Sozialrecht: Staatskasse muss Kosten für Gutachten übernehmen, wenn die Sachaufklärung gefördert wurde

27. November 2019 -

Das Landessozialgericht München hat mit Beschluss vom 27.11.2018 zum Aktenzeichen L 2 SB 109/17 B entschieden, dass die Staatskasse die Kosten für ein psychiatrisches Gutachten zum Nachweis eines höheren Grades der Behinderung tragen muss, wenn dieses Gutachten die Sachaufklärung wesentlich gefördert hat.

Aus der Pressemitteilung des Deutschen Anwaltsvereins SozR 07/2019 vom 25.11.2019 ergibt sich:

Bei dem Rechtsstreit ging es um Schwerbehindertenrecht. Der Kläger wollte einen höheren Grad der Behinderung (GdB) als 30 feststellen lassen. In der Klagebegründung bot er an, das Sachverständigengutachten für seine Behauptungen eingeholt werden können. Tatsächlich wurden dann auch drei Gutachten eingeholt. Der psychiatrische Gutachter stellte fest, dass ein GdB von 40 allein im psychiatrischen Bereich vorliege. Berücksichtige man auch die anderen Einschränkungen wie etwa Migräne und eine chronische Nebenhöhlenentzündung, liege ein Gesamt-GdB von 50 vor. Das Sozialgericht hörte in der Verhandlung noch einen weiteren Facharzt an, der zu einem Gesamt-GdB von 40 kam. Dies ergab sich neben den erwähnten Einschränkungen aus den seelischen Störungen, die der psychiatrische Gutachter festgestellt hatte. Daraufhin schlossen die Parteien vor Gericht einen Vergleich. Sie einigten sich auf einen GdB von 40. Gleichzeitig entschied das Sozialgericht, dass die Kosten der Gutachten nicht von der Staatskasse übernommen würden. Begründet wurde dies damit, dass der Kläger den Antrag zu einem Zeitpunkt gestellt habe, als das Sozialgericht überhaupt noch nicht in die Beweisaufnahme hätte eintreten können. Daher hätten auch noch keine Ermittlungen bis dahin stattgefunden.

Das LSG München hat die Entscheidung des Sozialgerichts geändert.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts übernimmt die Staatskasse, da das neurologische und das orthopädische Gutachten keine neuen Erkenntnisse gebracht hätten, die Kosten hierfür nicht. Das psychiatrische Gutachten habe aber neue wesentliche Anhaltspunkte für den Anspruch geliefert. Diese Ermittlungen hätte das Sozialgericht auch von Amts wegen selber durchführen müssen. Daher müsse die Landeskasse die Kosten des psychiatrischen Gutachtens bezahlen. Maßgebend sei, dass dieses die Sachaufklärung wesentlich gefördert habe. Es habe also neue Gesichtspunkte aufgezeigt, die für die Entscheidung erheblich waren. Im vorliegenden Fall habe das Gutachten der Sachaufklärung dadurch gedient, dass danach ein Vergleich geschlossen worden sei.