VW zahlt Mega-Abfindungen – „Dann nehme ich mir mal 300.000 Euro mit“

15. Juni 2025 -

Volkswagen steht vor einem großen Stellenabbau: Bis 2030 sollen konzernweit etwa 35.000 Arbeitsplätze wegfallen – das entspricht mehr als einem Viertel der Belegschaft. Grund sind Sparzwänge und die Umstellung auf Elektromobilität, die VW zu Kostensenkungen zwingt. Um dies sozialverträglich zu gestalten, setzt der Autokonzern auf freiwillige Lösungen statt betriebsbedingter Kündigungen. Mitarbeiter werden mit hohen Abfindungen und Altersteilzeit-Angeboten zum freiwilligen Ausscheiden bewegt. Doch wann lohnt es sich für Arbeitnehmer, auf dieses Angebot einzugehen, und worauf muss man achten? Der folgende Artikel klärt verständlich und juristisch fundiert über die aktuellen Abfindungsprogramme bei VW auf und gibt praxisnahe Tipps aus Arbeitnehmersicht.

VW-Restrukturierung: Freiwilliger Stellenabbau mit Abfindungen

VW muss sparen: In den Werken (hier das Stammwerk Wolfsburg) soll die Beschäftigtenzahl durch freiwillige Abgänge – Altersteilzeit und Abfindungen – reduziert werden. Der Konzern hat bereits mit Zustimmung von rund 20.000 Beschäftigten den frühzeitigen Ausstieg aus dem Unternehmen vereinbart. Etwa zwei Drittel der Betroffenen haben sich für eine Altersteilzeit entschieden und scheiden später aus dem Beruf aus – sie erhalten keine zusätzliche Abfindungszahlung. Das restliche Drittel der freiwillig Gehenden verlässt VW auf Grundlage von Aufhebungsverträgen gegen Einmal-Abfindungen.

Dieses Vorgehen ist Teil der Vereinbarung „Zukunft Volkswagen“, welche Ende 2024 zwischen Management und Betriebsrat geschlossen wurde, um Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen abzuwenden. Volkswagen bietet weiterhin Altersteilzeit, Altersregelungen und Aufhebungsverträge im Rahmen der Restrukturierung an, insbesondere zur Reduzierung der indirekten Personalkosten im Verwaltungs- und Bürobereich. Dennoch können grundsätzlich alle Mitarbeitertypen – ob gewerblich oder angestellt – von den Programmen erfasst sein, sofern ihre Stelle wegfällt oder sie das Angebot freiwillig annehmen möchten. Im nächsten Schritt sollen vor allem die geburtenstarken Jahrgänge 1969/1970 angesprochen werden, also Beschäftigte Mitte 50, für die Altersteilzeit oder vorgezogene Ruhestandsregelungen attraktiv sein könnten.

Für Aufsehen sorgen die kolportierten Abfindungssummen: Laut Medienberichten zahlt VW je nach Betriebszugehörigkeit und Position bis zu 400.000 € an Beschäftigte, die freiwillig aus dem Unternehmen ausscheiden. Ein nordhessischer Betriebsratschef wertet die hohe Zahl der freiwilligen Abgänge als Zeichen, dass die Angebote „attraktiv“ sind – niemand werde gezwungen. Unter den Mitarbeitern gibt es allerdings gemischte Reaktionen: „Die Abfindung, so nach Dauer der Beschäftigung eingeteilt, finde ich eigentlich fair“, meint ein VW-Mitarbeiter, während ein anderer entgegnet: „Für mich ist das nicht interessant, weil ich mir hier nicht meinen Arbeitsplatz abkaufen lasse“. Diese Stimmen zeigen, dass eine individuelle Abwägung wichtig ist. Im Folgenden beleuchten wir die Programme und die juristischen Aspekte, damit betroffene Arbeitnehmer eine informierte Entscheidung treffen können.

Welche Abfindungsprogramme bietet VW an?

