Das Landgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 20.9.2023 zum Aktenzeichen 2-24 O 62/21 über einen Fall entschieden, bei dem ein Reisender Schmerzensgeld beanspruchte, weil er auf einer Busreise viele Stunden nicht auf die Toiletten gehen konnte.
Aus der Pressemitteilung des LG Frankfurt am Main vom 10.07.2024 ergibt sich:
Der Kläger buchte eine 14-tätige Busreise nach Polen plus Ausflug nach Stettin zu einem Gesamtpreis von rund 700 Euro. Laut Reiseunterlagen stand im Reisebus aufgrund der seinerzeitigen Corona-Pandemie keine Toilette zur Verfügung. Regelmäßige Pausen im Abstand von 90 bis ca. 120 Minuten waren eingeplant. Nach Zustieg aller Gäste in Stuttgart erfolgte der letzte Stopp auf der Höhe von Erfurt. Danach geriet der Bus in verschiedene Staus. Auf Drängen mehrerer Gäste öffnete der Busfahrer später doch die Bustoilette.
Im Hotel in Polen angekommen zeigten sich beim Kläger gesundheitliche Beschwerden. Der örtliche Reiseleiter organisierte einen Arztbesuch im Hotel für den übernächsten Tag. Der Arzt verordnete Medikamente und erkundigte sich in den darauffolgenden Tagen nach dem Befinden des Klägers. Dieser wünschte jedoch, ausschließlich in ein deutsches Krankenhaus gebracht zu werden. Als seine Beschwerden sich nicht besserten, begab er sich auf eigene Kosten mittels Taxi in ein deutsches Krankenhaus, wo er vier Tage lang stationär behandelt wurde.
Im späteren Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main trug der Kläger vor, es habe auf der Busfahrt zwischen dem letzten Halt um 10 Uhr bis 14 Uhr keine Möglichkeit für einen Toilettengang bestanden. Er habe vier Stunden unter quälendem Harndrang gelitten. Dies habe zu gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Dauerfolgen geführt, denn er habe in den folgenden acht Tagen weder Urin noch Stuhlgang lassen können. Mit seiner Klage verlangte er neben der Erstattung der Reise- und Beförderungskosten unter anderem auch ein Schmerzensgeld von mindestens 3.000 Euro.
Die Reiserechtskammer des Landgerichts Frankfurt am Main wies die Klage ab, nachdem sie mehrere Zeugen zu den Abläufen auf der Busfahrt vernommen hatte. Nach deren Aussagen konnte das Gericht nicht die Überzeugung gewinnen, dass es seit dem Halt bei Erfurt tatsächlich vier Stunden dauerte, bis die Bustoilette geöffnet wurde. Außerdem habe der Kläger nach seinen eigenen Angaben sein Unwohlsein zwar den Mitreisenden mitgeteilt, nicht aber dem Busfahrer. Die Reiserechtskammer führte weiter aus: „Dass (…) der Bus in einen bzw. mehrere Staus geriet, ist der Beklagten nicht anzulasten, sondern Bestandteil des allgemeinen Lebensrisikos einer Bus- oder Autofahrt.“
Eine Pflichtverletzung des Reiseveranstalters während des Hotelaufenthaltes in Polen vermochte die Kammer ebenfalls nicht zu erkennen. Zwar sei „der Reiseveranstalter verpflichtet, dem Reisenden, welcher sich z.B. wegen gesundheitlichen Beschwerden in Schwierigkeiten befindet, unverzüglich in angemessener Weise Bestand zu leisten.“ Ein angemessener Beistand sei dem Kläger durch den örtlichen Reiseleiter aber gewährt worden. „Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, der örtliche Reiseleiter hätte (…) einen Transfer in ein deutsches Krankenhaus veranlassen müssen, überspannt er die Beistandspflichten der Beklagten“, befand die Reiserechtskammer. „Den Transport in ein polnisches Krankenhaus wünschte der Kläger hingegen unstreitig nicht.“