Eine Polizei-Uniform ist kein Party-Kostüm. Ihr Gebrauch sollte auf den Dienst beschränkt bleiben. In Polizeiuniform auf eine Mottoparty gehen – was zunächst wie ein harmloser Spaß klingt, kann ernsthafte Folgen haben. Das zeigt ein aktueller Fall aus Düsseldorf: Eine Kommissaranwärterin (Polizeianwärterin) verlor ihren Ausbildungsplatz, weil sie an einer privaten Feier in Dienstkleidung teilnahm und sogar bei einer gestellten Festnahme als Partyspaß mitwirkte. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf bestätigte die Entlassung der jungen Frau mit der Begründung, es bestünden Zweifel an ihrer charakterlichen Eignung für den Polizeidienst. Dieser Rechtstipp fasst die Kernaussagen des Gerichtsentscheids zusammen, erläutert die Bedeutung der charakterlichen Eignung im Beamtenrecht und gibt praktische Hinweise, was Beamtinnen und Beamte im Vorbereitungsdienst bei ihren Freizeitaktivitäten beachten sollten.
Der Fall: Mottoparty in Polizei-Uniform
Auf der besagten Mottoparty erschien die Kommissaranwärterin – getreu dem Motto der Feier – in Teilen ihrer echten Polizei-Uniform. Sie trug einen Pullover und eine Schutzweste mit der Aufschrift „Polizei“ und fiel damit natürlich auf. Andere Partygäste filmten die Anwärterin in ihrer Dienstkleidung. Doch dabei blieb es nicht: Für ein „Videogästebuch“ der Feier inszenierte die Gruppe sogar eine Spaß-Verhaftung. Die junge Frau wirkte in Uniform bei der gespielten Festnahme eines als Drogendealer verkleideten Gastes mit. Diese vermeintlich humorvolle Aktion verbreitete sich in Form von Videos unter den Gästen – ein Szenario, das schnell außer Kontrolle geraten kann, gerade in Zeiten von Smartphones und sozialen Medien.
Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Als der Dienstherr (das zuständige Polizeipräsidium) von dem Vorfall erfuhr, wertete er das Verhalten der Anwärterin als außerdienstliches Fehlverhalten, das mit dem Polizeiberuf unvereinbar sei. Insbesondere wurde eingewandt, die Anwärterin habe durch die missbräuchliche Nutzung der Uniform das Ansehen der Polizei beschädigt. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität der Polizei sei erheblich gefährdet, zumal Videomaterial in sozialen Netzwerken rasch weite Verbreitung finden könne. Infolgedessen verfügte das Polizeipräsidium die Entlassung der Kommissaranwärterin aus dem Dienst. Dagegen wehrte sich die junge Frau gerichtlich – jedoch ohne Erfolg.
Gericht bestätigt Entlassung wegen Eignungsmängeln
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf (VG) hat den Fall am 02.09.2025 entschieden und die Rechtmäßigkeit der Entlassung bestätigt. In seinem Beschluss (Az. 2 L 2837/25) lehnte das VG den Eilantrag der Anwärterin gegen die Entlassungsverfügung ab. Die Kernbegründung: Durch das Verhalten der Anwärterin seien berechtigte Zweifel an ihrer charakterlichen bzw. persönlichen Eignung für den Polizeidienst entstanden. Damit fehlte es an einer grundlegenden Voraussetzung, um weiterhin im Beamtenverhältnis auf Widerruf – also im Vorbereitungsdienst – bleiben zu können.
Das Gericht verwies auf die zentrale Bedeutung der charakterlichen Eignung im Beamtenverhältnis. Ein Vorfall, der das Ansehen der Polizei derart untergräbt, rechtfertige es, an der charakterlichen Zuverlässigkeit der Betroffenen zu zweifeln. Die zweite Kammer des VG Düsseldorf stellte klar, dass ein solches außerdienstliches Fehlverhalten das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei deutlich und nachhaltig erschüttert. Besonders im Zeitalter sozialer Medien könne ein derartiger Vorfall leicht über den ursprünglichen Teilnehmerkreis hinaus bekannt werden und den Ruf der Behörde schädigen. Angesichts dessen sei die Konsequenz – hier die Entlassung aus dem Dienst – angemessen und rechtlich nicht zu beanstanden.
Charakterliche Eignung – was ist das und warum ist sie so wichtig?
