Hier einige praktische Tipps, wie Sie sich im Ernstfall verhalten sollten – vom Gespräch mit dem Arbeitgeber bis zur Entscheidung über einen Aufhebungsvertrag oder eine Abfindung.

Richtiges Verhalten im Personalgespräch

Steht ein Personalgespräch mit Ihrem Vorgesetzten oder der Personalabteilung an – etwa um Ihnen die Umstrukturierungspläne mitzuteilen oder Ihnen einen Aufhebungsvertrag anzubieten – sollten Sie gut vorbereitet sein. Zunächst gilt: Bewahren Sie Ruhe und zeigen Sie Professionalität. Hören Sie zu, aber machen Sie keine vorschnellen Zusagen. Sie haben das Recht, nicht alleine in ein solches Gespräch zu gehen: Sie können ein Betriebsratsmitglied Ihres Vertrauens hinzuziehen. Scheut der Arbeitgeber einen „Zeugen“ oder ist ad hoc niemand verfügbar, dürfen Sie um Vertagung des Gesprächs bitten. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen – ein seriöser Arbeitgeber wird Ihnen Zeit einräumen. Sollte das Gespräch in eine unerwartete Richtung gehen (z. B. plötzlich ein Kündigungsangebot), zögern Sie nicht, eine Unterbrechung zu verlangen. Führen Sie das Gespräch erst fort, wenn Sie einen Beistand (Betriebsrat oder Rechtsbeistand) hinzugezogen haben.

Unterschreiben Sie nichts vorschnell! Dies ist einer der wichtigsten Grundsätze. Oft werden Mitarbeitern im Gespräch bereits Dokumente vorgelegt – etwa ein vorbereiteter Aufhebungsvertrag oder sogar direkt eine Kündigung. Nichts ist so eilig, dass Sie es nicht in Ruhe prüfen könnten. Unterschreiben Sie insbesondere keinen Aufhebungsvertrag auf der Stelle. Einmal unterschrieben, lässt sich ein Aufhebungsvertrag später kaum noch anfechten oder rückgängig machen. Machen Sie sich Notizen zum Gesprächsverlauf, falls möglich. Geben Sie keine detaillierten Stellungnahmen zu etwaigen Vorwürfen ab; es reicht, wenn Sie sagen, Sie werden die Informationen sichten und später dazu Stellung nehmen. Und ganz wichtig: Lassen Sie sich nicht provozieren oder einschüchtern. Manche Arbeitgeber erhöhen den Druck (z. B. „Das Angebot gilt nur heute“ oder „Wenn Sie nicht unterschreiben, wird es schlimm für Sie“). Bleiben Sie besonnen. Sie haben das Recht, Bedenkzeit zu verlangen – mindestens über Nacht, oft sogar einige Tage. Nutzen Sie diese Zeit, um sich beraten zu lassen (Betriebsrat oder Anwalt) und eine informierte Entscheidung zu treffen.

Aufhebungsvertrag: Unterschreiben oder besser warten?

Ein Aufhebungsvertrag (einvernehmliche Auflösung des Arbeitsvertrags) wird oft als „schnelle Lösung“ präsentiert – gerade in größeren Firmen bietet man Mitarbeitern freiwillige Aufhebungsvereinbarungen mit Abfindung an, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Doch Vorsicht: Ein Aufhebungsvertrag hat Vor- und Nachteile, die gut abgewogen sein wollen.

Wichtig zu wissen: Die Unterschrift unter einem Aufhebungsvertrag ist freiwillig – kein Arbeitgeber kann Sie zwingen, eine solche Vereinbarung zu unterschreiben. Lassen Sie sich nicht von Formulierungen wie „Sie müssen das jetzt unterschreiben, sonst…“ verunsichern. Falls man Ihnen gleichzeitig mit dem Aufhebungsvertrag auch eine Kündigung in Aussicht stellt („Unterschreiben Sie, sonst kündigen wir“), sollten Sie trotzdem nichts überstürzen. Oft ist die angedrohte Kündigung für Sie nämlich nicht schlechter als der angebotene Vertrag – und Sie haben bei einer Kündigung mehr Rechte (Kündigungsschutzklage, Sozialplan-Abfindung etc.), während Sie mit einem Aufhebungsvertrag auf viele Rechte verzichten.