Altersteilzeit für ältere Beschäftigte: Ein Kernbestandteil von VWs Sparprogramm ist das Angebot von Altersteilzeit für ältere Mitarbeiter. Dabei reduzieren ältere Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit (oft in Form des Blockmodells) einige Jahre vor der Rente und scheiden anschließend aus dem Unternehmen aus. Die Angebote für diese „Silver Ager“ sind mindestens so attraktiv gestaltet wie die Aufhebungsverträge mit Abfindung. In der Praxis bedeutet das: VW stockt bei Altersteilzeit normalerweise das reduzierte Gehalt sowie die Sozialversicherungsbeiträge teilweise auf, sodass die Mitarbeiter finanziell abgesichert in den Ruhestand gleiten können. Eine zusätzliche Abfindung erhalten Altersteilzeitler nicht – ihre Vorteile liegen in der weitergezahlten Vergütung bis zum Renteneintritt und der Vermeidung von Arbeitslosigkeit. Dieses Modell richtet sich typischerweise an Beschäftigte, die nur noch wenige Jahre bis zur Altersrente haben, etwa aktuell die Jahrgänge um 60 Jahre aufwärts. Für diese Gruppe kann Altersteilzeit lohnend sein, da sie bis zum Rentenbeginn Einkommen und Versicherungsschutz behalten und der Übergang fließend erfolgt.

Aufhebungsverträge mit Abfindung: Für alle anderen Mitarbeitenden – insbesondere diejenigen, die nicht kurz vor der Rente stehen – setzt VW auf Aufhebungsverträge gegen Abfindungszahlung. Ein Aufhebungsvertrag ist eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Termin. Im Gegensatz zur Kündigung erfolgt die Trennung also freiwillig und mit beidseitigem Einverständnis. VW bietet den ausscheidenden Mitarbeitern dabei Einmalzahlungen als Abfindung an, um den Verlust des Arbeitsplatzes auszugleichen. Die Höhe der Abfindung orientiert sich im Wesentlichen an der Betriebszugehörigkeit – je länger jemand im Unternehmen, desto höher fällt die Summe aus. Einzelfälle können dabei sechsstellige Beträge erreichen: Unternehmensangaben zufolge sind in Ausnahmefällen bis zu 400.000 Euro möglich. Üblich ist in vielen Sozialplänen eine Formel von etwa 0,5 bis 1,0 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr als Abfindung. Ob VW diese Regelabfindung exakt anwendet, ist betrieblich vereinbart – offenbar gibt es jedoch je nach Status (Angestellte, Tarifmitarbeiter, Führungskräfte) und Verhandlungsposition individuelle Unterschiede. Grundsätzlich stehen die Abfindungsangebote allen Mitarbeitergruppen offen, von der Produktion bis zur Verwaltung, sofern Stellen abgebaut werden. Der Fokus lag zunächst auf Angestellten in indirekten Bereichen (Verwaltung, Entwicklung etc.), doch auch in den Werken können freiwillige Abgänge vereinbart werden, um Überkapazitäten abzubauen. Wichtig zu wissen: Ein Anspruch auf Abfindung besteht nicht automatisch – sie ist Verhandlungssache und Teil des Deals, mit dem der Arbeitnehmer auf seinen Arbeitsplatz verzichtet.

Was bedeutet eine Abfindung rechtlich?

