Nicht jede Treppe benötigt ein Geländer oder einen Handlauf

Das Oberlandesgerichts Koblenz hat mit Urteil vom 5.7.2018 zum Aktenzeichen 1 U 1069/17 entschieden, dass wenn eine Treppe Bestandteil eines öffentlichen Weges, ein Geländer oder ein Handlauf nur angebracht werden muss, wenn Gefahren ausgeräumt werden müssen, die für einen sorgsamen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einstellen kann.

Ob die zu einem öffentlichen Weg gehörende Treppe verkehrssicher ist, beurteilt sich nicht nach den Vorschriften der Landesbauordnung (LBauO), sondern allein nach dem Maßstab, der allgemein bei der Beurteilung der Verkehrssicherheit öffentlicher Wege und Straßen zugrunde zu legen ist. Danach müssen nur diejenigen Gefahren ausgeräumt werden, die für einen sorgsamen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder jedenfalls nicht rechtzeitig genug einstellen kann. Das hat der 1. Zivilsenat des der damit die vorinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Trier aufgehoben hat.

Im konkreten Fall war die bei der Klägerin versicherte Geschädigte auf dem Weg zum Dorfgemeinschaftshaus gestürzt, als sie eine Treppe hinuntergehen wollte. Die Treppe ist Bestandteil eines öffentlichen Fußweges und war zum Zeitpunkt des Sturzes weder mit einem Treppengeländer noch mit einem Handlauf gesichert. Bei dem Sturz erlitt die Versicherungsnehmerin der Klägerin eine Fraktur des linken Handgelenks sowie mehrere Prellungen an der Körperseite. Die Klägerin hat unter anderem die Auffassung vertreten, der Sturz habe vermieden werden können, wenn die Treppe mit einem Handlauf versehen gewesen wäre. Sie hat von der Beklagten, die als Trägerin der Straßenbaulast für den Zustand des Weges verantwortlich ist, die Erstattung der Behandlungskosten in Höhe von 5.444,93 verlangt.

Das Landgericht hatte sich der Einschätzung der Klägerin, dass ein Handlauf zwingend anzubringen gewesen wäre, angeschlossen und der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Hierbei stützte sich das Gericht unter anderem auf die Landesbauordnung (§ 33 Abs. 7 S.1 LBauO).

Auf die Berufung der Beklagten hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz diese Entscheidung aufgehoben. Die Regelungen der Landesbauordnung seien im konkreten Fall nicht einschlägig, da die Treppe Teil eines öffentlichen Weges und damit vom Anwendungsbereich der Landesbauordnung ausgenommen sei. Dies folge aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 LBauO, wonach die Vorschriften der Landesbauordnung nicht für Anlagen des öffentlichen Verkehrs gelten. Damit sei allein entscheidend, ob nach dem bei der Beurteilung der Verkehrssicherheit öffentlicher Wege und Straßen generell anzulegende Maßstab die Treppe verkehrssicher gewesen sei. Danach müsse nur vor solchen Gefahren geschützt werden, die für einen sorgsamen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar seien und auf die er sich nicht oder jedenfalls nicht rechtzeitig genug einstellen könne. An einer versteckten Gefahrenlage fehle es im konkreten Fall jedoch. Insbesondere die Gestaltung der Treppe sei für den Benutzer jederzeit erkennbar gewesen.

Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Sie im Schadensersatz- und Schmerzensgeldrecht.