Ein großer Nachteil eines Aufhebungsvertrags besteht darin, dass Sie auf den Kündigungsschutz verzichten. Sie können, anders als bei einer Arbeitgeberkündigung, keine Kündigungsschutzklage erheben, wenn Sie einmal unterschrieben haben. Das Arbeitsverhältnis endet zu dem vereinbarten Termin, egal ob die Sozialauswahl korrekt war oder nicht – Sie haben Ihre Ansprüche aufgegeben. Zudem drohen arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Nachteile: Die Bundesagentur für Arbeit betrachtet eine Aufhebungsvereinbarung in der Regel als freiwillige Aufgabe des Arbeitsplatzes, was fast immer eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von 12 Wochen zur Folge hat. In dieser Zeit erhalten Sie kein Arbeitslosengeld, und die Bezugsdauer verkürzt sich entsprechend. Auch kann – falls der Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis früher enden lässt als die reguläre Kündigungsfrist – eine Ruhezeit eintreten, in der Ihr Arbeitslosengeldanspruch ruht und Abfindungen angerechnet werden. Außerdem enthalten Aufhebungsverträge fast immer Ausgleichsklauseln, mit denen Sie bestätigen, dass alle Ansprüche erledigt sind. Damit verlieren Sie z. B. mögliche Ansprüche auf Überstundenvergütung, Prämien oder Resturlaub, sofern solche noch bestünden. Kurz: Ein Aufhebungsvertrag ist endgültig – und oft nachteilig.

Natürlich gibt es auch Situationen, in denen ein Aufhebungsvertrag sinnvoll sein kann. Etwa, wenn das Angebot außergewöhnlich gut ist (eine sehr hohe Abfindung, weit über dem Üblichen) oder wenn Sie ohnehin eine neue Stelle in Aussicht haben und schnell wechseln möchten. In manchen Sozialplänen werden Aufhebungsverträge mit freiwilligem Ausscheiden mit Bonuszahlungen (z. B. Sprinterprämien) belohnt – wer freiwillig früher geht, bekommt extra Geld. Wenn Sie persönlich keine Perspektive mehr im Unternehmen sehen oder das Betriebsklima durch die Restrukturierung stark leidet, kann ein freiwilliger Aufhebungsvertrag der Weg des geringsten Widerstands sein. Aber: Unterschreiben sollten Sie einen solchen Vertrag wirklich nur nach sorgfältiger Prüfung und Beratung. Lassen Sie sich den Entwurf geben, schlafen Sie mindestens eine Nacht darüber und holen Sie unbedingt juristischen Rat ein, ob das Angebot für Sie wirklich vorteilhaft ist. Ein Fachanwalt kann auch oft noch nachverhandeln – z. B. hinsichtlich der Abfindungshöhe, des Beendigungszeitpunkts (wichtig wegen der Sperrzeit!) oder eines wohlwollenden Arbeitszeugnisses.

Generell gilt: Unterschreiben Sie einen Aufhebungsvertrag nicht, nur um eine drohende Kündigung „abzuwenden“, ohne die Alternativen zu kennen. Oft ist die Kündigung anfechtbar oder ein Sozialplan gibt Ihnen ohnehin Ansprüche – dann fährt man mit der Kündigungsschutzklage und anschließendem Vergleich meist besser. Wenn der Arbeitgeber Sie wirklich loswerden muss, wird er Ihnen auch nach einer Kündigung noch eine Abfindung zahlen (siehe unten). Die vermeintlich schnelle Lösung per Aufhebungsvertrag ist selten die beste. Im Zweifel lieber kündigen lassen und die rechtlichen Schutzmechanismen nutzen, als voreilig alle Trümpfe aus der Hand zu geben.

