Schadensersatz nach Tierkauf – zuerst Verkäufer informieren

04. April 2024 -

Das Landgericht Lübeck hat mit Urteil vom 07.03.2024 zum Aktenzeichen 14 S 92/21 entschieden, dass der Käufer eines Tieres wegen einer Erkrankung zunächst den Verkäufer zur Behandlung auffordern.

Die Klägerin kann den geltend gemachten Schadensersatz nicht verlangen, da sie der Beklagten keine Frist zur Vornahme der erforderlichen Schritte zur Behandlung der Katzen in der Verantwortung der Beklagten gesetzt hat.

Grundsätzlich setzt der Anspruch von Käufer*innen auf Schadensersatz gem. §§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281 BGB voraus, dass – wenn nicht einer der gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände eingreift – die Käufer*in der Verkäufer*in erfolglos eine angemessene Frist zur Nacherfüllung bestimmt hat. Dieser Grundsatz gilt auch beim Kauf eines Tieres. Entbehrlich kann eine Fristsetzung beim Kauf eines Tieres allerdings dann sein. wenn der Zustand des Tieres eine unverzügliche tierärztliche Behandlung als Notmaßnahme erforderlich erscheinen lässt, die von der Verkäufer*in nicht rechtzeitig veranlasst werden könnte.

Eine demnach erforderliche Frist hat die Klägerin der Beklagten hier nicht gesetzt. Die Kammer vermag auch nicht festzustellen, dass ein Notfall im obigen Sinne vorlag, der eine Behandlung ohne vorherige Fristsetzung hätte erfordern können.

Soweit mit der Klage Behandlungskosten ab dem 27. März 2020 verlangt werden, lag ein entsprechender Notfall offensichtlich nicht mehr vor. Vielmehr stand bereits ab der Untersuchung der Tiere am 19.März 2020 fest, dass diese krank sind und behandelt werden mussten. Spätestens ab dem 19. März 2020 wäre daher der Klägerin eine Fristsetzung für die längerfristigen Behandlungsmaßnahmen, die auch keine Notfallversorgung mehr darstellten, möglich gewesen. Der hiergegen erhobene Einwand der Klägerin, die Beklagte sei für sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erreichbar gewesen, greift insoweit nicht durch. Bereits aus dem vorgelegten WhattsApp – Verlauf erschließt sich, dass die Beklagte für die Klägerin sehr wohl kommunikativ erreichbar war und die Klägerin der Beklagten unproblematisch eine Frist zur Selbstvornahme der Behandlungen auf eigene Kosten und in dortiger Verantwortung hätte setzen können. Ob mit einer Antwort zu rechnen war – oder nicht –, ist dabei unerheblich, denn auch eine spekulativ unterbliebene Reaktion auf eine klare Fristsetzung hätte ausgereicht, um sodann die Behandlung selbst zu beauftragen und gegenüber der Beklagten abzurechnen. Dass es sich bei dieser Anforderung auch nicht um eine bloße Förmelei handelt, ergibt sich nicht zuletzt exemplarisch auch aus dem Vortrag der Parteien zu dem Insolvenzverfahren der Beklagten. Ersichtlich befand sich diese im fraglichen Zeitraum in der Wohlverhaltensphase und hatte deshalb ein erhebliches Interesse daran, nicht weiteren erheblichen Kosten ausgesetzt zu sein. Sinn und Zweck des Fristsetzungserfordernisses ist es aber eben genau, den Verkäufer darauf hinzuweisen, dass weitere Kosten drohen – damit dieser die Möglichkeit erhält, den Schaden durch eigene Tätigkeit so gering wie möglich zu halten.

Auch hinsichtlich der vor dem 27. März 2020 angefallenen Kosten von verbleibenden 222,07 EUR wäre eine Fristsetzung erforderlich und möglich gewesen.

Dies gilt zum einen für die am 20. März 2020 durchgeführten Maßnahmen. Auf die obigen Ausführungen kann sinngemäß verwiesen werden. Auch insoweit gilt, dass ab dem Vortag klar war, dass die Tiere nicht gesund waren und es der Klägerin über den bereits etablierten WhattsApp – Kanal unproblematisch eine – knappe – Frist zur Übernahme der Katzen in eigene Behandlung hätte setzen können und müssen.

Es gilt zuletzt auch für die am 19. März 2020 durchgeführten Maßnahmen. Die Kammer hat sich insoweit im Berufungsverfahren nochmals eingehend mit der Frage beschäftigt, ob jedenfalls diese Maßnahmen als Notfallmaßnahmen unverzüglich durchgeführt werden mussten und keine, wenn auch knappe, Fristsetzung mit dem damit verbundenen Aufschub duldeten. Dass dies der Fall war konnte die Klägerin jedoch nicht beweisen. Die hierzu eingeholte Stellungnahme der behandelnden Tierärztin erlaubt nicht den Schluss, dass die Behandlung der Katzen am 19. März 2020 keinerlei Aufschub duldete. Zwar erklärte die Ärztin, die Tiere seien in einem schlechten Pflegezustand und untergewichtig gewesen. Bedarf für eine sofortig am 19. März 2020 erforderliche Notfallversorgung ergeben sich aus den Angaben der Ärztin, die die Katzen auch für wahrscheinlich transportfähig hielt, hingegen nicht. Auch der WhattsApp-Verlauf zwischen den Parteien spricht eher nicht für eine derart akute Notfallsituation, dass eine – knappe – Fristsetzung nicht möglich gewesen wäre („Wir sind gut durch die Nacht“ (…) „hoffe, es ist nichts schlimmes“).

An dem Erfordernis der Fristsetzung ändert zuletzt auch der Umstand nichts, dass die Klägerin möglicherweise vor dem Arztbesuch nicht wissen konnte, ob und wie krank die Katzen sind und ob dies auf dem Zustand der Katzen vor dem Erwerb beruht oder sich erst nach Erwerb (Erkältung?) eingestellt hat. In der Rechtsprechung ist insoweit anerkannt, dass die Tatsache allein, dass der Käufer einer Sache bzw. eines Tieres nicht weiß, ob ein aufgetretener Defekt bzw. eine aufgetretene Erkrankung einen Mangel im Rechtssinn darstellt, ihn nicht von der Obliegenheit entlastet, dem Verkäufer Gelegenheit zur Nacherfüllung bzw. Behandlung auf eigene Kosten zu geben, bevor er selbst zur Tat schreitet.