Der Fall unterstreicht, wie entscheidend die charakterliche Eignung im Beamtenrecht ist. Fachwissen und körperliche Fitness allein genügen nicht – Beamte müssen auch persönlich geeignet sein. Unter Eignung versteht man im öffentlichen Dienst insbesondere die Persönlichkeit und charakterlichen Eigenschaften, die für ein bestimmtes Amt von Bedeutung sind. Dazu zählen neben der gesundheitlichen und geistigen Tauglichkeit vor allem moralische Integrität, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit. Einfach gesagt: Beamtinnen und Beamte sollen ein Verhalten an den Tag legen, das dem Ansehen des Amtes gerecht wird – im Dienst und außerhalb.
Rechtlich verankert ist dieses Prinzip zum Beispiel in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz sowie in den Beamtengesetzen. Dort heißt es, dass Einstellungen und Beförderungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung erfolgen müssen. Die charakterliche Eignung ist dabei ein zentraler Teil der Eignung. Sie umfasst die persönliche Zuverlässigkeit und charakterliche Stabilität, die erforderlich sind, um die Aufgaben eines Beamten korrekt und gewissenhaft zu erfüllen. Gerade im Polizeidienst, der mit besonderen Befugnissen und einem hohen Maß an öffentlichem Vertrauen einhergeht, werden an die charakterliche Eignung strenge Anforderungen gestellt. Polizeibeamte repräsentieren den Staat nach außen; Fehlverhalten – selbst im Privatleben – kann das Bild der gesamten Institution beeinträchtigen.
Im konkreten Fall sah das Gericht die charakterliche Eignung der Anwärterin als in Frage gestellt an. Wer die offizielle Uniform zu Unterhaltungszwecken missbraucht und damit die Würde des Amtes verletzt, der zeigt aus Sicht des Dienstherrn erhebliche Defizite im Urteilsvermögen und im Pflichtbewusstsein. Für eine angehende Polizistin, die später hoheitliche Eingriffsrechte gegenüber Bürgern ausüben soll, ist das nicht akzeptabel. Daher konnte die Vertrauensgrundlage zwischen der Anwärterin und dem Dienstherrn als zerstört angesehen werden – was letztlich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis rechtfertigte.
Rechtlicher Hintergrund: Beamtenverhältnis auf Widerruf und Entlassungsgründe
Bei der entlassenen Kommissaranwärterin handelte es sich um eine Beamtin auf Widerruf. Beamtinnen und Beamte auf Widerruf befinden sich im Vorbereitungsdienst (Ausbildung oder Referendariat) und haben noch keinen gesicherten Beamtenstatus auf Lebenszeit. Ihr Dienstverhältnis ist – wie der Name sagt – „widerruflich“. Das bedeutet: Der Dienstherr kann es jederzeit beenden, solange ein sachlicher Grund vorliegt. Gesetzliche Grundlage hierfür ist § 23 Abs. 4 Satz 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG). Darin heißt es sinngemäß, dass Beamte auf Widerruf jederzeit entlassen werden können. In der Praxis genügt jeder sachliche Grund, insbesondere auch die Annahme mangelnder charakterlicher oder persönlicher Eignung.
Warum gibt es diese Regelung? Der Gesetzgeber will damit sicherstellen, dass während der Probe- und Ausbildungszeit diejenigen ausgesiebt werden können, die sich als ungeeignet erweisen. Der Vorbereitungsdienst dient quasi als Bewährungsphase. Zeigt sich in dieser Phase, dass eine Person fachlich oder persönlich nicht den Anforderungen gerecht wird, soll der Dienstherr sich unkompliziert trennen können. Eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf ist formal kein Disziplinarmaß, sondern eine verwaltungsrechtliche Personalmaßnahme. Sie erfolgt oft ohne langwieriges Verfahren, weil eben das Dienstverhältnis noch auf Probe bzw. zur Ausbildung besteht.
Im Düsseldorfer Fall war die Annwärterin noch nicht verbeamtet auf Lebenszeit, sondern befand sich in dieser anfälligen Widerrufsposition. Ihre Entlassung war daher rechtlich relativ einfach durchzusetzen, sobald der sachliche Grund – hier Zweifel an der Eignung – vorlag. Wäre sie bereits Beamtin auf Lebenszeit gewesen, hätte ein förmliches Disziplinarverfahren durchlaufen werden müssen, um sie aus dem Dienst zu entfernen. So aber reichte die prognostische Einschätzung ihres Dienstherrn, dass sie sich charakterlich disqualifiziert hat, um die sofortige Trennung zu vollziehen. Das VG Düsseldorf hat die Einschätzung des Dienstherrn vollumfänglich bestätigt und keinen Ermessensfehler erkennen lassen. Kurz gesagt: Wer als Beamtenanwärter gravierend daneben greift, steht schnell ohne Job da.
Praktische Hinweise: Was dürfen Beamtenanwärter*innen in der Freizeit (nicht)?
