Wann ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses unwirksam?

16. Oktober 2025 -

Befristete Arbeitsverträge sind im Arbeitsleben gängig, unterliegen aber strengen Regeln. Unwirksam ist eine Befristung immer dann, wenn sie nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht – mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis als unbefristet gilt. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten wissen, wann ein befristeter Arbeitsvertrag unwirksam ist, um böse Überraschungen zu vermeiden. Im Folgenden erläutern wir praxisnah die wichtigsten Fälle und geben Beispiele sowie Hinweise aus der Rechtsprechung.

Befristung mit oder ohne Sachgrund

Das Gesetz unterscheidet zwei Arten von Befristungen: mit Sachgrund und ohne Sachgrund. Ein Sachgrund ist ein objektiver, anerkennenswerter Grund, der die Befristung rechtfertigt – etwa die Vertretung während Elternzeit, ein zeitlich befristetes Projekt oder ein vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitskräften. Liegt ein solcher Sachgrund vor, kann der Arbeitsvertrag befristet werden, solange der Grund besteht, auch über längere Zeiträume oder in mehreren aufeinanderfolgenden Verträgen. Ohne Sachgrund hingegen darf ein Arbeitsvertrag nur unter engen Voraussetzungen befristet werden, um Missbrauch zu vermeiden.

Beispiel (Befristung mit Sachgrund): Ein Unternehmen stellt eine Arbeitnehmerin befristet für 18 Monate als Elternzeitvertretung ein. Die Befristung ist durch den Sachgrund Vertretung gerechtfertigt. Endet die Elternzeit der Stammkraft früher oder später, passt sich das Vertragsende an diesen Zweck an. Wichtig ist, dass der Zweck im Vertrag klar benannt wird (z. B. „befristet zur Vertretung von Frau X während ihrer Elternzeit“) – fehlt ein echter Grund, wäre die Befristung unwirksam.

Beispiel (Befristung ohne Sachgrund): Ein Arbeitgeber bietet einem Berufsanfänger einen auf ein Jahr befristeten Vertrag ohne Angabe eines Sachgrundes an. Das ist zulässig, weil die maximal zulässige Dauer von zwei Jahren nicht überschritten wird (siehe unten) und der Mitarbeiter vorher noch nie im Unternehmen beschäftigt war. Läuft das Jahr ab, kann der Vertrag innerhalb der zulässigen Höchstdauer noch verlängert werden – aber eben nicht unbegrenzt oft (dazu gleich mehr).

Sachgrundlose Befristung: Höchstdauer 2 Jahre und maximal 3 Verlängerungen

Eine sachgrundlose Befristung (also ein Zeitvertrag ohne besonderen Befristungsgrund) ist nur bis zu einer Gesamtdauer von zwei Jahren erlaubt. Innerhalb dieser 2 Jahre darf der Vertrag höchstens dreimal verlängert werden. Danach muss der Mitarbeiter entweder unbefristet übernommen oder das Arbeitsverhältnis beendet werden. Kalendermäßige Befristungen (Verträge mit festem Enddatum) über mehr als zwei Jahre sind unzulässig und damit unwirksam, wenn kein Sachgrund vorliegt.

  • Höchstdauer 2 Jahre: Beispiel: Ein zunächst auf 1 Jahr befristeter Vertrag (ohne Sachgrund) kann vielleicht zweimal um je 6 Monate verlängert werden. Danach ist die 2-Jahres-Gesamtdauer erreicht. Eine weitere Verlängerung oder ein Vertrag über 2 Jahre hinaus wäre unwirksam – es entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
  • Maximal 3 Verlängerungen: Entscheidend ist zudem die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Mehr als drei Verlängerungen sind im sachgrundlosen Befristungsrahmen nicht zulässig. Beispiel: Ein Arbeitgeber schließt mit einem Arbeitnehmer vier befristete Verträge in Folge in einem Zeitraum von nur 1,5 Jahren. Obwohl die Gesamtdauer unter 2 Jahren liegt, ist die vierte Befristung unwirksam, da bereits drei Verlängerungen ausgeschöpft wurden. Der vierte Vertrag würde also als unbefristet gelten.

