OLG Hamm: Beschluss ohne Unterschrift wirksam

04. August 2025 -

Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Beschluss vom 26.06.2025 (Az. 3 Ws 210/25) klargestellt, dass im Beschwerdeverfahren gegen den Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung kein Anspruch auf Beiordnung eines Pflichtverteidigers besteht, wenn weder besondere Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage vorliegen noch der Verurteilte außerstande ist, sich selbst zu verteidigen. Außerdem entschied das Gericht, dass ein von einem Einzelrichter erlassener Beschluss trotz fehlender Unterschrift wirksam sein kann, sofern sich aus den Akten die gerichtliche Entscheidungsabsicht und die Person des erlassenden Richters zweifelsfrei ergeben.

Kein Pflichtverteidiger bei Widerruf ohne besondere Umstände

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Verurteilter eine Widerrufsentscheidung – offenbar den Widerruf seiner Bewährung – angefochten und hierfür die Beiordnung eines Pflichtverteidigers beantragt. Der zuständige Einzelrichter lehnte diesen Antrag ab. Zur Begründung führte er aus, dass weder die Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die zu beurteilende Widerrufsentscheidung eine besondere Schwierigkeit aufweist noch ersichtlich ist, dass der Verurteilte unfähig wäre, sich im Beschwerdeverfahren selbst zu verteidigen (§ 140 Abs. 2 StPO analog). Mit anderen Worten: Weder wies der Fall besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten auf, noch gab es Anhaltspunkte dafür, dass der Betroffene aus persönlichen Gründen nicht selbst hätte agieren können.

Der Verurteilte legte gegen die Ablehnung sofortige Beschwerde zum OLG Hamm ein. Einen Teil der Beschwerde begründete er damit, dass der Beschluss des Einzelrichters nicht unterschrieben gewesen sei und daher unwirksam wäre. Der 3. Strafsenat des OLG Hamm hat die Beschwerde jedoch als unbegründet verworfen. Die Entscheidung der Vorinstanz wurde damit bestätigt: Mangels besonderer Umstände (wie etwa Komplexität des Falls oder fehlende Verteidigungsfähigkeit des Verurteilten) war die Bestellung eines Pflichtverteidigers nicht geboten.

Wirksamer Beschluss trotz fehlender Unterschrift des Richters

Besonders bemerkenswert ist die Ausführung des Gerichts zur Unterschrift des Beschlusses. Grundsätzlich gehört die Unterschrift des Richters zu den Formerfordernissen eines schriftlichen Beschlusses. Dennoch führt ein fehlendes Richterzeichen nicht automatisch zur Unwirksamkeit. Das OLG Hamm stellte klar, dass ein Beschluss selbst bei fehlender Unterzeichnung wirksam ist, wenn sich die entsprechende Willensäußerung des Richters aus den Akten ergibt und die entscheidende Person hinreichend zuverlässig dem Vorgang entnommen werden kann. Entscheidend sind also die Begleitumstände, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht nur um einen Entwurf handelt und wer den Beschluss verantwortet.

Im vorliegenden Fall sah das Gericht diese Voraussetzungen als erfüllt an. Aus den Akten ergab sich bei Gesamtwürdigung eindeutig, dass der Einzelrichter den Beschluss endgültig erlassen wollte. Insbesondere hatte der Richter unmittelbar nach dem Beschluss eine begleitende Verfügung gleichen Datums eigenhändig unterschrieben. Zudem war sein Name nicht nur maschinenschriftlich unter dem Beschluss gesetzt, sondern auch in der Eingangsformel des Beschlusses genannt. Diese Umstände belegten nach Auffassung des Senats zuverlässig, dass der Beschluss mit Richterwillen ergangen und die entscheidende Person eindeutig identifizierbar war. Eine fehlende Unterschrift allein machte den Beschluss daher nicht unwirksam.

Das OLG Hamm bekräftigt mit diesem Beschluss zweierlei: Zum einen besteht im Beschwerdeverfahren gegen einen Bewährungswiderruf kein Anspruch auf einen Pflichtverteidiger, solange keine besonderen Schwierigkeiten oder persönliche Unfähigkeit zur Selbstverteidigung vorliegen. Zum anderen reicht ein bloßer Formmangel – wie eine fehlende Unterschrift – nicht aus, um eine gerichtliche Entscheidung zu Fall zu bringen, wenn eindeutig erkennbar ist, dass sie vom zuständigen Richter final getroffen wurde. Diese Klarstellungen dienen der Verfahrensökonomie und verhindern, dass reine Formalfehler ohne inhaltliche Bedeutung ein Verfahren unnötig aufhalten.