Vergütungsanspruch des Krankenhauses bei stationärer Magenband-OP nach Ablehnung gegenüber dem Versicherten

Das Sozialgericht Stuttgart hat am 12.04.2021 zum Aktenzeichen S 22 KR 2178/19 entschieden, dass eine Krankenkasse nach § 275 Absatz 1 Nummer 1 SGB V verpflichtet ist, zur Notwendigkeit der Leistung eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) einzuholen.

Aus der Pressemitteilung des SG Stuttgart vom 02.08.2021 ergibt sich:

Diese Prüfung ist nach § 39 Abs. 1 Nr. 1 SGB V spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen. Nach Ablauf der Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V sind Krankenkasse und MDK auf die Daten beschränkt, die das Krankenhaus der Krankenkasse im Rahmen seiner Informationsobliegenheiten bei der Krankenhausaufnahme und zur Abrechnung zur Verfügung gestellt hat. Die Prüfung beschränkt sich danach auf den Sachverhalt, wie er sich aus den nach § 301 Abs. 1 SGB V übermittelten Daten darstellt. Es reicht nicht, dass die Beklagte gegenüber dem Versicherten im Verwaltungsverfahren aufgrund dessen Antrags bei ihr den MDK beauftragt hat. Die Ablehnung gegenüber dem Versicherten, auf die sich die Beklagte beruft, berührt insofern nicht den Vergütungsanspruch des klagenden Krankenhauses. Insofern ist das Abrechnungsverhältnis zwischen Krankenkasse und Krankenhaus vom Behandlungsverhältnis zwischen Krankenhaus und Versichertem sowie vom Versicherungsverhältnis zwischen Versichertem und Krankenkasse, kraft dessen der Versicherte nach Maßgabe des § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V die Krankenhausbehandlung als Naturalleistung (Sachleistung) verlangen kann, zu trennen.

Streitig war hier die Abrechnung einer im Krankenhaus der Klägerin durchgeführten Schlauchmagen-Operation bei Adipositas-Erkrankung. Die beklagte Krankenkasse war der Ansicht, ein Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 c SGB V sei nicht notwendig gewesen. Sie machte geltend, dass sie im vorliegenden Fall den MDK nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V eingeschaltet habe, nachdem die Versicherte bei ihr einen Antrag auf Kostenübernahme der stationären Magenband-OP in einem anderen Krankenhaus als bei der Klägerin gestellt hatte.

Die Beklagte ging nach Auffassung der Kammer zu Unrecht davon aus, dass die im Versicherungsverhältnis getroffene Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Kostenübernahme einer Magenband-OP (zudem noch in einem anderen Krankenhaus als demjenigen der Klägerin) nicht vorlägen, auf das Abrechnungsverhältnis durchschlage und deshalb ein Zahlungsanspruch des klagenden Krankenhauses nicht entstanden sei.

Die Kammer schloss sich dem Bundessozialgericht (BSG) an, welches bereits entschieden hat, dass die im Versicherungsverhältnis ergangene bindende Leistungsablehnung mangels Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit für das Abrechnungsverhältnis ohne Bedeutung ist (vgl. BSG, Urteil vom 17. Mai 2000, B 3 KR 33/99 R; Urteil vom 11. April 2002, B 3 KR 24/01 R, jeweils bei juris). Diese Rechtsprechung weitergeführt, könne auch die Befassung des MDK im Verwaltungsverfahren zwischen Krankenkasse und Versichertem als vorgelagerte Prüfung des Bestehens eines Sachleistungsanspruchs nicht das MDK-Prüfverfahren im Verhältnis zwischen Krankenhausträger und Krankenkasse i. R. d. nachgelagerte Abrechnungsprüfung ersetzen. Andernfalls würde das bereits beschriebene vorgesehene Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V samt seinem Schutzzweck bzw. das vom BSG (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 16. Mai 2012, B 3 KR 14/11 R, Rn. 18ff., bei juris) entwickelte dreistufige Prüfverfahren samt der Auskunfts- und Mitwirkungspflichten der beteiligten Krankenkasse und des beteiligten Krankenhauses leerlaufen.

Die Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg wurde eingelegt.