OLG Frankfurt: Löschungsanspruch gegen Facebook bei reinen „Hassprofilen“

15. August 2025 -

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 26.06.2025 (Az. 16 U 58/24) entschieden, dass ein Facebook-Nutzerkonto dauerhaft zu löschen ist, wenn es ausschließlich dazu eingerichtet und genutzt wird, um eine bestimmte Person mit rechtsverletzenden Inhalten zu attackieren. In einem solchen Fall kann der Betroffene nicht nur die Entfernung einzelner Posts verlangen, sondern die Löschung des gesamten Accounts. Die Entscheidung verdeutlicht die Pflichten von Plattformbetreibern beim Persönlichkeitsrechtsschutz im Netz und gibt Betroffenen „Hassprofile“ praktische Ansatzpunkte zur Rechtsdurchsetzung.

Sachverhalt: Beleidigungen über Fake-Profile auf Facebook

Im zugrunde liegenden Fall sah sich eine Frau auf Facebook zwei anonymen Fake-Profilen ausgesetzt, über die sie fortgesetzt verhöhnt und beleidigt wurde. Auf einem Profil erschienen zahlreiche wüste Beschimpfungen – darunter etwa „Du dumme Sau“ und „frigide menopausierende Schnepfe“ – begleitet von Fotos, die eindeutig die Klägerin zeigten. Dadurch war für deren soziales Umfeld offenkundig, dass sie Ziel der Angriffe war. Das zweite Profil nutzte einen verfremdeten Namen („Brigülle Q“ anstelle von Brigitte Y), der klanglich und bildlich erkennbar auf die Klägerin anspielte. Auch dort wurden abfällige Äußerungen wie „Wer nichts vorzuweisen hat labert Scheiße“ ohne jeden Kontext über sie verbreitet. Weitere Beiträge verspotteten die Klägerin, teils unter Verwendung privater Fotos, die ohne ihre Einwilligung von ihrem eigenen Facebook-Account kopiert und mit lächerlich machenden Bildelementen versehen worden waren.

Die Betroffene meldete diese Profile zunächst über die Facebook-internen Funktionen, stieß jedoch auf Ablehnung – das soziale Netzwerk sah angeblich keinen Verstoß gegen Gemeinschaftsstandards. Daraufhin schaltete sie eine Anwaltskanzlei ein, welche Facebook mit Schreiben vom 17.01.2022 zur unverzüglichen Löschung der Fake-Profile samt aller beleidigenden Inhalte aufforderte. Facebook reagierte wenige Tage später und teilte mit, die Inhalte seien „offenbar bereits entfernt“ worden. Tatsächlich waren die Profile aber nur vorübergehend deaktiviert (mutmaßlich durch die unbekannte Nutzerin selbst) und kurze Zeit später unverändert wieder abrufbar. Auch ein weiteres Schreiben der Klägerseite vom 27.01.2022 führte zunächst nicht zur endgültigen Entfernung. Erst rund drei Wochen nach der Erstmeldung verschwanden die Profile schließlich von der Plattform.

Die Klägerin erhob daraufhin Klage vor dem LG Frankfurt am Main gegen die Betreiberin von Facebook (Meta) auf Unterlassung. Sie verlangte zum einen, dass Facebook es unterlässt, die beiden streitgegenständlichen Profile weiter bereitzuhalten (also faktisch deren Löschung). Zum anderen begehrte sie Unterlassung hinsichtlich der konkreten beleidigenden Äußerungen und der verbreiteten Bilder. Das Landgericht wies die Klage jedoch ab: Es verneinte eine Verletzung von Prüfpflichten seitens Facebook und hielt auch die für eine Unterlassungsklage erforderliche Wiederholungsgefahr für entfallen, da die Profile im Prozess inzwischen gelöscht waren.

Entscheidung des OLG Frankfurt

Das OLG Frankfurt gab der Klägerin im Berufungsverfahren vollumfänglich Recht und änderte das erstinstanzliche Urteil ab. Der 16. Zivilsenat (zuständig u.a. für Pressesachen) verurteilte Facebook dazu, die beiden konkreten Profile nicht weiter abrufbar zu halten sowie die genannten Beleidigungen und Bilder zukünftig nicht mehr zu verbreiten. Damit wurde Facebook verpflichtet, die Profile dauerhaft zu löschen, nicht bloß die einzelnen Beiträge zu entfernen. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Persönlichkeitsrechtsverletzung eindeutig gegeben