Juristisch betrachtet ist die Abfindung eine freiwillige Entschädigungszahlung des Arbeitgebers für den Verlust des Arbeitsplatzes. Anders als oft angenommen, gibt es im deutschen Arbeitsrecht keinen allgemeinen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung. Nur in bestimmten Fällen – etwa bei Sozialplänen nach Betriebsänderungen oder bei spezieller Kündigung nach § 1a KSchG – ist eine Abfindung quasi vorgeschrieben. Im VW-Fall handelt es sich um ein freiwilliges Angebot des Unternehmens, um den Personalabbau einvernehmlich zu lösen. Die Abfindung wird typischerweise im Aufhebungsvertrag festgeschrieben, mit dem der Arbeitnehmer auf sein Kündigungsschutzrecht verzichtet und das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt beendet. Wichtig: Ist der Aufhebungsvertrag erst einmal unterschrieben, gelten weder die normalen Kündigungsfristen noch der Kündigungsschutz – das Arbeitsverhältnis endet zum vereinbarten Termin und der Betriebsrat hat dem individuell nicht mehr zuzustimmen. Für den Arbeitnehmer bedeutet das finale Rechtssicherheit (und die Abfindungssumme als Gegenleistung), aber eben auch, dass er keine Möglichkeit mehr hat, gegen die Beendigung vorzugehen.

Die Abfindungssumme selbst wird üblicherweise mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig und in einer Summe ausgezahlt. Arbeitnehmer sollten bedenken, dass eine Abfindung steuerpflichtig ist – sie wird als außerordentliche Einkünfte besteuert. Allerdings sieht das Einkommensteuergesetz die sogenannte Fünftelregelung vor, durch die hohe Abfindungen steuerlich begünstigt werden können. Es kann daher sinnvoll sein, sich die Abfindung „in einem Rutsch“ auszahlen zu lassen und nicht in Raten, um von der ermäßigten Besteuerung zu profitieren. Bei einer Einmalzahlung wird die Steuerprogression durch Verteilung auf fünf Jahre rechnerisch gemildert, was in vielen Fällen zu einer geringeren Gesamtsteuerlast führt. Eine in zwei Kalenderjahre verteilte Zahlung könnte diesen Vorteil dagegen mindern. Hier lohnt eine steuerliche Beratung im Einzelfall, doch der Rat eines erfahrenen Arbeitsrechtlers lautet: Abfindung nach Möglichkeit vollständig in einem Kalenderjahr nehmen.

Arbeitsrechtliche Risiken bei Aufhebungsverträgen

So verlockend eine hohe Abfindung ist, müssen Arbeitnehmer die rechtlichen Fallstricke eines Aufhebungsvertrags kennen. Zunächst führt die freiwillige Auflösung des Arbeitsverhältnisses dazu, dass der Kündigungsschutz aufgegeben wird. Hätte der Arbeitgeber von sich aus kündigen müssen, hätte er z.B. soziale Auswahl betreiben und Kündigungsfristen einhalten müssen – all das umgeht ein Aufhebungsvertrag. Nachunterhandeln oder ein Rücktritt vom Vertrag sind nicht vorgesehen: Ist die Unterschrift getrocknet, gibt es in der Regel kein Zurück. Daher gilt: Keine vorschnellen Unterschriften! Man sollte sich Bedenkzeit ausbitten und das Dokument in Ruhe – am besten mit fachkundiger Beratung – prüfen, bevor man sich bindet.