Abfindung: Wann lohnt es sich, ein Angebot anzunehmen?

Das Thema Abfindung steht bei einem Stellenabbau natürlich im Zentrum des Interesses der Arbeitnehmer. Viele Mitarbeiter fragen sich: Bekomme ich eine Abfindung? Wenn ja, in welcher Höhe? Und soll ich ein Abfindungsangebot annehmen oder lieber auf einen Prozess setzen?

Zunächst ist wichtig zu verstehen, dass es im deutschen Arbeitsrecht keinen automatischen Abfindungsanspruch gibt, wenn der Arbeitgeber kündigt. Ein Anspruch auf Abfindung entsteht vor allem durch Sozialpläne (wie voraussichtlich bei Montaplast) oder durch gerichtliche Vergleiche. Auch § 1a KSchG kennt eine Abfindung, aber nur wenn der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben ausdrücklich eine Abfindung für den Verzicht auf Klage anbietet – das ist in der Praxis eher selten. Meist läuft es so: Entweder der Sozialplan sieht eine Abfindungsformel vor (dann erhalten alle gekündigten Mitarbeiter nach dieser Formel eine Abfindung), oder der Arbeitnehmer klagt und es kommt im Prozess zu einem Vergleich, in dem eine Abfindung ausgehandelt wird.

Im Montaplast-Fall ist davon auszugehen, dass ein Sozialplan eine Abfindung für alle Gekündigten festlegt – z. B. nach dem Schema x Monatsgehälter pro Jahr der Betriebszugehörigkeit. Dieses Geld steht einem gekündigten Arbeitnehmer dann zu, egal ob er klagt oder nicht. Aber: Das muss nicht das Ende der Fahnenstange sein. In vielen Fällen kann man durch Verhandlungen mehr herausholen, als der Sozialplan vorsieht. Tatsächlich sind Arbeitgeber oft bereit, über den Sozialplan hinaus eine höhere Abfindung zu zahlen, um einen individuellen Rechtsstreit beizulegen. Der Sozialplan definiert gewissermaßen die Mindestabfindung, auf die alle Anspruch haben. Wenn Sie aber z. B. besondere Härten geltend machen können oder der Arbeitgeber Verfahrensrisiken sieht, lässt sich häufig ein Aufschlag erzielen.

Die Frage „Wann lohnt sich eine Abfindung?“ lässt sich daher so beantworten: Eine Abfindung lohnt sich, wenn sie angemessen hoch ist im Verhältnis zu Ihren persönlichen Umständen und der Rechtslage. Ein faires Abfindungsangebot kann man in Erwägung ziehen, wenn Sie sowieso nicht im Unternehmen verbleiben möchten und die Summe Ihren voraussichtlichen finanziellen Nachteil (Arbeitslosigkeit für gewisse Zeit) abdeckt. Typischerweise sagt man, dass pro Beschäftigungsjahr 0,5 Monatsgehälter Abfindung ein guter Richtwert sind – das ist aber keine feste Regel, sondern Verhandlungssache. Liegt das Angebot deutlich darunter, sollten Sie skeptisch sein und eher Klage erheben, denn vor Gericht lässt sich oft zumindest dieser Richtwert erreichen oder übertreffen. Wie oben erwähnt, birgt die Klage wenig Risiko: Die im Sozialplan geregelte Abfindung bekommen Sie trotzdem, selbst wenn Sie verlieren. Zusätzliche Abfindung gibt es meist nur, wenn Sie verhandeln. Daher lautet die taktische Empfehlung: Ein Abfindungsangebot nicht vorschnell akzeptieren, sondern immer prüfen (lassen), ob mehr drin ist.

