Tierhaltungsverbot: Keine Vollstreckung für die Zukunft – VGH Mannheim stoppt präventive Androhung unmittelbaren Zwangs

17. Mai 2025 -

Ein aktueller Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg (Beschluss vom 30.04.2025 – 6 S 1341/24) sorgt für mehr Rechtssicherheit bei der Durchsetzung von Tierhaltungsverboten. Die Richterinnen und Richter aus Mannheim stellten klar: Ein Tierhaltungsverbot darf nicht pauschal mit der Ankündigung flankiert werden, künftig angeschaffte Tiere automatisch per unmittelbarem Zwang wegzunehmen. Eine solche Maßnahme bedarf vielmehr einer konkreten und vollstreckbaren behördlichen Entscheidung im Einzelfall.


Sachverhalt: Hund weggenommen – generelles Betreuungsverbot ausgesprochen

Im Zentrum der Entscheidung steht eine Hundehalterin aus Freiburg, der aufgrund tierschutzrechtlicher Verstöße der Hund weggenommen wurde. Zugleich untersagte das zuständige Landratsamt ihr mit Bescheid, künftig Hunde zu halten oder zu betreuen. Um das Halteverbot durchzusetzen, kündigte die Behörde vorsorglich an, neu angeschaffte Hunde künftig unmittelbar wegzunehmen – also ohne weitere behördliche Entscheidung oder Mitwirkung der Frau.

Gegen diese Anordnung wandte sich die Betroffene mit einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Freiburg – und hatte Erfolg. Die Behörde legte daraufhin Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ein. Doch auch die zweite Instanz bestätigte: Ein solcher Automatismus ist rechtswidrig.


Rechtlicher Hintergrund: Vollstreckung setzt konkrete Grundverfügung voraus

Der VGH Mannheim prüfte im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO, ob das Interesse der Hundehalterin an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung überwiegt. Ergebnis: Ja – denn es fehle bereits an einer rechtmäßigen Grundlage für eine mögliche Vollstreckung.

Nach Ansicht des Gerichts lässt sich aus § 28 Abs. 1 des Landesverwaltungsvollstreckungsgesetzes Baden-Württemberg (LVwVG BW) entnehmen, dass eine konkrete Sache vorliegen muss, die durch Vollstreckungsmaßnahmen – etwa durch Wegnahme – gesichert werden kann. Die angedrohte Wegnahme eines hypothetisch in der Zukunft angeschafften Hundes erfülle dieses Kriterium gerade nicht.

Der VGH stellte klar: Die Wegnahme eines Tieres im Wege des unmittelbaren Zwangs erfordert zunächst eine bestandskräftige oder sofort vollziehbare Herausgabe- oder Sicherstellungsverfügung. Diese müsse sich auf ein bestimmtes Tier beziehen. Erst auf dieser Grundlage könne dann eine tatsächliche Zwangsmaßnahme erfolgen.


Keine Vollstreckung „ins Blaue hinein“

Der Beschluss setzt ein klares Signal gegen vorsorgliche Verwaltungsmaßnahmen ohne konkrete Tatsachengrundlage. Verwaltungsakte dürfen sich nicht auf zukünftige, hypothetische Sachverhalte beziehen, für die weder eine konkrete Gefahr noch ein greifbares Vollstreckungsobjekt besteht.

Mit dieser Entscheidung stärkt der VGH auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Verwaltungsrecht. Behörden dürfen nicht pauschal und vorsorglich mit repressiven Maßnahmen drohen, ohne zuvor eine konkrete Grundlage für ihr Handeln zu schaffen. Eine solche Praxis wäre nicht nur rechtlich problematisch, sondern könnte auch Betroffene in unzumutbarer Weise in ihren Rechten beschneiden.


Fazit: Behörden müssen konkrete Einzelfallentscheidungen treffen

Der Beschluss des VGH Mannheim zeigt: Auch bei wiederholten oder schwerwiegenden tierschutzrechtlichen Verstößen müssen sich die Behörden an die rechtsstaatlichen Vorgaben halten. Ein Tierhaltungsverbot allein reicht nicht aus, um zukünftige Vollstreckungsmaßnahmen automatisiert und ohne weitere Grundlage durchzusetzen. Für jedes Tier, das trotz eines bestehenden Verbots angeschafft wird, muss ein eigener Verwaltungsakt – etwa eine Herausgabeanordnung – erlassen werden. Erst dieser kann sodann Grundlage für Zwangsmaßnahmen nach dem LVwVG BW sein.


Tipp für Betroffene: Wer sich gegen tierschutzrechtliche Anordnungen wehren möchte, sollte die Rechtmäßigkeit der zugrundeliegenden Verwaltungsakte stets kritisch prüfen lassen. Pauschale Androhungen von Zwangsmaßnahmen ohne konkrete Verfügung sind angreifbar – und können mit gerichtlichem Eilrechtsschutz gestoppt werden.