Verschärfung der Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien durch Adoptionshilfegesetz

Der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) kritisiert die Verschärfung der Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien durch das am 28.05.2020 im Bundestag beschlossene Adoptionshilfegesetz.

Aus der Pressemitteilung des djb vom 29.05.2020 ergibt sich:

„Drei Jahre nach Öffnung der Ehe für alle, gründen Frauen immer noch in enormer Rechtsunsicherheit Familien. Lesbische Mütter und ihre Familien werden durch die fehlende Möglichkeit originärer rechtlicher Elternschaft massiver Diskriminierung ausgesetzt. Die Überprüfung der Familie durch das Jugendamt im Rahmen der Adoption ist stigmatisierend, die lange Dauer der Verfahren extrem belastend und ganz und gar nicht im Sinne des Kindeswohls. Die nun eingeführte Beratungspflicht im Adoptionshilfegesetz verschärft die Diskriminierung lesbischer Eltern zusätzlich.“, so Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb.

Auch drei Jahre nach der Öffnung der Ehe für Alle habe ein Kind, das in eine bestehende Ehe von zwei Frauen geboren wird, nur einen Elternteil. Während der Ehemann der Gebärenden gemäß § 1592 Nr. 1 BGB mit der Geburt des Kindes automatisch zweiter rechtlicher Elternteil werde, sei die Ehefrau mangels abstammungsrechtlicher Regelung auf die Stiefkindadoption verwiesen, um in die zweite Elternstelle einrücken zu können. Gleiches gelte im Übrigen, wenn der zweite Elternteil personenstandsrechtlich als „divers“ eingetragen sei.

Auch eine Anerkennung gemäß § 1592 Nr. 2 BGB sei nur für einen „Mann“ möglich. Beides kritisiert der djb und fordert ein diskriminierungsfreies Abstammungsrecht. Dies lasse aber auf sich warten. Stattdessen sei am 28.05.2020 eine Verschärfung der Diskriminierung von Zwei-Mütter-Familien beschlossen und eine verpflichtende Beratung vor der Stiefkindadoption eingeführt worden. Die Zielsetzung des § 9a AdVermiG erscheine insbesondere im Fall lesbischer Familien völlig überzogen, da eine Adoption ausscheide, wenn eine Beratung nicht stattgefunden habe. Der djb kritisiert mit Nachdruck, dass Änderungsanträge, die eine Ausnahme vorgesehen haben, wenn das Kind in eine bestehende Ehe geboren wird, in der Abstimmung im Bundestag am 28.05.2020 abgelehnt wurden.

Mittlerweile erfolgten 23% der Stiefkindadoptionen durch lesbische Paare, obwohl es sich nicht um Stief- sondern um Ursprungsfamilien handele. Der aufgezeigte Weg werde nun noch zusätzlich erschwert: Denn § 9a AdVermiG zwinge gleichsam on top noch in eine Beratung.

Bei der Stiefkindadoption müssten grundsätzlich alle Verfahrensschritte einer Fremdkindadoption durchlaufen werden. So werden beide Mütter amtlich auf ihre Elterneignung geprüft, müssten ihre Vermögensverhältnisse und ihren Gesundheitszustand offenlegen. Die lange Dauer der Verfahren berge zudem große Unsicherheiten für die Familie und widerspreche dem Kindeswohl: Wenn gar die Geburtsmutter sterbe, bleiben die zweite Mutter und das Kind rechtlich im schlimmsten Fall ungesichert zurück. Aber auch wenn sich die zweite Mutter plötzlich gegen eine Adoption des Kindes entscheide, seien Erbansprüche des Kindes gegen sie und auch Unterhaltsansprüche ungewiss.

Brigitte Meyer-Wehage, Vorsitzende der familienrechtlichen Kommission im djb, mahnt: „Das Problem ist seit nunmehr drei Jahren bekannt, es liegen gleich mehrere Gesetzentwürfe und ein Diskussionsteilentwurf aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vor. Es ist an der Zeit, zu handeln, auch und vor allem zum Wohl der betroffenen Kinder.“