Verlegung eines Häftlings in eine andere Justizvollzugsanstalt

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 17. August 2021 zum Aktenzeichen 2 BvR 1368/20 entschieden, dass die Verlegung eines Häftlings in eine andere Justizvollzugsanstalt verfassungswidrig ist.

Wird ein Strafgefangener gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, greift dies in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein. Die Verlegung kann für den Gefangenen mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein. Insoweit ist insbesondere in den Blick zu nehmen, dass sämtliche in der Justizvollzugsanstalt entwickelten sozialen Beziehungen praktisch abgebrochen werden und der schwierige Aufbau eines persönlichen Lebensumfelds in einer anderen Justizvollzugsanstalt von neuem begonnen werden muss. Darüber hinaus kann eine Verlegung − nicht nur aus den genannten Gründen − auch die Resozialisierung des Strafgefangenen beeinträchtigen und somit dessen durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelten Anspruch auf einen Strafvollzug, der auf das Ziel der Resozialisierung ausgerichtet ist. Verlegungen, die nicht ihrerseits durch Resozialisierungsgründe bestimmt sind, bedürfen daher einer Rechtfertigung.

In Bezug auf Haftverlegungen ist ein schutzwürdiges Interesse an einer gerichtlichen Überprüfung wegen der fortwirkenden Beeinträchtigung der Resozialisierung daher schon dann anzunehmen, wenn ein Beschwerdeführer gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt worden ist.

Diese Anforderungen überspannt das Oberlandesgericht, indem es die berührten Grundrechte des Beschwerdeführers im Rahmen seiner eigenen Ausführungen und Wertungen zum fehlenden Feststellungsinteresse außer Acht lässt. Das Oberlandesgericht hat ein Feststellungsinteresse des Beschwerdeführers verneint, da weder Wiederholungsgefahr noch ein schwerer Grundrechtseingriff vorlägen. Dabei hat es die Auswirkungen der Verlegung auf die verfassungsrechtlich gebotene Resozialisierung des Beschwerdeführers nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Deshalb geht das Oberlandesgericht in der weiteren Folge zu Unrecht von einem fehlenden Feststellungsinteresse aus. Dadurch wird das Grundrecht des Beschwerdeführers auf möglichst lückenlose Rechtsschutzgewährung verletzt.

Es ist insofern unerheblich, dass es sich um eine Verlegung innerhalb des geschlossenen Vollzugs handelt, denn auch in diesem Fall werden sämtliche in der Justizvollzugsanstalt entwickelten sozialen Beziehungen praktisch abgebrochen und der schwierige Aufbau eines persönlichen Lebensumfelds in einer anderen Justizvollzugsanstalt muss von neuem begonnen werden. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer substantiiert dargelegt, dass die Unterbringung in der anderen Justizvollzugsanstalt mit weiteren Einschränkungen, wie vermehrtem Einschluss, der Unterbringung in einem Haftraum mit einer weiteren Person auf beengterem Raum, verbunden war. Zudem galten in der Justizvollzugsanstalt, in die er verlegt wurde, andere Sicherheitsvorkehrungen, welche seine Rechte intensiver beschränkten, wie beispielsweise Fesselungen bei Gerichtsterminen und Arztbesuchen. Überdies hatte die Verlegungsentscheidung Auswirkungen auf die Beurteilung seiner Eignung für den offenen Vollzug. Infolge der Herausnahmeverfügung hätte sich der Beschwerdeführer erneut für die Dauer von einem halben Jahr bewähren müssen. Die Tatsache, dass die Verlegung in den offenen Vollzug bereits nach vier Monaten erfolgte, ändert an den für ihn negativen Auswirkungen nichts.