Wahl zur 20. Bremischen Bürgerschaft gültig

Der Staatsgerichtshof der Freien Hansestadt Bremen hat am 13.08.2020 zu den Aktenzeichen St 2/19 und St 3/19 entschieden, dass es keinen Wahlfehler begründet, dass bei der Wahl zur 20. Bremischen Bürgerschaft abgegebenen Papierstimmzettel unter Verwendung eines elektronischen Datenverarbeitungsprogramms ausgezählt worden sind und nicht in mandatsrelevanter Weise gegen die Vorschriften des Bremischen Wahlgesetzes und der Bremischen Landeswahlordnung, die blinden und sehbehinderten Personen die Ausübung ihres Wahlrechts ermöglichen sollen, verstoßen worden ist.

Aus der Pressemitteilung des StGH Bremen vom 13.08.2020 ergibt sich:

Im Verfahren mit dem Az. St 2/19 hatte die Beschwerdeführerin, die selbst blind ist, die aus ihrer Sicht unzureichenden gesetzlichen Regelungen und mangelhaften tatsächlichen Vorkehrungen gerügt, um blinden Menschen die Möglichkeit zu eröffnen, uneingeschränkt wählen zu können. Damit hatte sie vor dem Wahlprüfungsgericht keinen Erfolg.

Der StGH Bremen hat ihre dagegen erhobene Beschwerde nunmehr zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Staatsgerichtshofes kann eine Wahlbeschwerde nur dann Erfolg haben, wenn Wahlfehler behauptet und festgestellt würden, die die konkrete Mandatsverteilung beeinflusst haben könnten. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem Wahlfehler und dem Wahlergebnis müsse im Bereich des Möglichen liegen. Bei der Durchführung der Wahl zur 20. Bremischen Bürgerschaft sei jedoch nicht in mandatsrelevanter Weise gegen die Vorschriften des Bremischen Wahlgesetzes und der Bremischen Landeswahlordnung, die blinden und sehbehinderten Personen die Ausübung ihres Wahlrechts ermöglichen sollen, verstoßen worden. Es seien von der Beschwerdeführerin keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen worden, dass blinde oder sehbehinderte Personen in für das Wahlergebnis erheblicher Weise aufgrund einer Unkenntnis der Wahlvorstände oder deren Hilfspersonen oder fehlender technischer Vorkehrungen an der Ausübung ihres Wahlrechts gehindert worden wären.

Die zur Ausübung des Wahlrechts blinder und sehbehinderter Menschen im Bremischen Landeswahlgesetz und in der Bremischen Landesverfassung erlassenen Bestimmungen verstießen nicht gegen die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl. Sie genügten auch dem verfassungsrechtlichen Integrations- und Förderauftrag zum Zweck der Gleichstellung und Teilhabe blinder oder sehbehinderter Menschen an Wahlen.

Im Verfahren mit dem Az. St 3/19 hatte der Beschwerdeführer insbesondere eine Verletzung der Öffentlichkeit der Wahl bei der Auszählung der Stimmzettel gerügt. Durch den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung bei der Zählung der Stimmen sei es weder der Öffentlichkeit noch den Wahlvorständen möglich gewesen, zu überprüfen, ob die Stimmen unverfälscht erfasst worden seien. Vor allem habe die allein elektronische Summenbildung nicht kontrolliert werden können. Eventuelle Manipulationen der Software hätten daher nicht erkannt werden können. Schließlich sei er zu Unrecht aus einem Briewahlvorstand abberufen worden. Auch in diesem Fall hatte das Wahlprüfungsgericht den Einspruch des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene Beschwerde hat der StGH Bremen ebenfalls zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Staatsgerichtshofes begründet es keinen Wahlfehler, dass bei der Wahl zur 20. Bremischen Bürgerschaft abgegebenen Papierstimmzettel unter Verwendung eines elektronischen Datenverarbeitungsprogramms ausgezählt worden seien. Die Vorschriften im Bremischen Wahlgesetz und in der Bremischen Landeswahlordnung, die die elektronische Auszählung der Stimmen bei der Bürgerschaftswahl regelten, seien mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl sei nicht dadurch verletzt, dass die Auszählung der Stimmen in zentrale Auszählungszentren verlegt wurde und die Auszählung nicht vollständig am Wahltag erfolgt sei. Schließlich sei es rechtlich nicht zu beanstanden, dass an die Stelle des Beschwerdeführers in einem Briefwahlvorstand eine Wahlhelferin aus der sog. Reserve eingesetzt worden sei, da der Austausch nicht willkürlich erfolgt sei.

Beide Urteile sind einstimmig ergangen.