Mobbing erkennen und ernst nehmen: Viele Arbeitnehmer, die im Büro unter Mobbing leiden, werden zunächst gezielt ausgegrenzt oder isoliert. Oft beginnt es subtil – etwa indem Kollegen eine Person nicht mehr in Gespräche einbeziehen, wichtige Informationen vorenthalten oder hinter dem Rücken der Person tuscheln. Mobbing am Arbeitsplatz bezeichnet das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Demütigen von Beschäftigten über längere Zeit. Es schafft ein feindseliges Umfeld, geprägt durch Einschüchterungen, Erniedrigungen und Beleidigungen, das die Würde und das seelische Wohl des Opfers verletzt. Solche Schikanen passieren häufig im Verborgenen, denn die Betroffenen leiden meist still – aus Angst oder Scham sprechen sie das Problem nicht sofort an. Arbeitgeber sollten diese Warnsignale jedoch keinesfalls ignorieren, denn Mobbing am Arbeitsplatz ist nicht nur menschlich belastend, sondern kann für den Betrieb teure Folgen haben. Studien zeigen, dass über die Hälfte aller Mobbingfälle in Deutschland im Arbeitsumfeld stattfinden und jährlich rund 8 Milliarden Euro an Produktionsausfällen durch krankheitsbedingte Ausfälle infolge von Mobbing entstehen. Mobbingopfer entwickeln häufig psychische Leiden wie Depressionen oder Angststörungen und klagen zugleich über körperliche Beschwerden (z. B. Magen-Darm-Probleme oder Schlafstörungen). Indirekt trifft dies auch den Arbeitgeber: Mobbing führt zu sinkender Arbeitsleistung, erhöhten Fehlzeiten, möglicher Frühverrentung, Kosten für Ersatzpersonal, Gerichtsverfahren, Entschädigungszahlungen sowie Reputationsverlust. Es liegt also im ureigenen Interesse des Arbeitgebers, Mobbing frühzeitig zu erkennen und entschieden dagegen vorzugehen.
Rechtliche Pflicht: Fürsorge und Schutz vor Mobbing
Arbeitgeber sind rechtlich verpflichtet, ihre Mitarbeiter vor Mobbing und psychischen Belastungen am Arbeitsplatz zu schützen. Zwar gibt es in Deutschland kein eigenes „Anti-Mobbing-Gesetz“, doch ergeben sich Schutzpflichten aus höherrangigen Normen. Art. 1 und Art. 2 Grundgesetz garantieren die Unantastbarkeit der Menschenwürde und das Recht auf körperliche Unversehrtheit – daraus leitet sich eine allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ab. Ebenso verpflichtet das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) den Arbeitgeber, Gefährdungen für die physische und psychische Gesundheit seiner Beschäftigten möglichst auszuschalten. Mobbing wird hierbei als eine Form von Gesundheitsgefahr am Arbeitsplatz angesehen, die es präventiv zu verhindern gilt. Der Arbeitgeber muss also das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre und die Gesundheit seiner Angestellten wahren und eine Arbeitsumgebung schaffen, in der Würdeverletzungen keinen Platz haben.
Gerichtsurteile haben die Arbeitgeberpflichten konkretisiert: In den letzten Jahren haben Arbeitsgerichte die Rechte von Mobbingopfern gestärkt. So hat z. B. das Thüringer Landesarbeitsgericht entschieden, dass ein Arbeitgeber als „Störer“ (Mitverantwortlicher) auch dann haftbar gemacht werden kann, wenn er selbst nicht mobbt, aber untätig bleibt und es unterlässt, durch geeignete Maßnahmen oder Organisation des Betriebs Mobbing zu unterbinden. Mit anderen Worten: Schweigen oder Wegschauen schützt den Arbeitgeber nicht. Sobald er von Mobbingvorfällen Kenntnis erlangt, muss er einschreiten – andernfalls verletzt er seine arbeitsvertragliche Nebenpflicht zur Fürsorge. Diese Pflicht umfasst auch den Schutz vor Verletzungen des Persönlichkeitsrechts der Mitarbeiter. Verletzt der Arbeitgeber diese Pflicht, drohen ihm arbeitsrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen (dazu unten mehr).