Tipp für Arbeitgeber: Planen Sie frühzeitig, ob Sie einen befristet Beschäftigten übernehmen wollen. Wird vor Erreichen der 2-Jahres-Grenze klar, dass weiterhin Bedarf besteht, kann eine Entfristung (Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis) oder – falls zulässig – eine Befristung mit Sachgrund in Betracht kommen. Eine „heimliche“ Fortsetzung nach Ablauf der Befristung ohne neuen Vertrag führt automatisch zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.

Tipp für Arbeitnehmer: Behalten Sie die Vertragslaufzeit und Verlängerungen im Blick. Nach drei Verlängerungen oder insgesamt zwei Jahren haben Sie Anspruch auf eine feste Stelle, sofern kein Sachgrund vorliegt. Arbeiten Sie nach Vertragsende einfach weiter, gilt dies rechtlich als stillschweigende Entfristung – Ihr Vertrag läuft dann auf unbestimmte Zeit.

Ausnahme: Befristung älterer Arbeitnehmer („52er-Regel“)

Eine wichtige Ausnahme von der 2-Jahres-Grenze gilt für ältere Arbeitnehmer ab 52 Jahren. Unter bestimmten Voraussetzungen darf mit ihnen ein sachgrundlos befristeter Vertrag bis zu 5 Jahre dauern. Diese Sonderregel („52er-Regelung“) soll die Einstellungschancen älterer Jobsuchender verbessern. Die Bedingung: Der Arbeitnehmer muss unmittelbar vor Vertragsbeginn mindestens 4 Monate beschäftigungslos gewesen sein (alternativ zählt auch der Bezug von Transfer-Kurzarbeitergeld oder die Teilnahme an einer geförderten Maßnahme). In diesem Fall sind auch mehr als drei Verlängerungen möglich, solange insgesamt die 5 Jahre nicht überschritten werden.

Beispiel: Ein 55-jähriger Arbeitnehmer war ein halbes Jahr arbeitslos und wird dann sachgrundlos befristet eingestellt. Der Arbeitgeber darf den Vertrag insgesamt bis zu 5 Jahre befristen (z. B. anfangs 2 Jahre, dann Verlängerung um 2 Jahre, dann ein Jahr). Länger als 5 Jahre darf aber auch in diesem Fall ohne Sachgrund nicht befristet werden. Soll das Arbeitsverhältnis darüber hinaus fortbestehen, müsste es unbefristet werden.

Vorbeschäftigung: Keine erneute sachgrundlose Befristung nach 2 Jahren

Ein häufiger Irrtum: Manche Arbeitgeber glauben, man könne einen Mitarbeiter nach kurzer Unterbrechung erneut sachgrundlos befristen. Das ist nicht zulässig. Das Gesetz enthält ein Vorbeschäftigungsverbot – mit demselben Arbeitnehmer darf bereits zuvor kein Arbeitsverhältnis bestanden haben, wenn man ohne Sachgrund befristen will. Jede erneute Befristung mit demselben Mitarbeiter ohne Sachgrund ist also unwirksam, egal ob das vorherige Arbeitsverhältnis erst kürzlich oder vor Jahren bestand. Die Rechtsprechung hat zwar Ausnahmen erwogen, wenn eine frühere Beschäftigung sehr lange zurückliegt oder völlig anders gelagert war. Im Normalfall aber gilt: War der Mitarbeiter schon einmal im Unternehmen angestellt, darf ein neuer Vertrag nicht sachgrundlos befristet werden.

Beispiel: Eine Arbeitnehmerin war bereits vor fünf Jahren kurzzeitig im selben Betrieb angestellt. Nun erhält sie erneut ein Jobangebot. Ein sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag wäre hier unwirksam, weil schon eine Vorbeschäftigung vorlag. Der Arbeitgeber müsste also einen Sachgrund für die Befristung haben oder direkt unbefristet einstellen. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte 2019, dass sogar eine acht Jahre zurückliegende frühere Tätigkeit eine neue sachgrundlose Befristung ausschließt. Im Zweifel sollte man nach so einer Vorgeschichte direkt einen unbefristeten Vertrag anbieten oder einen Sachgrund suchen.