Der entschiedene Fall mag extrem wirken, ist aber lehrreich für alle Beamtinnen und Beamten im Vorbereitungsdienst – sei es bei der Polizei, in der Verwaltung, in der Justiz oder im Lehramt. Während der Freizeit ist man zwar außerhalb des Dienstes, doch man bleibt Angehöriger des öffentlichen Dienstes und steht unter besonderer Beobachtung. Folgende Tipps sollten Beamt*innen auf Probe beherzigen, um nicht unwissentlich die eigene Karriere zu gefährden:
- Uniform und Dienstmaterial sind tabu für private Zwecke: Nutzen Sie Dienstkleidung oder Amtsausrüstung niemals als Verkleidung oder Spaß-Requisite im Privatleben. Eine Polizei-Uniform ist für den Dienst bestimmt und nicht für Partys. Gleiches gilt für Amtsabzeichen, Dienstausweise oder -waffen – ihr Missbrauch kann nicht nur disziplinarisch, sondern teils auch strafrechtlich relevant sein (Stichwort Amtsanmaßung).
- Vorsicht bei Fotos und Videos in Social Media: Machen Sie sich bewusst, dass im digitalen Zeitalter überall Kameras sind. Was privat erscheint, kann morgen viral gehen. Peinliche oder dienstschädigende Auftritte – insbesondere in Uniform – finden leicht ihren Weg ins Internet. Die Konsequenzen reichen von Ansehensverlust bis zur Entlassung. Daher: Überlegen Sie genau, bevor Sie bei einer Aktion mitmachen, die gefilmt werden könnte. Im Zweifel: lieber nicht
- Außerdienstliches Verhalten mit Augenmaß: Auch außerhalb des Dienstes sind Beamte verpflichtet, sich so zu verhalten, dass sie der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Das heißt nicht, dass Sie kein Privatleben mehr haben dürfen. Aber extremes oder würdewidriges Verhalten – vom öffentlichen exzessiven Alkoholkonsum in Dienstkleidung bis zu beleidigenden Äußerungen in sozialen Netzwerken – kann dienstrechtliche Konsequenzen haben. Bewahren Sie also auch in der Freizeit ein gewisses Maß an Zurückhaltung und denken Sie an Ihre Vorbildfunktion.
- Besondere Zurückhaltung in der Ausbildung: Gerade im Vorbereitungsdienst ist die Lage heikel – Sie haben noch keinen Kündigungsschutz wie fest angestellte Beamte. Daher sollten Anwärterinnen besonders umsichtig sein. Aktionen, die womöglich als charakterliche Unreife oder Illoyalität ausgelegt werden könnten, gilt es strikt zu vermeiden. Bedenken Sie: Schon der Anschein* eines Fehlverhaltens kann bei Vorgesetzten Alarmglocken schrillen lassen, wenn Ihre persönliche Eignung auf dem Spiel steht.
- Im Zweifel Rat einholen: Wenn Sie unsicher sind, ob eine bestimmte Freizeitaktivität oder ein geplanter Social-Media-Post mit Ihrem Status als Beamtenanwärter*in vereinbar ist, zögern Sie nicht, Vorgesetzte oder Ausbilder anzusprechen. Manchmal hilft eine zweite Meinung, um abzuschätzen, ob eine Idee vielleicht zu riskant ist. Im Zweifel gilt: Lieber konservativ agieren und potenzielle Konflikte meiden, als im Nachhinein um die berufliche Existenz bangen zu müssen.
Der Düsseldorfer Fall führt eindrücklich vor Augen, dass leichtsinniges Verhalten in der Freizeit für Beamtenanwärter gravierende Folgen haben kann. Was als harmloser Spaß gedacht war – eine Verkleidung mit der Polizei-Uniform auf einer Party – endete für die junge Polizistin in spe mit der Beendigung ihrer Laufbahn. Der Schlüsselbegriff dabei ist die charakterliche Eignung: Von angehenden Beamtinnen und Beamten wird erwartet, dass sie die Würde ihres Amtes zu jeder Zeit achten und das Vertrauen der Bevölkerung nicht enttäuschen.
Für Praktiker bedeutet das: Schon während der Ausbildung müssen Beamtenanwärter sich ihrer Vorbildfunktion bewusst sein. Integrität, Disziplin und Verantwortungsbewusstsein sind keine Werte, die erst ab Ernennung auf Lebenszeit gelten – sie werden vom ersten Tag an eingefordert. Deshalb sollte man Freizeitspaß und Dienstpflichten niemals gedankenlos vermischen. Im Zweifelsfall hat die Pflicht immer Vorrang vor dem Spaß. Wer das beherzigt, braucht nicht zu befürchten, dass ein Party-Gag zur Karrierefalle wird.