Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung – Pfändungsfreibetrag

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 31. Mai 2023 zum Aktenzeichen 5 AZR 273/22 entschieden, dass die vereinbarte Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung regelmäßig eine Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung und damit ein Sachbezug iSv. § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO ist. Der Wert dieses Sachbezugs beläuft sich grundsätzlich auf 1 % des Listenpreises des PKW zzgl. Sonderausstattungen und Umsatzsteuer im Zeitpunkt der Erstzulassung. Nach § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO darf dieser Wert allerdings nicht die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts übersteigen. Der unpfändbare Betrag des Entgelts muss dem Arbeitnehmer in Geld ausgezahlt werden. Zur Ermittlung des pfändbaren Teils des Einkommens sind Geld- und Sachleistungen nach den vollstreckungsrechtlichen Vorschriften zusammenzurechnen. Nicht einbezogen wird dabei der steuerlich zu berücksichtigende geldwerte Vorteil für die Nutzung des PKW auf dem Weg von der Wohnung zum Betrieb in Höhe von monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer (sog. 0,03 %-Regelung).

Aus der Pressemitteilung des BAG Nr. 26/23 vom 31.05.2023 ergibt sich:

Der verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist bei der Beklagten in der Marketing-Abteilung beschäftigt. Im Laufe des Arbeitsverhältnisses hat die Beklagte ihm anstelle einer Entgelterhöhung einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen. Die Entgeltabrechnungen des Klägers weisen neben dem Bruttomonatsgehalt (zuletzt 4.285,00 Euro) geldwerte Vorteile für die PKW-Nutzung (445,00 Euro) und die Entfernungskilometer (747,60 Euro) zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (56 km) aus. Aus der Summe dieser drei Beträge hat die Beklagte nach Abzug von Steuern und Sozialversicherung das Nettoentgelt und nach weiterem Abzug der beiden geldwerten Vorteile den Auszahlungsbetrag errechnet.

Mit seiner Klage hat der Kläger – soweit für das Revisionsverfahren noch von Relevanz – Vergütungsdifferenzen im Nettoentgelt iHv. 29.639,14 Euro für die Zeit von Januar 2017 bis April 2020 verlangt. Er hat geltend gemacht, bei Zahlung der Vergütung, die neben Geld auch den Sachbezug der Privatnutzungsmöglichkeit des PKW umfasse, seien die Pfändungsgrenzen, die sich aus drei Unterhaltspflichten ergäben, nicht beachtet worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage insoweit abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Beklagte zur Zahlung der geforderten Nettovergütungsdifferenzen verurteilt.

Die hiergegen gerichtete, vom Senat nachträglich zugelassene Revision der Beklagten hatte vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Das Berufungsgericht hat bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens iSv. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO zu Unrecht den nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG** zu bemessenden Wert für die Nutzung des überlassenen Fahrzeugs für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte einbezogen. Zur Berechnung des pfändbaren Einkommens sind nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO*** Geld- und Naturalleistungen zusammenzurechnen. Zu Letzteren gehört die Überlassung eines dienstlichen PKW zur privaten Nutzung. Der Wert beträgt 1 % des Listenpreises. Keine Naturalleistung iSd. vollstreckungsrechtlichen Bestimmung stellt der nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG anzusetzende geldwerte Vorteil für die Nutzung des Fahrzeugs auf dem Weg von der Wohnung zum Betrieb in Höhe von monatlich 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer dar. Hierbei handelt es sich nicht um einen Sachbezug iSv. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO, sondern um einen steuerrechtlich relevanten Korrekturposten für den pauschalen Werbungskostenabzug. Er ist daher bei der Berechnung des pfändbaren Einkommens nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO nicht einzubeziehen. Von dem – somit niedriger als vom Landesarbeitsgericht angenommen – anzusetzenden Betrag sind gem. § 850e Nr. 1 ZPO Steuern und Sozialversicherungsbeiträge in Abzug zu bringen. Aus dem so ermittelten pfändbaren Einkommen sind sodann nach Maßgabe von § 850c ZPO und der einschlägigen Pfändungsfreigrenzenbekanntmachungen die Pfändungsgrenzen zu ermitteln. Dabei ist Abs. 6 dieser Regelung, wonach nach billigem Ermessen Einkünfte der unterhaltsberechtigten Person (hier des Ehegatten) ganz oder teilweise berücksichtigt werden können, entsprechend anzuwenden. Nachdem das Landesarbeitsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat und auch die für die Berechnung der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge erforderlichen Tatsachen vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden sind, war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.