Achtung: Auch ein Wechsel des Vertrags nach Erreichen der 2-Jahres-Grenze kann problematisch sein. Wird nach zwei Jahren sachgrundloser Befristung ein neuer befristeter Vertrag abgeschlossen, zählt dies in der Regel als unzulässige Anschlussbefristung (es sei denn, es liegt ein Sachgrund vor). Selbst kleine Änderungen beim Übergang können als neuer Vertrag gewertet werden. Beispielsweise darf bei einer Verlängerung ohne Sachgrund nur die Laufzeit geändert werden, nicht weitere Vertragsbedingungen – sonst entsteht faktisch ein neuer Vertrag, der ohne Sachgrund unzulässig wäre.

Fehlender Sachgrund bei Zweckbefristung

Neben der kalendermäßigen Zeitbefristung gibt es die Zweckbefristung: Hier endet der Vertrag, sobald ein bestimmter Zweck oder Zweck erreicht ist (z. B. Abschluss eines Projekts oder Rückkehr der vertretenen Person). Wichtig: Ohne sachlichen Grund ist eine Zweckbefristung unwirksam. Der Zweck muss konkret und gerechtfertigt sein. Fehlt ein echter Sachgrund, handelt es sich de facto um eine unzulässige sachgrundlose Befristung.

Beispiel: Ein Betrieb stellt einen Mitarbeiter „befristet für die Dauer des Projekts X“ ein, ohne dass es dieses Projekt in klar umrissener Form tatsächlich gibt. Der Arbeitnehmer erledigt in Wahrheit normale Daueraufgaben. Hier fehlt der objektive Sachgrund für die Befristung – sie wäre rechtlich unwirksam, weil das Projekt nur vorgeschoben wurde. Der Mitarbeiter könnte geltend machen, dass sein Vertrag unbefristet ist.

Andererseits kann eine Zweckbefristung sehr wohl wirksam sein, wenn ein echter Grund vorliegt und im Vertrag genannt wird. Beispiel: „befristet für die Vertretung von Frau Y bis zu deren Rückkehr aus der Elternzeit, spätestens bis zum 31.12.2025“. Hier ist der Sachgrund – Vertretung – klar benannt. Ohne einen solchen greifbaren Zweck hingegen trägt die Befristung nicht.

Formvorschrift: Schriftform muss eingehalten werden

Unabhängig vom Sachgrund muss jeder befristete Arbeitsvertrag schriftlich vor Arbeitsbeginn geschlossen werden. Das bedeutet, beide Seiten müssen vor dem ersten Arbeitstag den Vertrag unterschrieben haben (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Wird die Befristung nur mündlich vereinbart oder der schriftliche Vertrag erst nach Arbeitsbeginn unterzeichnet, ist die Befristung formunwirksam. Die Folge: Es gilt ein unbefristeter Arbeitsvertrag, weil die Befristung rechtlich nicht greift.

Praxis-Beispiel: Ein Arbeitgeber und ein Bewerber einigen sich mündlich auf ein befristetes Arbeitsverhältnis und der neue Mitarbeiter fängt schon an zu arbeiten. Der schriftliche Vertrag wird erst eine Woche später nachgereicht. Rechtslage: Die Befristung ist unwirksam, da die Schriftform nicht rechtzeitig eingehalten wurde. Der Arbeitnehmer hat dadurch von Anfang an die Rechte eines unbefristet Beschäftigten. Arbeitgeber sollten daher niemals jemanden arbeiten lassen, bevor der befristete Vertrag schriftlich fixiert vorliegt.

Missbrauch durch Kettenbefristungen

Selbst wenn formell ein Sachgrund vorliegt, können zu viele aufeinanderfolgende Befristungen problematisch sein. Das Stichwort lautet Kettenbefristung – ein Arbeitnehmer erhält einen Zeitvertrag nach dem anderen, oft über viele Jahre. Gesetzlich gibt es bei Sachgrund-Befristungen zwar keine starre Obergrenze für Dauer oder Anzahl der Verlängerungen. Doch die Gerichte schauen genau hin: Wird die Befristung offensichtlich missbraucht, ist die erneute Befristung unwirksam.

Ein bekanntes Beispiel ist das „Kücük“-Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Frau Kücük war über 11 Jahre lang mit insgesamt 13 befristeten Verträgen beim Amtsgericht Köln beschäftigt, jeweils als Vertretung für Kolleginnen in Elternzeit. Obwohl jeder einzelne Vertrag für sich einen Sachgrund (Vertretung) hatte, wertete das BAG die extreme Gesamtdauer und Häufigkeit als Rechtsmissbrauch. Die letzte Verlängerung war daher unwirksam, Frau Kücük konnte auf eine unbefristete Stelle klagen.