Das Gericht stellte zunächst klar, dass die Inhalte der Profile eindeutig das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzen (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB analog). Sämtliche streitgegenständlichen Äußerungen waren herabsetzende Werturteile ohne sachlichen Bezug, teilweise sogar Formalbeleidigungen (z.B. „Du dumme Sau“). Solche Äußerungen genießen keinen Schutz der Meinungsfreiheit, da sie allein der Schmähung dienen und keinerlei Beitrag zur Meinungsbildung liefern. Die Verwendung des verfremdeten Profilnamens „Brigülle Q“ bewertete der Senat ebenfalls als Beleidigung – durch die Anklänge an den echten Namen wird die Person der Klägerin verspottend verunglimpft. Auch die ungefragte Veröffentlichung privater Fotos der Klägerin in entstellender Weise (mit Montagen wie Hütchen etc.) verletzte ihr Recht am eigenen Bild (§§ 22, 23 KUG).

Entscheidend war ferner, dass die Klägerin als Zielperson der Postings identifizierbar war. Durch die im ersten Profil direkt eingebundenen Fotos der Klägerin sowie die Namensverdrehung und Hinweise auf ihren Wohnort war sie zumindest für ihren Bekanntenkreis eindeutig zu erkennen. Damit lagen alle Voraussetzungen für zivilrechtliche Unterlassungsansprüche wegen Persönlichkeitsverletzung vor.

Haftung der Plattform als mittelbare Störerin

Facebook hatte die beleidigenden Inhalte zwar nicht selbst verfasst, wurde aber als Host-Provider auf Unterlassung in Störerhaftung in Anspruch genommen. Die Grundsätze der Störerhaftung – inzwischen auch im Digital Services Act (DSA) auf EU-Ebene mitverankert – wurden vom OLG bestätigt: Ein Plattformbetreiber ist nicht verpflichtet, ohne Anlass proaktiv alle Nutzerinhalte auf Rechtsverletzungen zu kontrollieren (Art. 8 Abs. 2 DSA bestätigt das Verbot allgemeiner Überwachungspflichten). Erlangt er jedoch Kenntnis von einer klaren Rechtsverletzung auf seiner Plattform, muss er ab diesem Zeitpunkt („ex nunc“) unverzüglich tätig werden, um die fortdauernde Verletzung zu unterbinden. Unterlässt er dies, haftet er als Störer auf Unterlassung.

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin Facebook durch das Anwaltsschreiben vom 17.01.2022 hinreichend konkret auf die Rechtsverstöße hingewiesen. Der Senat betont, dass die Klägerin darin die beanstandeten Inhalte ausführlich darlegte (inklusive Screenshots, Zitat beispielhafter Beleidigungen und Hinweis auf § 185 StGB) – genug, um Facebook eine Prüfung und Identifizierung der Rechtsverletzungen zu ermöglichen. Damit war Facebook verpflichtet, ein Notice-and-Takedown-Verfahren durchzuführen: also den Sachverhalt zu ermitteln, den verantwortlichen Nutzer ggf. anzuhören und sodann die rechtswidrigen Inhalte zu entfernen.

Facebook wurde diesen Pflichten laut OLG nicht gerecht. Zwar reagierte das Unternehmen zunächst auf die Meldung – allerdings unzureichend: Es wurde weder der Profilinhaber kontaktiert noch eine dauerhafte Löschung veranlasst. Stattdessen teilte Facebook der Klägerin mit, die Inhalte seien „bereits entfernt“, obwohl die Profile nur deaktiviert und kurze Zeit später wieder online waren. Damit hat Facebook die beanstandeten Profile nicht in der gebotenen Weise „endgültig“ gelöscht. Nach Auffassung des Gerichts hätte Facebook – sofern es den Inhalt zunächst nicht selbst als offensichtlich rechtswidrig einschätzte – spätestens nach dem zweiten Hinweis der Klägerin aktiv nachfassen müssen. Lediglich vom Nutzer zeitweilig „offline“ gestellte Profile genügen nicht. Ein Host-Provider muss dafür Sorge tragen, dass ein gemeldeter rechtswidriger Inhalt dauerhaft entfernt wird und zukünftige derartige Verletzungen verhindert werden. Hier bedeutet das: vollständige Löschung der Accounts, so dass der Nutzer sie nicht einfach reaktivieren oder erneut nutzen kann.

