Versicherungsschutz für Hundebiss

20. August 2020 -

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat sich im Urteil vom 20.07.2020 zum Aktenzeichen 7 U 47/19 mit der Frage befasst, wann eine bewusste Pflichtverletzung einer Hundehalterin vorliegt, so dass eine Tierhalterhaftpflichtversicherung für die Folgen eines Hundebisses nicht einstehen muss.

Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt Nr. 62/2020 vom 19.08.2020 ergibt sich:

Die Klägerin hält einen Mischlingshund. Sie hat bei der Beklagten u.a. eine Tierhalterhaftpflichtversicherung abgeschlossen. In den allgemeinen Versicherungsbedingungen heißt es in Ziff. F.3: „Ausgeschlossen bleiben Ansprüche gegenüber jedem Versicherungsnehmer oder Versicherten, der den Schaden durch bewusstes Abweichen von der Haltung und Züchtung von Hunden dienenden Gesetzen, Verordnungen und behördlichen Verfügungen oder Anordnungen am Wohnort des Versicherungsnehmers verursacht hat.“
Nachdem der Hund 2011 ein zehnjähriges Mädchen gebissen hatte, ordnete das zuständige Kreisverwaltungsreferat im Juni 2012 an, „dass Begegnungskontakte des Hundes mit Kindern bis ca. 14 Jahren … zu vermeiden seien“.
Im Juni 2012 hielt sich die Klägerin mit ihrem angeleinten Hund in einer öffentlichen Parkanlage mit Spielplatzgelände auf einer Parkbank auf und unterhielt sich mit einer Bekannten. Ein zweijähriges Kind näherte sich dem Hund, streichelte ihn am Rücken und tastete sich weiter vor in Richtung Kopf. Der Hund knurrte und biss das Kind ins Gesicht, das hierbei schwere Verletzungen erlitt und eineinhalb Monate stationär behandelt werden musste. Gegen die Klägerin erging ein Strafbefehl wegen fahrlässiger Körperverletzung. Sie wurde außerdem verurteilt, an das Kind knapp 100.000 Euro zu zahlen.
Die Klägerin nimmt die beklagte Versicherung auf Freistellung von den Zahlungsansprüchen des Kindes in Anspruch.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Gegen die Entscheidung legte die Klägerin Berufung ein.

Die Berufung der Klägerin hatte vor dem OLG Frankfurt Erfolg.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hat die Hundehalterin aus der abgeschlossenen Tierhalterhaftpflichtversicherung einen Anspruch auf Freistellung von Ansprüchen. Die Beklagte könne sich nicht auf den Risikoausschluss nach Ziff. F.3 der allgemeinen Versicherungsbedingungen berufen.

Die Regelung in Ziffer F.3 sei zwar wirksam. Sie enthalte weder eine unangemessene Benachteiligung noch sei sie ungewöhnlich oder überraschend. Schließlich genüge sie auch dem Transparenzgebot, da sie eindeutige und festumrissene Begriffe aus der Rechtssprache verwende. Die Verpflichtung, eine Klausel klar und deutlich zu formulieren, bestehe nur im Rahmen des Möglichen. Allgemeine Geschäftsbedingungen könnten nicht stets so formuliert werden, dass dem Kunden jedes eigene Nachdenken erspart bleibe. Folglich sei es unschädlich, dass nicht sämtliche Gesetze, Verordnungen, Verfügungen und Anordnungen, die der Züchtung und Haltung von Hunden dienen, in der Klausel aufgezählt würden.

Hier habe die Klägerin aber nicht bewusst gegen die Haltung und Züchtung von Hunden dienenden Gesetze, Verordnungen und behördliche Verfügungen verstoßen. Eine konkrete vorsätzlich begangene Pflichtverletzung sei nicht festzustellen. Ein bewusst pflichtwidriges Verhalten liege vor, wenn der Versicherungsnehmer seine Pflicht wissentlich verletze. Erforderlich sei damit jedenfalls bedingter Vorsatz.

Hier sei nicht nachweisbar, dass die Klägerin gewusst habe, dass das Betreten des Geländes mit einem Hund verboten gewesen sei. Die Klägerin habe unwiderlegt ausgeführt, dass sie den Spielplatz zuvor nicht gekannt habe. Sie habe auch keine Verbotsschilder für Hunde wahrgenommen. Es sei auch nicht nachgewiesen, dass ihr der Bescheid der Kreisverwaltung vorher bekannt gewesen sei.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Beklagte kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH die Zulassung der Revision begehren.