Faustregel: Bei sehr langen Gesamtbefristungen (über 8–10 Jahre) oder sehr vielen aufeinanderfolgenden Verträgen (weit mehr als 3–5 Verlängerungen) steigt das Risiko, dass ein Gericht dies als Umgehung des Kündigungsschutzes ansieht. Arbeitgeber sollten dann erwägen, ein unbefristetes Angebot zu machen. Arbeitnehmer, die sich jahrelang von Vertrag zu Vertrag hangeln, sollten prüfen lassen, ob hier ein Missbrauch vorliegt.

Rechtsfolge unwirksamer Befristung: unbefristeter Vertrag

Wird eine Befristung wegen eines Verstoßes unwirksam, bedeutet das nicht, dass der Arbeitsvertrag komplett hinfällig ist. Im Gegenteil: Der Vertrag besteht weiter, aber nun auf unbestimmte Zeit. Juristisch wird angenommen, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden ist. Für den Arbeitnehmer heißt das voller Kündigungsschutz (nach Kündigungsschutzgesetz, bei entsprechender Betriebsgröße und Betriebszugehörigkeit) und sonstige Rechte wie ein Festangestellter. Der Arbeitgeber kann den Vertrag dann nur noch durch eine Kündigung beenden (unter Beachtung der Kündigungsfristen und -gründe) oder einvernehmliche Lösungen suchen.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer war drei Jahre befristet beschäftigt, ohne dass es einen Sachgrund gab. Er erfährt im Gespräch mit einem Anwalt, dass diese Befristung von Anfang an unzulässig war. Er informiert den Arbeitgeber, dass das Arbeitsverhältnis unbefristet fortbesteht. Tatsächlich kann der Arbeitgeber ihn nicht einfach entlassen, sondern muss die gesetzlichen Kündigungsregeln einhalten. Hätte der Arbeitnehmer nichts unternommen, wäre das Arbeitsverhältnis nach drei Jahren geendet – doch wegen der unwirksamen Befristung kann er sich nun auf einen unbefristeten Vertrag berufen.

Durchsetzung: Entfristungsklage innerhalb von 3 Wochen

Wichtig für Arbeitnehmer, die eine unwirksame Befristung vermuten: Schnell handeln! Es gibt eine klare Frist, um gegen die Befristung vorzugehen. Man muss spätestens innerhalb von 3 Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Vertrages Klage beim Arbeitsgericht erheben (sog. Entfristungsklage). Diese Frist ist genauso kurz wie bei einer Kündigungsschutzklage. Verpasst man die 3-Wochen-Frist, kann die Befristung nicht mehr angefochten werden und das Arbeitsverhältnis endet, selbst wenn die Befristung eigentlich rechtswidrig war.

Praxis-Tipp: Melden Sie sich am besten vor Vertragsende bei einer Fachanwältin oder einem Fachanwalt für Arbeitsrecht, wenn Sie Zweifel an der Befristung haben. So bleibt genügend Zeit, die Erfolgsaussichten zu prüfen und rechtzeitig Klage einzureichen. Arbeitgeber sollten umgekehrt wissen, dass eine unwirksame Befristung nur dann „unproblematisch“ bleibt, wenn der Mitarbeiter nicht fristgerecht klagt – was jedoch ein Risiko darstellt, auf das man sich nicht verlassen sollte.

Im Zweifel rechtlich beraten lassen

Die Wirksamkeit von Befristungen kann im Einzelfall kompliziert sein. Zusammengefasst unwirksam sind Befristungen insbesondere, wenn kein Sachgrund vorliegt (obwohl einer nötig wäre), wenn die sachgrundlose Höchstdauer oder Verlängerungsanzahl überschritten wurde, wenn gegen das Vorbeschäftigungsverbot verstoßen wurde oder wenn Formvorschriften (Schriftform) nicht eingehalten wurden. Im Zweifel sollten sich sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer individuell beraten lassen. Eine frühzeitige Rechtsberatung kann helfen, Fallstricke zu erkennen – sei es bei der Gestaltung befristeter Verträge oder bei der Entscheidung, eine Entfristungsklage einzureichen. So lässt sich sicherstellen, dass Arbeitsverträge fair und rechtskonform gestaltet sind und niemand unbeabsichtigt auf seine Rechte verzichtet.