Lohnen kann es sich, ein Abfindungsangebot ohne Klage anzunehmen, wenn z. B. die Firma in ernsthaften Schwierigkeiten ist (Insolvenzgefahr) und eine schnelle Lösung bevorzugt wird – da kann ein sicherer Betrag sofort besser sein als ein ungewisses Verfahren. Oder wenn Sie zügig wechseln wollen und die Abfindung zusammen mit einer neuen Stelle unterm Strich vorteilhaft ist. Einzelfallabwägung ist hier das Stichwort. Faustregel: Je unsicherer der Kündigungsgrund aus Arbeitgebersicht und je größer Ihr Kündigungsschutz (lange Betriebszugehörigkeit, besondere Schutzumstände etc.), desto höher kann eine faire Abfindung ausfallen, und desto eher lohnt es sich für Sie, auf eine Verbesserung zu pochen (notfalls per Klage). Umgekehrt, wenn der Arbeitgeber sehr kulant ein deutlich überdurchschnittliches Paket anbietet (z. B. inkl. Freistellung bis zum Ende der Beschäftigungsdauer, Übernahme von Weiterbildungskosten, gute Arbeitszeugnis-Regelungen etc.), dann können Sie erwägen, das Angebot in Anspruch zu nehmen – aber auch hier möglichst nach juristischer Beratung.

Fristen beachten: Drei-Wochen-Frist für Kündigungsschutzklagen

Wie bereits erwähnt, sind Fristen im Arbeitsrecht äußerst wichtig. Die wohl wichtigste Frist für betroffene Arbeitnehmer ist die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 KSchG. Ab Zugang des schriftlichen Kündigungsschreibens haben Sie drei Wochen Zeit, Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einzureichen. Lassen Sie diese Frist verstreichen, gilt die Kündigung – ungeachtet aller inhaltlichen Mängel – als von Anfang an rechtswirksam (§ 7 KSchG). Es spielt keine Rolle, ob die Kündigung objektiv unwirksam wäre (etwa weil der Betriebsrat nicht angehört wurde oder soziale Auswahl fehlerhaft war) – ohne rechtzeitige Klage gibt es kein Zurück mehr. Viele Arbeitnehmer wissen nicht, dass nach Ablauf der 3 Wochen jedes Recht auf Anfechtung erlischt. Daher unser dringender Rat: Sofort nach Erhalt einer Kündigung rechtlichen Rat einholen und die Klage vorbereiten.

Neben dieser zentralen Frist gibt es noch weitere, die im Falle eines Abfindungsangebots oder Aufhebungsvertrags eine Rolle spielen können. So setzt die Agentur für Arbeit bei einem Aufhebungsvertrag oft Fristen für eine Eigenkündigung, um eine Sperrzeit zu vermeiden – doch das ist kompliziert und individuell. Wichtiger hier: Fristsetzungen durch den Arbeitgeber in Abfindungsangeboten (z. B. „Angebot gilt bis zum 15.xx.“) sind taktischer Natur. Lassen Sie sich von solchen Deadlines nicht kopflos machen. Prüfen Sie in Ruhe – sollte die Zeit knapp werden, kann man immer noch mit dem Arbeitgeber sprechen und Verlängerung erbitten. Unterschreiben Sie nichts nur aus Zeitdruck.

Auch wenn Sie einen Bescheid vom Arbeitsamt bekommen (z. B. Sperrzeit-Verhängung), laufen dort Fristen für Widerspruch. Insgesamt gilt: Behalten Sie alle relevanten Fristen im Blick – im Zweifel lieber einmal mehr beim Anwalt nachfragen, welche Schritte bis wann zu unternehmen sind. Die drei Wochen für die Kündigungsschutzklage sind jedoch die oberste Priorität – versäumen Sie diese nicht, wenn Sie sich gegen die Kündigung wehren möchten!

Frühzeitige anwaltliche Beratung – warum sie so wichtig ist

Angesichts der komplexen Situation – besonders in einem großen Restrukturierungsfall wie bei Montaplast – ist eine frühzeitige anwaltliche Beratung Gold wert. Zwar stehen Betriebsrat und (falls vorhanden) Gewerkschaft den Arbeitnehmern beratend zur Seite, doch vertreten diese vor allem die Interessen der Belegschaft als Ganzes. Ihre persönlichen Ansprüche und die beste individuelle Strategie können Sie am besten mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht besprechen.