Hinweis: Mobbing selbst ist in Deutschland als Begriff juristisch nicht exakt definiert und als Gesamtsachverhalt kein eigener Straftatbestand. Einzelne Handlungen im Mobbing-Kontext können allerdings sehr wohl rechtswidrig sein – z. B. Beleidigungen (§ 185 StGB), üble Nachrede (§ 186 StGB) oder Nötigung (§ 240 StGB). Unabhängig von strafrechtlichen Aspekten gilt im Arbeitsrecht: Das regelmäßige Schikanieren einer Person verletzt deren vertraglich geschütztes Persönlichkeitsrecht. Arbeitgeber stehen hier in der Pflicht, einzuschreiten – spätestens wenn der Betroffene sich beschwert oder offensichtliche Anzeichen von Mobbing auftreten.
Prävention: Mobbing gar nicht erst entstehen lassen
Am effektivsten ist es, Mobbing vorzubeugen, bevor es eskaliert. Ein guter Arbeitgeber schafft eine Betriebskultur, in der Respekt, Offenheit und Teamgeist gefördert werden. Führungskräfte tragen dabei eine Schlüsselrolle: Sie prägen durch ihr eigenes Verhalten und durch aktives Eingreifen das Klima im Team. Vorleben statt Wegsehen lautet die Devise. Praxisnah bedeutet das zum Beispiel:
- Klare Verhaltensregeln: Etablieren Sie einen Code of Conduct oder Verhaltensleitlinien gegen Mobbing. Darin sollte unmissverständlich stehen, dass Schikanen, Ausgrenzungen und Diskriminierungen im Unternehmen nicht toleriert werden. Dieser anti-Mobbing-Kodex kann – falls ein Betriebsrat existiert – per Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat vereinbart werden. Dann ist er für alle Beschäftigten verbindlich und zeigt, dass die Unternehmensführung geschlossen hinter dem Thema steht.
- Offene Kommunikationskultur: Sorgen Sie dafür, dass Probleme frühzeitig angesprochen werden können. Mitarbeiter sollten wissen, an wen sie sich vertrauensvoll wenden können, wenn sie sich gemobbt fühlen (etwa an HR, Vorgesetzte oder eine Vertrauensperson). In größeren Unternehmen (>250 Mitarbeiter) ist inzwischen auch ein Hinweisgebersystem vorgeschrieben, über das Beschäftigte Meldungen – z. B. zu Mobbing – anonym abgeben können. Wichtig ist: Jede Meldung muss ernst genommen und vertraulich behandelt werden, ohne dass der Betroffene Repressionen befürchten muss.
- Schulung und Sensibilisierung: Schulen Sie Führungskräfte im Erkennen von Konflikten und Mobbing-Signalen. Vorgesetzte sollten z. B. lernen, welche Verhaltensweisen typischerweise auf beginnendes Mobbing hindeuten (ständiges Kritisieren einer Person, Abwertungen, Isolation im Team etc.) und wie sie frühzeitig eingreifen. Ein rechtzeitiges, klar positioniertes Eingreifen kann Mobbing oft im Keim ersticken. Durch Workshops oder Trainings zur Konfliktlösung stärken Sie zudem die Handlungskompetenz im Umgang mit schwierigen Teamdynamiken.
- Vorbildfunktion und Teamgeist: Führungskräfte und Geschäftsleitung müssen vorleben, was sie von ihren Mitarbeitern erwarten. Ein wertschätzender Umgangston von „ganz oben“ schafft die besten Voraussetzungen für ein gutes Betriebsklima. Zeigen Sie Anerkennung für gute Arbeit und fördern Sie Team-Aktivitäten, um den Zusammenhalt zu stärken. Beispiel: Machen Sie sich ein Bild vom sozialen Klima: Gehen Ihre Mitarbeiter gemeinsam in die Mittagspause? Oder bilden sich kleine, geschlossene Untergruppen, die einzelne Kollegen ausschließen? Achten Sie auf solche Signale. Wenn Ihnen auffällt, dass etwa ein neuer Mitarbeiter ausgegrenzt wird – niemand setzt sich in der Kantine zu ihm, im Meeting redet man über seinen Kopf hinweg – greifen Sie aktiv ein. Sprechen Sie das Team auf Ihr Beobachtetes an, bevor sich ein Konflikt verhärtet. Gegebenenfalls helfen einfache Mittel, z. B. ein regelmäßiges gemeinsames Team-Mittagessen zu initiieren, um das Miteinander zu fördern. Solche präventiven Schritte können viel bewirken, damit erst gar keine Mobbing-Dynamik entsteht.