Ein zentrales Risiko betrifft das Arbeitslosengeld I (ALG I): Wer durch eigenen Entschluss aus dem Job ausscheidet, riskiert eine Sperrzeit von 12 Wochen durch die Agentur für Arbeit. Diese Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe tritt regelmäßig ein, wenn der Arbeitnehmer die Arbeitslosigkeit selbst verursacht – etwa durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags – ohne wichtigen Grund. Die Folge: Für die Dauer von 12 Wochen erhält man kein Arbeitslosengeld und diese 3 Monate werden auch von der gesamten Anspruchsdauer abgezogen (d.h. statt z.B. 12 Monaten ALG stehen effektiv nur 9 Monate zur Verfügung). Betroffene müssen diese Zeit finanziell überbrücken – faktisch also von der Abfindung oder Ersparnissen leben. Eine Sperrzeit lässt sich unter Umständen vermeiden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Laut den Weisungen der Bundesagentur entfällt die Sperrzeit insbesondere, wenn die einvernehmliche Beendigung zur Vermeidung einer vom Arbeitgeber ohnehin angedrohten Kündigung aus betrieblichen Gründen erfolgt, die Kündigungsfristen eingehalten wurden und die Abfindung höchstens etwa 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr beträgt. Mit anderen Worten: Hätte man auch ohne Aufhebungsvertrag bald die Kündigung erhalten und bewegt sich die Abfindung in einem moderaten Rahmen, erkennt die Arbeitsagentur einen „wichtigen Grund“ an und verhängt keine Sperrzeit. In der Praxis ist dies allerdings ein schmaler Grat – oft sind die Abfindungen bei freiwilligen Programmen höher als der § 1a KSchG-Richtwert, oder es fehlt der konkrete Kündigungsdruck. VW-Mitarbeiter sollten daher im Zweifel davon ausgehen, dass zunächst eine 12-wöchige Sperrzeit eintritt. Es sei denn, im Aufhebungsvertrag wird explizit klargestellt, dass eine betriebsbedingte Kündigung zu einem bestimmten Termin ohnehin erfolgen würde – eine Formulierung, die man gegebenenfalls mit Hilfe eines Anwalts mit VW vereinbaren kann, um die Sperre zu umgehen.

Ein weiterer Punkt ist die Kündigungsfrist: Endet das Arbeitsverhältnis vor Ablauf der regulären Kündigungsfrist, tritt neben der Sperrzeit oft auch eine Ruhenszeit des ALG-Anspruchs ein. Das bedeutet, dass das Arbeitslosengeld so lange ruht (nicht gezahlt wird), wie die ordentliche Kündigungsfrist eigentlich noch gelaufen hätte – maximal jedoch wird der Zeitraum so bemessen, dass 60 % der Abfindung als abgedeckter Zeitraum gelten. Diese Regel soll verhindern, dass man durch eine vorzeitige Beendigung doppelt profitiert, nämlich Abfindung und Arbeitslosengeld für denselben Zeitraum erhält. In der Praxis kann man dieses Risiko minimieren, indem man darauf achtet, dass der Aufhebungsvertrag den Arbeitsvertrag erst zum Ablauf der Kündigungsfrist beendet. Sollte VW einen früheren Endtermin vorschlagen, muss einem klar sein, dass dann zunächst kein ALG I fließt, bis die Zeit, die man durch den früheren Austritt „gespart“ hat, verstrichen ist. Auch hier gilt: die Abfindung soll diesen Zeitraum im Grunde überbrücken. Die gute Nachricht ist, dass eine solche Ruhenszeit kein dauerhafter Verlust ist – sie holt lediglich die nicht eingehaltene Kündigungsfrist nach. Danach – oder spätestens wenn 60 % der Abfindung rechnerisch „verbraucht“ sind – beginnt die Auszahlung des ALG I. Trotzdem sollten Arbeitnehmer diesen Effekt einkalkulieren, denn gerade in Kombination mit der Sperrzeit können sonst mehrere Monate ohne irgendeinkommensquelle entstehen.

Neben Sperr- und Ruhenszeiten gibt es weitere arbeitsrechtliche Aspekte: Im Aufhebungsvertrag wird häufig ein Verzicht auf Kündigungsschutzklage und sonstige Ansprüche vereinbart. Damit stellt VW sicher, dass der Mitarbeiter keine weiteren Forderungen (z.B. auf Wiedereinstellung, Bonuszahlungen, Überstundenausgleich etc.) geltend macht. Für den Arbeitnehmer bedeutet dies, dass er wirklich alle Ansprüche geprüft haben sollte, bevor er unterschreibt – was nicht ausdrücklich im Vertrag vorbehalten wird, ist in der Regel abgegolten. Daher unbedingt kontrollieren: Wie ist das Arbeitszeugnis geregelt? Werden offene Urlaubsansprüche oder Boni ausgezahlt? Was passiert mit einem Dienstwagen oder anderen betrieblichen Vorteilen? Ein seriöser Aufhebungsvertrag sollte diese Punkte berücksichtigen. Ebenfalls zu bedenken: besondere Arbeitnehmerschutzrechte. Wer z.B. schwerbehindert ist oder unter besonderem Kündigungsschutz (etwa als werdende Mutter oder Betriebsrat) steht, sollte sich besonders intensiv beraten lassen. Durch einen Aufhebungsvertrag können solche Schutzpositionen nämlich umgangen werden, was später nicht rückgängig zu machen ist. In solchen Fällen ist die Agentur für Arbeit übrigens noch strenger bei der Prüfung eines „wichtigen Grundes“ für die Aufhebungsvereinbarung.