Ein Anwalt kann zunächst Ihre Rechtsposition einschätzen: Ist die Kündigung sozial gerechtfertigt? Wurden alle Formalien eingehalten (z. B. Betriebsratsanhörung, korrekte Form)? Gibt es vielleicht Ansatzpunkte, die Kündigung zu kippen (Fehler in der Sozialauswahl, falsche Berechnungen etc.)? Oft finden erfahrene Anwälte Fehler des Arbeitgebers, die dem Laien gar nicht auffallen, die aber Ihre Verhandlungsposition enorm stärken. Gerade große Personalmaßnahmen werden unter hohem Zeitdruck geplant – da passieren Fehler. Die Chancen auf eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage oder eine höhere Abfindung stehen in solchen Fällen mit guter anwaltlicher Vertretung sehr gut.

Ein weiterer Punkt: Nur ein Anwalt kann Sie im Zweifel vor Gericht vertreten und Ansprüche durchsetzen. Sollte es zur Kündigungsschutzklage kommen, führt an fachkundiger Unterstützung kaum ein Weg vorbei – und je früher der Anwalt eingebunden ist, desto besser kann er die Strategie planen. Auch bei Aufhebungsverträgen oder Abfindungsverhandlungen gilt: Wenn ein Anwalt früh eingeschaltet wird, kann er oft außergerichtlich eine optimale Lösung aushandeln – sei es eine höhere Abfindung, längere Beschäftigung bei Freistellung, ein besseres Arbeitszeugnis oder ähnliches. Ohne Anwalt laufen Sie Gefahr, dass Sie wichtige Punkte übersehen oder der Arbeitgeber Ihnen Konditionen diktiert.

Zudem sorgt ein Anwalt dafür, dass alle Fristen gewahrt werden. Sie müssen sich dann nicht selbst mit der Berechnung von Klagefristen oder dem Abfassen der Klageschrift auseinandersetzen, sondern können das beruhigt in professionelle Hände geben. Das verhindert, dass einem aufgrund formaler Versäumnisse die Rechte verlorengehen.

Nicht zuletzt hat eine frühzeitige Beratung auch eine psychologische Komponente: Sie gibt Ihnen Sicherheit in einer unsicheren Lage. Wenn die Kündigung ins Haus flattert oder Personalgespräche drohen, fühlt man sich schnell überrumpelt. Ein Anwalt kann Ihnen hier klar und verständlich Ihre Optionen aufzeigen, sodass Sie wieder handlungsfähig werden. Dieses Wissen um die eigenen Rechte – z. B. dass man eine Kündigung nicht einfach hinnehmen muss, oder dass ein Sozialplan Ihnen Mindestansprüche garantiert – nimmt viel Druck und lässt Sie selbstbewusster auftreten.

Warten Sie nicht, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist. Sobald absehbar ist, dass Ihr Arbeitsplatz in Gefahr sein könnte (wie jetzt bei Montaplast durch die angekündigten Stellenstreichungen), suchen Sie frühzeitig juristischen Rat. Jede Situation ist individuell – ein auf Arbeitsrecht spezialisierter Anwalt (z. B. Fachanwalt Dr. Usebach) kann Ihre persönliche Lage prüfen und mit Ihnen einen optimalen Fahrplan entwickeln: vom richtigen Verhalten im Personalgespräch, über die Entscheidung Aufhebungsvertrag vs. Kündigung, bis hin zur Klage oder Verhandlung einer Abfindung. So stellen Sie sicher, dass Sie kein Geld verschenken, keine Frist versäumen und Ihr gutes Recht voll ausschöpfen. Im Zweifel gilt: Lieber einmal mehr beraten lassen – vor allem, wenn es um Ihre berufliche Zukunft und finanzielle Absicherung geht.