NPD-Fraktion darf nicht durch Satzung von Zuwendungen ausgeschlossen werden

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27.06.2018 zum Aktenzeichen 10 CN 1.17 entschieden, dass eine Gemeinderatsfraktion der NPD nicht von Fraktionszuwendungen ausgeschlossen werden darf.

Im konkreten Fall führten die obersten Verwaltungsrichter aus, dass dann, wenn eine Gemeinde den Fraktionen im Gemeinderat Zuwendungen erteilt, sie sodann eine Fraktion der verfassungsfeindlichen, aber nicht verbotenen Partei NPD nicht davon ausschließen darf.

Die klagende Fraktion, eine kommunale NPD-Fraktion und deren Mitglieder, wenden sich im Normenkontrollverfahren gegen eine Satzung einer Stadt in Hessen. Diese gewährt den Gemeinderatsfraktionen Zuwendungen zu den Aufwendungen für die Fraktionsgeschäftsführung. Die angegriffene Satzung schließt Fraktionen „aus Vertretern erkennbar verfassungsfeindlicher Parteien/Vereinigungen“ von solchen Zuwendungen aus. Der hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Ausschlussregelung für unwirksam erklärt

Die Revision der Stadt hatte nur teilweise Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Normenkontrollanträge der einzelnen Fraktionsmitglieder als unzulässig zurückgewiesen, weil die angegriffene Vorschrift nur Rechte der Fraktion und nicht auch Rechte ihrer Mitglieder regelt. Der Normenkontrollantrag der Fraktion ist dagegen zulässig und begründet.

Die Ausschlussregelung ist rechtswidrig, weil sie den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Absatz 1 Grundgesetz – GG -) verletzt. Die Gemeinden sind zwar nicht zu Fraktionszuwendungen verpflichtet, müssen aber alle Fraktionen gleichbehandeln, wenn sie solche Zuwendungen gewähren. Der Ausschluss von Fraktionen verfassungsfeindlicher, nicht verbotener Parteien und Vereinigungen ist nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt und dient keinem verfassungsrechtlich zulässigen Zweck. Kommunale Fraktionen gehören als Untergliederungen der Gemeindevertretung zur kommunalen Verwaltung. Zuwendungen zur Fraktionsgeschäftsführung sind dazu bestimmt, die Fraktionsarbeit in der Gemeindevertretung zu finanzieren. Die Verteilung dieser Zuwendungen muss sich am Bedarf der Fraktionsgeschäftsführung orientieren. Die Zugehörigkeit der Fraktionsmitglieder zu einer Partei oder Vereinigung steht damit in keinem sachlichen Zusammenhang. Überdies ist die kommunalrechtliche Benachteiligung von Fraktionen nicht verbotener Parteien oder Wählervereinigungen nach Art. 21 und Art. 9 GG unzulässig. Dem „NPD-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2017 – 1 BvB 1/13 – ist nichts anderes zu entnehmen. Aus der – inzwischen umgesetzten – Möglichkeit, verfassungsfeindliche Parteien durch Verfassungsänderung von staatlicher Finanzierung auszuschließen, sind keine Befugnisse der Gemeinden gegenüber den Gemeinderatsfraktionen abzuleiten. Fraktionszuwendungen dienen nicht der Finanzierung eventuell „hinter“ den Fraktionen stehender Parteien. Fraktionen sind Teil der Staatsorganisation; im Gegensatz dazu sind die Parteien im gesellschaftlichen Bereich politisch tätig. Fraktionszuwendungen dürfen auch nicht zur Parteienfinanzierung zweckentfremdet werden. Dies ist durch Kontrollen des Zuwendungsgebers sicherzustellen.

Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Fraktionen und Städte, Gemeinden und Kreise im Fraktionsrecht.