Verurteilung wegen „Fake-Anrufen“ zu langjähriger Haftstrafe

25. Februar 2020 -

Das Landgericht Osnabrück hat mit Urteil vom 24.02.2020 zum Aktenzeichen 12 KLs 17/19 erneut einen Angeklagten wegen sogenannter „Fake-Anrufe“ zulasten älterer Menschen zu einer Haftstrafe verurteilt.

Aus der Pressemitteilung des LG Osnabrück Nr. 10/2020 vom 24.02.2020 ergibt sich:

Der heute 29 Jahre alte Mann aus der Türkei muss wegen (versuchten) banden- und gewerbsmäßigen Betruges in fünf Fällen, unter Einbeziehung der Strafe aus einer früheren Verurteilung, für fünf Jahre und drei Monate ins Gefängnis.

Das LG Osnabrück sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte mindestens von Oktober 2018 bis Februar 2019 Mitglied einer Tätergruppierung war, die in großem Stil von Izmir (Türkei) aus im gesamten Bundesgebiet gewerbsmäßigen Betrug durch sog. „Fake-Anrufe“ zum Nachteil älterer Menschen beging. Der Angeklagte und weitere Mitglieder der Bande gaben sich dabei nach Überzeugung des Landgerichts am Telefon von der Türkei aus als deutsche „Polizisten“ aus. Sie bauten dann in den Anrufen psychologischen Druck auf, um die Angerufenen mit erfundenen Geschichten davon zu überzeugen, ihr Vermögen sei in Gefahr. Ziel war es, die älteren Menschen so zur Herausgabe von Geld und Wertgegenständen an Abholer der Bande zu bewegen, damit die „Polizei“ diese sicher verwahren könne.

Konkreter Gegenstand der Verurteilung waren fünf Taten. Diese betrafen nach den Feststellungen des Landgerichts Senioren aus Schwarzenbek, Schleswig, Dargun, Öhringen und Osnabrück. Der Angeklagte war in diese Taten als Anrufer und in anderer Weise involviert. Erbeutet wurden bei zwei der Taten Bargeld und Goldschmuck von teils erheblichen Wert. In den drei weiteren Fällen gelang es dagegen durch Eingreifen der Polizei zu verhindern, dass die Tätergruppe sich die erhoffte Beute sichern konnte. Zudem konnte ein Teil des erbeuteten Goldschmucks später sichergestellt und einem der Opfer zurückgegeben werden.

Teilweise wurde in den Fällen, in denen die Bande erfolglos blieb, die Polizei auf die Fälle aufmerksam, weil sie bereits gegen die Gruppe ermittelte. In zwei Fällen durchschauten aber auch die jeweils über 85 Jahre alten Opfer den versuchten Betrug und nahmen von sich aus Kontakt mit der Polizei auf. In einem Fall konnte so bei der Abholung der vermeintlichen Beute durch Mitglieder der Bande ein Zugriff durch die Polizei erfolgen.

Der verurteilte Angeklagte lebte nach eigenen Angaben über lange Jahre abwechselnd in Bremen und der Türkei. Dort kam er mit der Bande in Kontakt, die das Callcenter in Izmir betrieb, von dem aus die „Fake-Anrufe“ erfolgten. Nachdem sich der Verdacht erhärtet hatte, dass der Angeklagte an den „Fake-Anrufen“ beteiligt sein könnte, wurde er im März 2018 aufgrund eines deutschen Haftbefehls in Griechenland festgenommen, wo er sich zufällig aufhielt. Im April 2018 wurde er dann nach Deutschland ausgeliefert.

Der Angeklagte hatte sich bereits im Vorfeld der Hauptverhandlung umfassend geständig zu den Vorwürfen eingelassen. Er hatte dabei, ebenso wie noch einmal in der Hauptverhandlung, umfassend zu Strukturen und Hintermännern des Callcenters in der Türkei ausgesagt, von dem aus diese und viele weitere ähnliche Taten begangen worden sein sollen. Als Zeugen gehörte Polizeibeamte schilderten in der Hauptverhandlung dazu den hohen technischen und personellen Aufwand, mit dem seit 2017 gegen die Tätergruppe ermittelt worden war.

Die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren begründete das Landgericht mit der hohen kriminellen Energie hinter den Taten und den oft schwerwiegenden, auch psychologischen, Folgen für die betroffenen Senioren. Strafmildernd berücksichtigte das Landgericht das Geständnis des Angeklagten und seine im Verfahren gezeigte Reue. Das Gericht nahm außerdem zugunsten des Angeklagten eine sog. Aufklärungshilfe an, die nach dem StGB zu einer Milderung der Strafe führen kann. Nach Überzeugung des Landgerichts leisteten die geständigen Angaben des Angeklagten einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung weiterer konkreter Taten. Bei der Ermittlung des Strafmaßes wurde die Strafe aus einer früheren Verurteilung des Angeklagten wegen anderer Taten, die noch nicht vollstreckt war, einbezogen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Angeklagte, sein Verteidiger und die Staatsanwaltschaft können binnen einer Woche Revision dagegen einlegen.