Zusammengefasst: Eine präventive Anti-Mobbing-Strategie kombiniert klare Regeln, Sensibilisierung der Führungskräfte und eine offene, unterstützende Kultur im Betrieb. Dadurch erkennen Mitarbeiter und Vorgesetzte frühzeitig mögliche Mobbingfälle und wissen, dass die Unternehmensleitung hinter ihnen steht, wenn es darum geht, Ungerechtigkeiten abzustellen.
Konkrete betriebliche Maßnahmen bei Mobbing-Vorfällen
Trotz aller Prävention kann es vorkommen, dass ein Arbeitgeber mit einem akuten Mobbingvorwurf konfrontiert wird – sei es durch eigene Beobachtung, eine Beschwerde des Betroffenen oder Hinweise von Kollegen. Dann gilt: Zeitnah und entschlossen handeln. Jeder Tag, an dem nichts geschieht, kann das Problem verschlimmern. Folgende Schritte sollten Arbeitgeber im Ernstfall erwägen:
- Sichtung und Dokumentation der Vorwürfe: Nehmen Sie die Schilderungen des Betroffenen ernst und lassen Sie sich konkrete Details geben: Wer hat wann was getan oder gesagt? Pauschale Angaben („Ich werde immer schikaniert“) reichen rechtlich nicht – es müssen greifbare Vorfälle benannt werden. Fordern Sie den gemobbten Mitarbeiter auf, ein Mobbingtagebuch zu führen, falls noch nicht geschehen. Gleichzeitig sollten Sie eigene Notizen anfertigen, welche Schritte Sie als Arbeitgeber unternehmen. Diese Dokumentation ist später wichtig, um nachzuweisen, dass Sie Ihrer Pflicht zum Handeln nachgekommen sind.
- Interne Untersuchung (Internal Investigation): Finden Sie zeitnah heraus, was an den Vorwürfen dran ist. Das bedeutet in der Regel: Gespräche mit allen Beteiligten und ggf. Zeugen führen – neutral und vertraulich. Halten Sie sich an die betrieblichen Beschwerdewege (gemäß § 13 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG – oder internen Richtlinien). Falls vorhanden, können der Betriebsrat oder eine externe Beratungsstelle hinzugezogen werden. Wichtig ist, unvoreingenommen beide Seiten zu hören. Beispiel: Ein Mitarbeiter meldet, zwei Kollegen würden ihn gezielt mit Arbeit überhäufen und anschließend vor dem Chef schlechtmachen. Der Arbeitgeber sollte hier mit den beschuldigten Kollegen sprechen, deren Sicht anhören und prüfen, ob objektiv eine Schikane vorliegt oder ob es Missverständnisse in der Aufgabenzuteilung gibt. Solche Untersuchungen zeigen den Beteiligten, dass das Unternehmen den Vorfall ernst nimmt.
- Sofortmaßnahmen zum Schutz des Betroffenen: Bereits während der Aufklärung gilt es, das gemobbte Opfer zu schützen. Je nach Situation kann es sinnvoll sein, die Konfliktparteien vorübergehend zu trennen – zum Beispiel durch Versetzung in unterschiedliche Abteilungen oder Umsetzung an andere Arbeitsplätze. Auch Mobber und Opfer räumlich zu trennen (verschiedene Schichten oder Büros) kann Druck rausnehmen. Ein klärendes gemeinsames Gespräch unter externer Moderation (Mediation) könnte versucht werden, wenn beide Seiten dazu bereit sind. Bieten Sie dem betroffenen Mitarbeiter Hilfe an – sei es durch den Betriebsarzt, psychologische Unterstützung oder einfach durch das Signal: „Wir stehen hinter Ihnen und dulden dieses Verhalten nicht.“ Für das Team sollte klar erkennbar sein, dass der Arbeitgeber den Vorfall nicht unter den Teppich kehrt.