Praktische Tipps für Arbeitnehmer – Vorbereitung und Verhandlung

Bevor man das Abfindungsangebot von VW annimmt, sollte man einige Vorbereitungen treffen und Strategien bedenken. Hier sind konkrete Tipps, wie betroffene Arbeitnehmer vorgehen können:

  • Beratung einholen: Lassen Sie sich arbeitsrechtlich beraten, möglichst von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht. Eine fachkundige Einschätzung hilft, die Vertragsinhalte zu verstehen und Ihre Verhandlungsposition abzustecken. Ein Anwalt kann auch prüfen, ob die Abfindung angemessen ist und ob Formulierungen angepasst werden sollten (z.B. zwecks Sperrzeitvermeidung).
  • Bedenkzeit nutzen: Unterschreiben Sie nichts überstürzt. Fordern Sie Bedenkzeit, um das Angebot in Ruhe zu prüfen. Ein seriöser Arbeitgeber wird Ihnen diese gewähren. Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen durch Formulierungen wie „einmalige Gelegenheit“. Es geht um Ihre Zukunft – nehmen Sie sich genügend Zeit zur Entscheidung.
  • Abfindungshöhe prüfen: Rechnen Sie nach, ob die angebotene Abfindung Ihrer Betriebszugehörigkeit und Situation entspricht. Orientierungswerte sind 0,5 bis 1 Monatsgehalt pro Jahr im Unternehmen, je nach Verhandlung auch mehr. Fragen Sie ggf. diskret Kollegen oder den Betriebsrat nach Vergleichswerten. Wenn Sie das Gefühl haben, die Summe sei zu niedrig, können Sie – insbesondere bei individueller Verhandlung – versuchen, nachzubessern. Allerdings sind bei konzernweiten Programmen die Konditionen oft vorgegeben.
  • Vertragsdetails klären: Lesen Sie den Aufhebungsvertrag gründlich. Achten Sie auf Klauseln zu Resturlaub, Bonuszahlungen, Erfolgsbeteiligungen oder Prämien. Oft wird vereinbart, dass solche Ansprüche abgegolten sind – fehlen sie im Vertrag, fragen Sie nach. Lassen Sie sich die Erteilung eines wohlwollenden Arbeitszeugnisses schriftlich zusichern. Bei Führungskräften: Ist eine Wettbewerbsklausel vorgesehen? Wenn ja, muss diese vergütet werden. Klären Sie auch, was mit betrieblichen Altersvorsorgeansprüchen passiert.
  • Kündigungsfrist berücksichtigen: Stellen Sie sicher, dass das Beendigungsdatum im Vertrag der ordentlichen Kündigungsfrist entspricht, es sei denn, Sie möchten bewusst früher gehen. Ein vorzeitiges Ende kann – wie oben erläutert – eine Ruhenszeit beim ALG auslösen. Falls ein früheres Austrittsdatum vereinbart wird, kalkulieren Sie die finanzielle Überbrückung dieses Zeitraums ein.
  • Arbeitsagentur informieren: Sobald klar ist, dass Sie aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden (sei es durch Aufhebungsvertrag oder Kündigung), müssen Sie sich innerhalb von 3 Tagen bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend melden (§ 38 SGB III). Andernfalls droht eine Woche Sperrzeit zusätzlich. Planen Sie dies ein – am besten unmittelbar nach der Unterschrift des Aufhebungsvertrags erledigen.