Kontosperrung als angemessenes Mittel bei Hassprofilen

Besonders wegweisend an dem Frankfurter Urteil ist, dass Facebook nicht bloß die einzelnen Postings, sondern gleich die Profile als solche entfernen musste Der Senat stellte klar, dass in Ausnahmesituationen eine Kontenlöschung gerechtfertigt sein kann, nämlich „wenn das Konto nach den Gesamtumständen ausschließlich dazu eingerichtet und genutzt wurde, rechtsverletzende Äußerungen über den Anspruchsteller abzusetzen“. Die vollständige Entfernung des Accounts stellt zwar einen erheblichen Eingriff in die unternehmerische Freiheit von Facebook und in die Nutzungsfreiheit des Kontoinhabers dar. Im konkreten Fall überwog jedoch das Schutzinteresse der betroffenen Person deutlich. Nur persönlichkeitsverletzende Inhalte waren auf den streitigen Profilen zu finden, „weit überwiegend, wenn nicht gar ausschließlich, der Verhöhnung der Klägerin dienend“. Angesichts dieser Vielzahl von Angriffen gegen die Klägerin sei die Löschung des gesamten Profils das effektivste Mittel, um künftige ähnliche Rechtsverletzungen zu verhindern. Ein bloßes Entfernen einzelner Posts reiche nicht aus, da der anonyme Nutzer das Profil jederzeit wieder mit neuen Beleidigungen füllen könnte.

Das Gericht betonte dabei, dass Facebook an der weiteren anonymen Nutzung der Profile zur Diffamierung der Klägerin kein schutzwürdiges Interesse habe. Insbesondere handelte es sich um Phantasienamen („Fake-Profile“), nicht um Klarnamen von Nutzern mit vielleicht legitimen Kommunikationsinteressen. Die Inhaberin der Profile verlor durch die Sperre nicht den Zugang zu einem realen persönlichen Account, sondern lediglich die Möglichkeit, unter diesen Fake-Identitäten weiterzumachen – was aus Sicht des Gerichts zumutbar ist. Sie könne sich, so das OLG, problemlos „unter einem anderen Profilnamen“ erneut bei Facebook registrieren, nur eben nicht mehr unter den spezifischen beleidigenden Pseudonymen. Die Entscheidung setzt hier ein deutliches Zeichen: Bei reinen „Hassprofilen“ darf und muss der Plattformbetreiber konsequent durchgreifen. Dies hat auch Signalwirkung für den Persönlichkeitsschutz im Netz und verschärft die Prüfpflichten der sozialen Netzwerke in solchen Konstellationen.

Zu beachten ist, dass die Kontolöschung ein Ausnahmefall bleibt. In weniger krassen Fällen – etwa wenn ein „normales“ Nutzerkonto nur vereinzelt Rechtsverletzungen enthält – wäre regelmäßig nur die Löschung der konkreten beanstandeten Inhalte verlangt werden können. Die Schwelle für einen Anspruch, ein komplettes Profil zu entfernen, ist hoch: Erforderlich ist praktisch, dass das Konto ausschließlich oder nahezu ausschließlich dem Rechtsmissbrauch (hier: der persönlichen Diffamierung) dient. Dies war hier aufgrund der eindeutigen Gesamtumstände gegeben.

Wiederholungsgefahr und Unterlassungsanspruch

Ein zentrales Element für Unterlassungsansprüche ist das Bestehen einer Wiederholungsgefahr – also die begründete Besorgnis, dass ein gleichartiger Rechtsverstoß künftig erneut droht. Das LG hatte eine Wiederholungsgefahr verneint, weil die Profile mittlerweile gelöscht waren. Das OLG hingegen bejahte sie deutlich. Warum? Zum einen, weil Facebook durch sein zögerliches Verhalten bereits eine Verletzungshandlung begangen hatte: Nach dem ersten Hinweis der Klägerin wurden die Profile nicht umgehend und endgültig entfernt. Damit lag aus Sicht des Gerichts eine Erstbegehung vor, die die Vermutung der Wiederholungsgefahr auslöst. Üblicherweise kann ein Unterlassungsschuldner diese Vermutung nur durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ausräumen – eine solche hatte Facebook hier nicht abgegeben.