- Konsequenzen für den Mobber: Bestätigt sich der Mobbingvorwurf, muss der Arbeitgeber konsequent reagieren. Welche arbeitsrechtlichen Sanktionen angezeigt sind, hängt vom Schweregrad des Fehlverhaltens ab. In leichten Fällen kann eine Ermahnung oder ein klärendes Gespräch ausreichend sein – verbunden mit der unmissverständlichen Aufforderung, das beanstandete Verhalten zukünftig zu unterlassen. In schwerwiegenden oder fortgesetzten Fällen wird meist eine Abmahnung gerechtfertigt sein. Die Abmahnung dient als letzte Warnung: Sollte der Mobber erneut negativ auffallen, muss er mit einer Kündigung rechnen. Tatsächlich erkennen die Gerichte Mobbing als wichtigen Kündigungsgrund an – Mobbing kann sogar eine fristlose (außerordentliche) Kündigung des Täters rechtfertigen, insbesondere wenn das Vertrauensverhältnis irreparabel gestört ist. In Extremfällen, etwa bei Tätlichkeiten oder schweren Beleidigungen, kann eine sofortige Freistellung oder Versetzung des Mobbers notwendig sein, bis die Kündigung ausgesprochen werden kann.
- Nachbereitung und Monitoring: Auch nachdem Maßnahmen ergriffen wurden, sollte der Arbeitgeber die Situation im Auge behalten. Hat sich das Klima verbessert? Fühlt sich der betroffene Mitarbeiter wieder integriert und sicher? Es empfiehlt sich, einige Wochen nach dem Vorfall ein Gespräch mit dem ehemals Gemobbten zu führen, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen greifen. Ebenso sollten die übrigen Teammitglieder sensibilisiert bleiben, damit kein neues Mobbing entsteht. Die Dokumentation aller Schritte (Beschwerde, Gespräche, Maßnahmen) sollte sorgfältig aufbewahrt werden, falls es später zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommt.
Durch solch strukturiertes Vorgehen zeigt der Arbeitgeber, dass er seiner Fürsorgepflicht aktiv nachkommt. Das schafft Vertrauen bei den Mitarbeitern und verringert gleichzeitig das Haftungsrisiko des Unternehmens.
Haftungsfragen: Risiken bei Untätigkeit des Arbeitgebers
Was passiert, wenn ein Arbeitgeber Mobbing nicht unterbindet? Hier kommen Haftungsfragen ins Spiel, also mögliche Ansprüche der Opfer gegen den Arbeitgeber. Grundsätzlich gilt: Der Arbeitgeber haftet nicht automatisch für jedes Fehlverhalten unter Kollegen – aber seine Untätigkeit kann ihn sehr wohl schadensersatzpflichtig machen.
Haftung für eigenes Fehlverhalten oder von Vorgesetzten: Mobbt der Arbeitgeber selbst (etwa ein Geschäftsführer oder Abteilungsleiter), haftet das Unternehmen natürlich direkt für dieses Verhalten. Ebenso wird ein direkter Vorgesetzter in der Regel als Vertreter des Arbeitgebers angesehen. Vergreift sich also ein Chef gegenüber einem Untergebenen im Ton oder schikaniert ihn systematisch, muss der Arbeitgeber für diesen Vertrauensmissbrauch in der Hierarchie einstehen. Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass bei Rechtsverletzungen durch Erfüllungsgehilfen (hier: Führungskräfte im Rahmen ihres Weisungsrechts) der Arbeitgeber wie für eigenes Verschulden haftet. Daher kann ein Unternehmen auch dann zum Schadensersatz verurteilt werden, wenn die Geschäftsführung von dem Mobbing durch einen Teamleiter gar nichts wusste – es reicht, dass der Vorgesetzte seine Stellung missbraucht hat.
