Staatliche Beihilfen: EU-Kommission genehmigt deutsche Beihilfe in Höhe von 525,3 Mio. Euro für die Fluggesellschaft Condor in der Coronakrise

28. Juli 2021 -

Deutsche Beihilfen in Höhe von 525,3 Mio. Euro für die Fluggesellschaft Condor in der Coronakrise sind mit den EU-Beihilfevorschriften vereinbar.

Aus EU-Aktuell vom 27.07.2021 ergibt sich:

Das gab die Europäische Kommission heute (Dienstag) bekannt. Die Genehmigung beruht auf drei separaten Kommissionsbeschlüssen. Sie betrifft zwei mit insgesamt 204,1 Mio. Euro ausgestattete Maßnahmen, um die Schäden, die Condor durch den Ausbruch des Coronavirus erlitten hat, auszugleichen. Außerdem umfasst sie eine Umstrukturierungshilfe in Höhe von 321,2 Mio. Euro, mit der die Rentabilität von Condor wiederhergestellt werden soll.

„Der Luftfahrtsektor leidet besonders stark unter den verschiedenen Reisebeschränkungen, mit denen die Ausbreitung des Coronavirus eingedämmt werden soll“, sagte die für Wettbewerbspolitik zuständige Exekutiv-Vizepräsidentin der Kommission Margrethe Vestager. „Mit den heute genehmigten Maßnahmen wird Deutschland Condor für Einbußen entschädigen, die dem Unternehmen unmittelbar durch diese Beschränkungen entstanden sind. Gleichzeitig wird der Umstrukturierungsplan für Condor, den wir ebenfalls heute genehmigt haben, die langfristige Rentabilität der Fluggesellschaft gewährleisten.“

Die Beihilfemaßnahmen Deutschlands

Die deutsche Charterfluggesellschaft Condor erbringt Luftverkehrsdienste für Privatkunden und Reiseveranstalter von ihren Drehkreuzen in Deutschland aus, wobei der Schwerpunkt auf dem Freizeitreisemarkt liegt. Weltweit werden 126 Ziele bedient. Die Beschränkungen, die sowohl in Deutschland als auch in anderen EU-Mitgliedstaaten und Drittländern zur Eindämmung des Coronavirus eingeführt wurden, haben die Tätigkeiten von Condor stark beeinträchtigt, insbesondere in Bezug auf Auslands- und Interkontinentalflüge. Dadurch sind Condor seit dem 17. März 2020 erhebliche Verluste entstanden.

Nachdem das Gericht der Europäischen Union (EuG) einen Beschluss der Kommission vom 26. April 2020 für nichtig erklärt hatte, mit dem der Schadenersatz zugunsten von Condor für den Zeitraum vom 17. März bis zum 31. Dezember 2020 genehmigt worden war (zwei Darlehen mit einem Nennwert von 550 Mio. Euro und ein Beihilfebetrag von insgesamt 267,1 Mio. Euro, beruhend auf Vorab-Schätzungen des Schadens), hat die Kommission heute einen neuen Beschluss erlassen, der auf einer nachträglichen Analyse des tatsächlich entstandenen Schadens („Condor I“) und dem EuG-Urteil beruht.

Condor ist zwischen dem 17. März und dem 31. Dezember 2020 aufgrund der Coronakrise und der damit verbundenen Reisebeschränkungen ein Schaden entstanden, der unter dem ursprünglich geschätzten Betrag liegt. Im Einklang mit der Rückforderungsverpflichtung Deutschlands gemäß dem Beschluss der Kommission vom April 2020 wird Condor den Vorteil zurückzahlen, der über den nachträglich berechneten tatsächlichen Schadensbetrag hinausgeht, zuzüglich Zinsen. Daher genehmigt die Kommission heute mit einem ersten Beschluss (Condor I) Darlehen in Höhe von insgesamt 144,1 Mio. Euro als Schadensersatz für den Zeitraum vom 17. März bis zum 31. Dezember 2020.

Mit einem zweiten Beschluss hat die Kommission außerdem zusätzlichen Schadenersatz in Höhe von 60 Mio. Euro für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Mai 2021 genehmigt („Condor II“). Bei dieser Beihilfemaßnahme handelt es sich um die Abschreibung eines Teils der bestehenden Darlehen, die mit dem für nichtig erklärten Beschluss vom April 2020 genehmigt worden waren (ursprünglicher Schadensersatz für den Zeitraum vom 17. März 2020 bis zum 31. Dezember 2020, s. o.).