  • Zukunftsplan schmieden: Überlegen Sie im Vorfeld, wie es nach VW weitergehen soll. Haben Sie bereits ein neues Jobangebot oder gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt? Dann können Sie die Abfindung als Polster oder Investment in Ihre Zukunft betrachten. Falls unklar ist, ob Sie schnell etwas Neues finden, spielen Sie verschiedene Szenarien durch: Wie lange reicht die Abfindung, selbst wenn nach der ALG-Phase noch keine neue Stelle da ist? Gibt es ggf. Weiterbildungspläne oder eine Selbstständigkeit, die Sie mit dem Geld angehen möchten? Ein klarer Plan nimmt Unsicherheit.
  • Finanzielle Überbrückung kalkulieren: Machen Sie sich einen Haushaltsplan. Wie hoch wäre Ihr Netto-Arbeitslosengeld voraussichtlich? (ALG I beträgt ca. 60 % des letzten Nettogehalts, mit Kind ~67 %.) Beachten Sie die 3 Monate Sperrzeit, in denen 0 € von der Agentur kommen. Können Sie diese Phase mit der Abfindung oder Ersparnissen decken? Denken Sie auch an fortlaufende Kosten wie Miete, Kredite, Versicherungen. Ihre Abfindung wirkt zwar groß, aber sie muss im Zweifel mehrere Monate oder gar Jahre Einkommen ersetzen.
  • Sozialversicherung im Blick behalten: Wenn Sie nicht nahtlos in einen neuen Job wechseln, bedenken Sie, dass Sie sich ggf. krankenversichern müssen. Während des ALG-I-Bezugs ist man gesetzlich versichert, aber in einer Sperrzeit ohne Leistungsbezug müssen Sie selbst Beiträge zahlen. Informieren Sie sich bei Ihrer Krankenkasse über die freiwillige Weiterversicherung. Ebenso kann es sinnvoll sein, aus der Abfindung freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen, um Abschläge oder Lücken auszugleichen – gerade wenn Sie nur noch wenige Jahre bis zur Rente haben und nicht mehr arbeiten werden. Dies sollte man mit einem Rentenberater durchsprechen.
  • Alternativen abwägen: Prüfen Sie, ob es Alternativen zur Beendigung gibt. Könnte z.B. eine Versetzung innerhalb des Konzerns für Sie in Frage kommen, um den Job zu behalten? Oder ein Sabbatical bzw. unbezahlter Urlaub, falls Sie nur vorübergehend etwas anderes planen? Oft sind solche Optionen begrenzt, aber ein Gespräch mit dem Vorgesetzten oder Betriebsrat kann nicht schaden, wenn Sie grundsätzlich gern bei VW bleiben würden. Manchmal lassen sich individuelle Lösungen finden, bevor man endgültig geht.

Lohnt sich das? – Abfindung sinnvoll nutzen

Ob es sich lohnt, die „Mega-Abfindung“ anzunehmen, hängt stark von der individuellen Situation ab. Pauschal lässt sich sagen: Eine Abfindung ist kein Geschenk, sondern Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes – und dieser Schritt will gut überlegt sein. Einige Beispiel-Konstellationen sollen das verdeutlichen:

  • Karrieresprung mit Abfindungsbonus: Für vergleichsweise junge Arbeitnehmer (z.B. U40) oder Spezialisten, die auf dem Arbeitsmarkt gefragt sind, kann die Abfindung tatsächlich ein zusätzlicher Bonus sein. Wenn Sie schnell einen neuen Job finden (oder schon in Aussicht haben), nehmen Sie das Geld „oben drauf“ mit. „Dann nehme ich mir halt mal 200- oder 300.000 Euro Abfindung mit und gehe dann weiter arbeiten“, zitiert ntv hierzu einen Anwalt. In diesem Fall verzichtet man zwar auf die Weiterbeschäftigung bei VW, hat aber kaum Einkommenseinbußen, sondern profitiert von einer finanziellen Starthilfe. Wichtig ist, darauf zu achten, dass der neue Job nicht während einer eventuellen Freistellung angetreten wird (um keine rechtlichen Konflikte zu provozieren). Aber grundsätzlich gilt: Wer gute Alternativen hat, für den lohnt sich ein solcher Schritt in der Regel – zumal VW sich in einer Krise befindet und die Zukunft mancher Stellen ungewiss ist.
  • Brücke in den Ruhestand: Ältere Mitarbeiter in den späten 50ern oder frühen 60ern stehen vor der Frage, ob sie mit der Abfindung bis zur Rente überbrücken können. Hier kommt es auf die Berechnung an: Eine hohe Abfindung kann ausreichen, um die Zeit bis zur vorgezogenen Rente zu finanzieren – insbesondere wenn man zusätzlich 24 Monate ALG I beziehen kann (ältere Arbeitslose ab 58 Jahren haben einen längeren ALG-Anspruch). Allerdings müssen aus der Abfindung dann nicht nur Lebenshaltungskosten, sondern auch Krankenversicherungsbeiträge und ggf. freiwillige Rentenbeiträge bestritten werden, um später keine Nachteile zu haben. Es kann sich lohnen, einen Teil der Abfindung genau dafür einzuplanen. Rechnen Sie durch, wie viel Netto von z.B. 300.000 € übrig bleibt (Steuern abziehen!) und wie lange Sie damit kommen. Oft ist man überrascht, wie schnell sich der Betrag relativiert, wenn man einige Jahre überbrücken muss. Auf der Habenseite steht: Sie gewinnen Lebenszeit und müssen sich dem Druck der Arbeitswelt nicht mehr aussetzen. Viele, die gesundheitlich oder mental ausgebrannt sind, schätzen diese Chance. Dennoch sollte man auch hier Alternativen bedenken: Altersteilzeit könnte eine sicherere Variante sein, da man weiter Gehalt (wenn auch reduziert) und Beiträge bekommt. Außerdem erhält man mit Altersteilzeit oft eine höhere gesetzliche Rente, als wenn man komplett aus dem Arbeitsleben ausscheidet und vielleicht noch Lücken hat. Kurzum: Für Ältere kann die Abfindung lohnen, wenn man gesundheitsbedingt oder privat die Zeit nutzen will – aber man muss sie sich gut einteilen können.
  • Verbleiben und Chance auf Besserung: Nicht für jeden ist das Ausscheiden mit Abfindung sinnvoll. Wer z.B. familiengebunden ist, vielleicht Mitte 40, und in der Region nicht viele alternative Arbeitgeber hat, könnte ohne Not in die Arbeitslosigkeit gehen – mit dem Risiko, nach Auslaufen von Abfindung und ALG finanziell schlechter dazustehen. In solch einem Fall muss man abwägen: Ist die Stelle bei VW aktuell relativ sicher? Macht mir die Arbeit Freude oder sehe ich eine Perspektive? Wenn ja, könnte es besser sein, zunächst abzuwarten. VW hat zwar Sparprogramme, aber auch eine Beschäftigungssicherung bis 2029 vereinbart (zumindest keine Werksschließungen bis dahin). Es besteht also die Möglichkeit, dass man seinen Arbeitsplatz behält, und vielleicht werden Abfindungsprogramme zu einem späteren Zeitpunkt sogar noch attraktiver – falls der Konzern mehr Druck bekommt, könnten sie höhere Abfindungen bieten. Allerdings ist das Spekulation und birgt das Risiko, am Ende doch mit weniger dazustehen, falls betriebsbedingte Kündigungen unvermeidlich werden. Für manche mag auch die emotionale Komponente zählen: Ein Unternehmen nach langer Betriebszugehörigkeit zu verlassen, fällt schwer. Kollegen, Identifikation mit dem Produkt und Standortverbundenheit sind Faktoren, die man nicht in Euro messen kann.