Zum anderen, so der Senat, sei die Gefahr weiterer Verletzungen nicht ausgeräumt, selbst wenn die konkreten Profile mittlerweile (angeblich) „dauerhaft“ gelöscht wurden. Maßgeblich ist nämlich, dass die unbekannte Täterin jederzeit erneut ein Konto unter gleichem oder ähnlichem Namen einrichten und wieder beleidigende Inhalte posten könnte. Genau das soll der Unterlassungstitel ja verhindern. Facebook hatte argumentiert, die gelöschten Konten ließen sich technisch nicht wiederherstellen; doch das Gericht schenkte dem wenig Gewicht. Selbst wenn diese konkreten Profil-IDs nicht reaktivierbar sein sollten, konnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Person neue Konten mit dem gleichen Namen („Brigülle Q“ etc.) anlegt. Solange Facebook keine Unterlassungsverpflichtung übernommen hat, besteht die ernsthafte Möglichkeit, dass ein solches Szenario erneut eintritt – und erneut unzureichend reagiert wird. Folglich blieb es bei der Vermutung der Wiederholungsgefahr zugunsten der Klägerin. Die Unterlassungsanordnungen waren daher trotz inzwischen gelöschter Inhalte gerechtfertigt und notwendig, um die Klägerin vor zukünftigem Cybermobbing via Fake-Accounts zu schützen.

Kein Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten mangels klarer Erstmeldung

Praxisrelevant ist noch ein letzter Punkt: Die Klägerin erhielt von Facebook nicht die Kosten ihrer anwaltlichen Abmahnung ersetzt. Das OLG verneinte einen Schadensersatzanspruch hinsichtlich der Anwaltskosten des Schreibens vom 17.01.2022. Zur Begründung stellte das Gericht darauf ab, dass Facebook vor diesem Anwaltsschreiben noch nicht in Verzug oder Kenntnis einer Pflichtverletzung gewesen sei. Zwar hatte die Klägerin versucht, die Profile über die Verbraucher-Meldeoption zu melden – jedoch offenbar unter einer falschen Kategorie. Sie wählte wohl den Grund „Nachahmung eines anderen Nutzers“, anstatt die klar beleidigenden Inhalte als Belästigung oder Hassrede zu klassifizieren. Infolgedessen erhielt Facebook zunächst keine präzise Mitteilung über die Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Erst das Anwaltsschreiben selbst lieferte den nötigen konkreten Hinweis. Die Einschaltung des Anwalts erfolgte somit ohne dass Facebook sich bereits in Verzug befand. Entsprechend waren die Abmahnkosten hier nicht erstattungsfähig. Praxistipp: Wer später seine Anwaltskosten ersetzt bekommen möchte, sollte vor Einschaltung eines Anwalts den Plattformbetreiber korrekt und belegbar abmahnen bzw. melden (siehe unten).

Praktische Hinweise zur Rechtsdurchsetzung gegenüber Plattformen

Fälle wie dieser zeigen, dass Betroffene von Hass und Persönlichkeitsverletzungen im Netz sich nicht schutzlos stellen müssen. Aus der Entscheidung lassen sich für die Praxis folgende Tipps ableiten:

  • Beweise sichern: Dokumentieren Sie rechtsverletzende Online-Inhalte umgehend, z.B. durch Screenshots, URLs und Zeitstempel. Diese Belege sind wichtig, um den Verstoß nachzuweisen – gerade wenn der Inhalt später gelöscht oder verändert wird.
  • Plattform ordentlich informieren: Nutzen Sie als ersten Schritt die Melde- oder Beschwerdefunktionen der Plattform. Wählen Sie die richtige Kategorie (etwa „Belästigung/Hassrede“ bei Beleidigungen) und beschreiben Sie präzise, was den Verstoß ausmacht. Je konkreter der Hinweis, desto eher ist der Plattformbetreiber verpflichtet einzugreifen. Achten Sie darauf, eine Bestätigung der Meldung (per E-Mail oder Screenshot) aufzubewahren. Ein ungenügend spezifizierter Hinweis kann dazu führen, dass der Betreiber die Rechtsverletzung nicht erkennt – und Ihnen später ggf. die Erstattung von Anwaltskosten verweigert wird.
  • Kurze Fristen setzen: Plattformen müssen nach einer klaren Beschwerde zügig reagieren, insbesondere bei offenkundigen Rechtsverletzungen wie schweren Beleidigungen. In der Praxis gelten je nach Fall wenige Tage als angemessen. Setzen Sie in Ihrer Meldung oder Abmahnung eine kurze Frist (z.B. 48 Stunden bis wenige Werktage) zur Entfernung der Inhalte. Das erhöht den Druck und unterstreicht die Dringlichkeit. (Hinweis: Nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz müssen „offensichtlich rechtswidrige“ Inhalte binnen 24 Stunden gelöscht werden – Beleidigungen zählen grundsätzlich dazu, da § 185 StGB verletzt wird.)
  • Anwaltliche Abmahnung erwägen: Zeigt die Plattform keine ausreichende Reaktion, ist der nächste Schritt eine formelle Abmahnung durch einen Rechtsanwalt. Dieses Schreiben sollte alle rechtswidrigen Inhalte aufführen (mit Belegen) und die Plattform unter Androhung weiterer Schritte zur umgehenden Löschung auffordern. Im geschilderten Fall hat erst das anwaltliche Schreiben Facebook veranlasst, tätig zu werden – wenn auch zunächst unzureichend. Eine solche Abmahnung ist oft Voraussetzung, um anschließend vor Gericht zu ziehen, und kann bei Erfolg die Grundlage für Schadensersatz (Kostenerstattung) bilden – vorausgesetzt, die Plattform wurde zuvor korrekt informiert.
  • Unterlassungsanspruch gerichtlich durchsetzen: Bleibt die Verletzung bestehen, können Betroffene beim zuständigen Gericht eine Unterlassungsklage erheben – gegebenenfalls im Eilverfahren (einstweilige Verfügung), wenn besondere Dringlichkeit besteht. Das OLG-Urteil zeigt, dass Gerichte Plattformen durchaus streng in die Pflicht nehmen, sobald sie von Persönlichkeitsrechtsverletzungen Kenntnis haben. Auch die Sperrung eines gesamten Accounts kann durchgesetzt werden, wenn es sich um ein reines Hasskonto handelt, das nur der Diffamierung dient. In „normalen“ Fällen wird man regelmäßig die Löschung konkreter Beiträge verlangen. Wichtig ist, dem Gericht die Identifizierbarkeit der eigenen Person und die Schwere der Verletzungen nachvollziehbar darzulegen (z.B. durch Vorlage der Beleidigungen und Erklärungen zum Kontext).
  • Wiederholungsgefahr im Blick behalten: Selbst wenn der beanstandete Inhalt zwischenzeitlich entfernt wurde, kann eine Unterlassungsklage Erfolg haben, solange keine verbindliche Zusage vorliegt, dass es nicht wieder passiert. Lassen Sie sich daher von einer vorübergehenden Deaktivierung nicht vorschnell beruhigen. Ohne Unterlassungserklärung der Plattform oder des Täters sollten Sie weiterhin von einer Wiederholungsgefahr ausgehen – insbesondere, wenn die erste Reaktion der Plattform zögerlich oder unvollständig war.
  • Kostenaspekte bedenken: Sofern möglich, nutzen Sie kostengünstige Schritte vorab (eigene Meldung, Schlichtungsstellen etc.), bevor Sie direkt klagen. Im Erfolgsfall können zwar Anwalts- und Gerichtskosten der Gegenseite auferlegt werden. Doch wie der vorliegende Fall zeigt, können vorgerichtliche Kosten unter Umständen unerstattet bleiben, wenn der Plattformbetreiber vor der anwaltlichen Intervention keine eindeutige Kenntnis der Rechtsverletzung hatte. Eine sorgfältige Dokumentation Ihrer ersten Meldungen an die Plattform ist daher auch aus Kostengründen wichtig.

Das Urteil des OLG Frankfurt a.M. ist ein wichtiger Etappensieg im Kampf gegen Hate Speech und persönliche Angriffe im sozialen Netz. Erstmals wurde höchstrichterlich (wenn auch „nur“ durch ein Oberlandesgericht) ausgesprochen, dass soziale Netzwerke ganze Nutzerkonten löschen müssen, sofern diese als reine Waffe zur Persönlichkeitsverletzung missbraucht werden. Plattformbetreiber können sich nicht darauf beschränken, einzelne Posts zu entfernen, wenn ein Account nahezu ausschließlich der Diffamierung einer Person dient – dann ist die Sperrung des Accounts als Ganzes gerechtfertigt und erforderlich, um weitere Verstöße zu verhindern.

Für Betroffene bedeutet dies: Die Rechtsordnung hält wirksame Werkzeuge bereit, um sich gegen Online-Pranger und Hassprofile zu wehren. Wichtig ist, diese Rechte konsequent geltend zu machen – beginnend bei einer klaren Meldung an die Plattform, über die anwaltliche Abmahnung bis hin zur Klage, wenn nötig. Das Frankfurter Urteil sendet zugleich ein deutliches Signal an Facebook & Co.: Systematische Persönlichkeitsrechtsverletzungen dürfen nicht geduldet werden, und Anbieter müssen bei Hinweis darauf entschlossen einschreiten. Andernfalls laufen sie Gefahr, als Störer auf Unterlassung zu haften – notfalls mit dem empfindlichen Ergebnis, ganze Nutzerkonten ihrer Plattform zu verlieren.