Drittens meldete Deutschland auch eine geplante Umstrukturierungsbeihilfe für Condor bei der Kommission an. Im Rahmen dieser Beihilfe sollen zusätzliche 90 Mio. Euro der bestehenden Darlehen abgeschrieben, der verbleibende Darlehensbetrag umstrukturiert sowie Zinsen in Höhe von 20,2 Mio. Euro abgeschrieben werden. Die Zinsen sind aus dem vorübergehenden Zugang zu überschüssigen Mitteln, über den Condor auf der Grundlage der vorab berechneten Schadenshöhe verfügte, erwachsen. Mit diesen Maßnahmen wird der Umstrukturierungsplan von Condor, der seit Oktober 2019 gilt und im September 2023 auslaufen soll, mit insgesamt 321,2 Mio. Euro unterstützt.

Beihilferechtliche Würdigung der Kommission

Die Kommission hat die Schadensersatzmaßnahmen auf der Grundlage des Artikels 107 Absatz 2 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) geprüft. Danach kann die Kommission Beihilfen der Mitgliedstaaten für bestimmte Unternehmen oder Wirtschaftszweige genehmigen, denen aufgrund außergewöhnlicher Ereignisse Schäden entstanden sind.

Der Ausbruch der Coronavirus-Pandemie stellt nach Auffassung der Kommission ein solches außergewöhnliches Ereignis dar, da diese beispiellose Situation nicht vorhersehbar war und sich erheblich auf die Wirtschaft auswirkt. Folglich sind Sondermaßnahmen der Mitgliedstaaten zum Ausgleich von pandemiebedingten Einbußen gerechtfertigt.

Im ersten Ausgleichzeitraum vom 17. März bis zum 30. Juni 2020 wird die angemeldete Maßnahme Condor einen Ausgleich für Einkommensverluste bieten, die dem Unternehmen durch die in Deutschland, der EU und Drittländern zur Eindämmung des Coronavirus geltenden Reisebeschränkungen entstanden sind.

Im zweiten Ausgleichszeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Mai 2021 wird die angemeldete Maßnahme Condor für die Einbußen entschädigen, die durch verbleibende oder neue Reisebeschränkungen für bestimmte Strecken entstanden sind.

Daher stellte die Kommission fest, dass die Maßnahmen Schäden ausgleichen, die Condor unmittelbar in Zusammenhang mit dem Ausbruch des Coronavirus und den damit verbundenen Reisebeschränkungen entstanden sind.

Die Kommission stellte ferner fest, dass die Maßnahmen verhältnismäßig sind. Insbesondere wird in der von Deutschland für die Ausgleichszahlung für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis 31. Mai 2021 vorgelegten quantitativen Analyse für die einzelnen Strecken der Schaden, der auf die für bestimmte Strecken noch geltenden Reisebeschränkungen zurückzuführen ist, angemessen ermittelt, sodass der Ausgleich nicht höher ist als erforderlich, um den Schaden für diese Strecken zu beheben. Es ist somit ausgeschlossen, dass die Beihilfe die Verluste übersteigen könnte.

In Bezug auf die von Deutschland angemeldete Umstrukturierungsbeihilfe hat die Kommission die Maßnahmen auf der Grundlage ihrer Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten geprüft.

Die Kommission gelangte zu dem Ergebnis, dass Condor im Einklang mit den Leitlinien ein umfassendes Paket von Umstrukturierungsmaßnahmen durchführt, mit denen die langfristige Rentabilität wiederhergestellt werden soll. Darüber hinaus leisten Condor und der neue Privatinvestor Attestor einen erheblichen Eigenbeitrag zu den Umstrukturierungskosten, da sie mehr als 70 Prozent dieser Kosten tragen werden. Die Gläubiger haben der Abschreibung von Forderungen in Höhe von mehr als 630 Mio. Euro zugestimmt. Ferner hat sich Attestor verpflichtet, Kapital in Höhe von 200 Mio. EUR zuzuführen und weitere 250 Mio. Euro für die Erneuerung der Condor-Flotte bereitzustellen. Die Flottenerneuerung trägt zu den im Grünen Deal festgelegten Zielen der Kommission bei, indem die alternden Flugzeuge von Condor durch neue, effiziente Flugzeuge ersetzen werden, sodass der Verbrauch fossiler Brennstoffe und der CO2-Ausstoß abnehmen. Schließlich hat Condor zugesagt, während des Umstrukturierungszeitraums (bis September 2023) eine Obergrenze bezüglich der Flottenkapazität einzuhalten, um durch die Umstrukturierungsbeihilfe verursachte etwaige Wettbewerbsverzerrungen zu begrenzen.

Die Kommission hat daher den von Deutschland vorgelegten Umstrukturierungsplan genehmigt und ist zu dem Schluss gelangt, dass die Umstrukturierungsbeihilfe mit den EU-Vorschriften im Einklang steht, da sie Condor wieder zu langfristiger Rentabilität führt, ohne den Wettbewerb und den Handel auf dem deutschen Freizeitflugverkehrsmarkt übermäßig zu beeinträchtigen.