Letztlich muss jeder für sich beantworten, ob sich der Schritt lohnt. Ein rationaler Ansatz ist, eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufzustellen: Was gewinne ich durch die Abfindung und den Ausstieg (finanziell, persönlich, gesundheitlich)? Was verliere ich dadurch (sicheres Einkommen, Kollegenkreis, Betriebsrente, ggf. Aufstiegschancen)? Stellen Sie diese Punkte gegenüber. In vielen Fällen lässt sich kein eindeutig objektives Urteil fällen – es ist eine persönliche Lebensentscheidung. Wichtig ist jedoch, alle rechtlichen Konsequenzen zu kennen und sich bestmöglich abzusichern, falls man das Angebot annimmt.

Abwägen, beraten lassen und nichts übereilen

Die Nachricht „VW zahlt Mega-Abfindungen – Dann nehme ich mir mal 300.000 Euro mit“ mag verlockend klingen, doch sollten Arbeitnehmer das Gesamtbild betrachten. Eine Abfindung kann ein goldener Handschlag sein, der neue Chancen eröffnet – oder ein übereilter Schritt ins Ungewisse. Gerade in einer komplexen Situation wie dem VW-Stellenabbau gilt: gründliche Aufklärung ist der Schlüssel. Wissen Sie, welche Rechte Sie aufgeben und welche Fallstricke lauern (Stichwort Sperrzeit beim ALG I)? Haben Sie einen Plan, was nach VW kommt, und reicht die Abfindung dafür aus? Solche Fragen sollte jeder Betroffene für sich klar beantworten.

Positiv ist: VW versucht den Personalabbau sozialverträglich zu gestalten, indem freiwillige Lösungen anstelle von Kündigungen gefunden werden. Viele Mitarbeiter haben bereits gezeigt, dass die Angebote attraktiv sein können. Für etliche wird sich der Schritt lohnen, sei es finanziell oder persönlich. Andere werden – zu Recht – zögern, weil ihnen der sichere Arbeitsplatz oder die Aussicht auf eine ungekürzte Rente wichtiger ist. Diese unterschiedlichen Perspektiven sind legitim.

Unser Rat: Lassen Sie sich im Zweifel professionell beraten, bevor Sie etwas unterschreiben. Ein im Arbeitsrecht erfahrener Anwalt kann Ihnen helfen, den Aufhebungsvertrag zu prüfen, die Abfindung richtig einzuordnen und ggf. nachzuverhandeln. Außerdem können Sie gemeinsam Strategien entwickeln, um Nachteile (z.B. Sperrzeiten) zu minimieren. Oft geht es um viel Geld und Ihre berufliche Existenz – eine unabhängige Einschätzung ist daher gut investiert.

Abschließend bleibt festzuhalten: Die Abfindungsprogramme bei VW bieten vielen Mitarbeitern eine Chance, mit einem finanziellen Polster in einen neuen Lebensabschnitt zu starten. Ob man diese Chance ergreift, hängt von persönlichen Prioritäten und Umständen ab. Wer sich umfassend informiert, alle Vor- und Nachteile gegeneinander abwägt und gut vorbereitet in Verhandlungen geht, kann am Ende sagen: „Dann nehme ich mir mal das Beste aus dem Angebot mit“. – Und genau dabei hilft es, die rechtlichen Spielregeln zu kennen. In diesem Sinne: Prüfen Sie das VW-Angebot sorgfältig, nutzen Sie die gebotenen Möglichkeiten, aber behalten Sie stets Ihre eigene Zukunftssicherung im Blick. Denn eine Mega-Abfindung ist nur dann wirklich mega, wenn sie Ihnen langfristig nützt.