Muslimischer Gebetsruf über Lautsprecher erlaubt

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster hat am 23.09.2020 zum Aktenzeichen 8 A 1161/18 entschieden, dass die Türkisch Islamische Gemeinde (Ditib) in der Stadt Oer-Erkenschwick freitags durch den Muezzin mittels eines Lautsprechers zum Gebet rufen zu darf.

Aus der Pressemitteilung des OVG NRW vom 23.09.2020 ergibt sich:

Die Kläger, ein Ehepaar, wohnen in einer Entfernung von knapp 900 m zur Moschee. Sie wandten sich gegen die der muslimischen Gemeinde durch die Stadt Oer-Erkenschwick am 25.01.2017 erteilte Ausnahmegenehmigung nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz, freitags zwischen 12:00 Uhr und 14:00 Uhr für maximal 15 min den islamischen Gebetsruf über einen Lautsprecher mit reglementierter Lautstärke durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht hatte die Genehmigung aufgehoben, weil die Stadt ihr Ermessen unzureichend ausgeübt habe.

Das OVG Münster hat der Berufung der Stadt Oer-Erkenschwick stattgegeben.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts sind die Kläger durch die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung nicht in eigenen Rechten verletzt. Der Muezzinruf stelle im vorliegenden Einzelfall keine rechtlich erhebliche Belästigung nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz dar. Die für allgemeine und sogar reine Wohngebiete nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) maßgeblichen Lärmrichtwerte würden am Wohnhaus der Kläger sicher eingehalten; der Gebetsruf des Muezzins sei bei genehmigungskonformem Betrieb des Lautsprechers an ihrem Haus noch wahrnehmbar. Dies stelle bei objektiver Würdigung auch nicht deswegen eine unzumutbare Belästigung für die Kläger dar, weil es sich um einen Gesang in arabischer Sprache mit spezieller Melodie und religiösem Inhalt handele. Dieser sei den Klägern bei einer Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände unter Berücksichtigung der Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides – Begrenzung von Lautstärke und Zeitdauer des Lautsprecherbetriebs – zuzumuten. Die von den Klägern angeführte negative Religionsfreiheit vermittle kein Recht darauf, von anderen Glaubensbekundungen verschont zu bleiben, sondern bewahre den Einzelnen davor, gegen seinen Willen an religiösen Übungen teilnehmen zu müssen. Damit sei das bloße Hören einer religiösen Aussage einmal pro Woche in so geringer Lautstärke wie am Haus der Kläger nicht vergleichbar.

Mangels erheblicher Belästigung der Kläger komme es nicht darauf an, ob die Ermessensentscheidung der beklagten Stadt den Anforderungen gerecht geworden sei, die an eine solche Entscheidung zu stellen seien.

Das OVG Münster hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen ist eine Nichtzulassungsbeschwerde möglich, über die das BVerwG entscheidet.