Haftung bei Mobbing unter Kollegen: Schwieriger ist die Lage, wenn „nur“ Kollegen auf gleicher Hierarchiestufe sich gegenseitig mobben. Hier gilt: Für das Verhalten von Kollegen haftet der Arbeitgeber nicht ohne Weiteres, da diese nicht in Vertretung des Arbeitgebers handeln. Aber – und das ist entscheidend – der Arbeitgeber hat die Pflicht, für ein sicheres, belästigungsfreies Arbeitsumfeld zu sorgen. Sobald er konkrete Hinweise auf Mobbing erhält, muss er einschreiten. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, haftet er gegebenenfalls doch. Juristisch würde man sagen: Der Arbeitgeber macht sich durch das pflichtwidrige Unterlassen eigener Abhilfemaßnahmen schadenersatzpflichtig. Beispiel: Ein Arbeitnehmer wird von zwei Kollegen permanent schikaniert (Tuscheleien, falsche Beschuldigungen etc.), erleidet dadurch gesundheitliche Schäden und informiert den Arbeitgeber. Unternimmt der Arbeitgeber daraufhin nichts, kann der Betroffene ihn auf Schmerzensgeld verklagen mit der Begründung, der Arbeitgeber habe seine Fürsorgepflicht verletzt. In einem realen Fall vor dem Arbeitsgericht Eisenach wurde genau dies entschieden: Eine Arbeitnehmerin, die über ein Jahr von ihrer Vorgesetzten schikaniert wurde und schließlich psychisch erkrankte, bekam 17.500 € Schmerzensgeld zugesprochen – zu zahlen gemeinschaftlich von der mobbenden Vorgesetzten und der untätigen Arbeitgeberin. Die Gerichte stellen also klar: Unternehmen dürfen Mobbing nicht einfach laufen lassen, sonst drohen spürbare finanzielle Konsequenzen.
Schadensersatz und Schmerzensgeld: Mobbingopfer können vor Gericht verschiedene Ansprüche geltend machen. Häufig verlangt wird Schmerzensgeld (eine Entschädigung für die erlittene seelische und körperliche Qual). Daneben kommen Schadensersatzansprüche in Betracht, z. B. für Verdienstausfall, Behandlungskosten oder Kündigungskosten, wenn der Mitarbeiter wegen Mobbings kündigt. Allerdings sind deutsche Gerichte bei immateriellen Schäden eher zurückhaltend; die zugesprochenen Summen bewegen sich meist im vier- bis fünfstelligen Bereich, abhängig vom Einzelfall. Trotzdem können für ein Unternehmen schon 10.000–20.000 € nebst Prozesskosten schmerzhaft sein – ganz zu schweigen vom Imageschaden und der Unruhe im Betrieb, die ein öffentlich ausgetragener Mobbingfall mit sich bringt. Arbeitgeber sollten sich bewusst sein, dass ein Gerichtsprozess auch viel Zeit und Arbeitskraft bindet, die anderswo fehlen.
Diskriminierung und AGG: Eine besondere Konstellation liegt vor, wenn Mobbing mit Diskriminierung einhergeht – also das Opfer wegen eines geschützten Merkmals (etwa seiner Herkunft, Religion, seines Geschlechts, Alters, einer Behinderung etc.) drangsaliert wird. In solchen Fällen greift das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ein. Das AGG verpflichtet Arbeitgeber ausdrücklich, Benachteiligungen aus diesen Gründen durch präventive Maßnahmen und Eingreifen zu verhindern. Wird ein Mitarbeiter beispielsweise wegen seiner ethnischen Herkunft oder seines Alters gemobbt, kann er unter erleichterten Bedingungen Entschädigung fordern. Bereits ein einzelner gravierender Vorfall kann hier zu einer Haftung des Arbeitgebers führen. Zudem kehrt das AGG teilweise die Beweislast um: Der Arbeitnehmer muss nur Indizien für die Benachteiligung darlegen, dann muss der Arbeitgeber beweisen, dass keine Diskriminierung vorlag. Die Entschädigung nach AGG (§ 15 Abs. 2 AGG) ist zwar in Deutschland der Höhe nach ebenfalls begrenzt (keine „astronomischen“ Beträge wie etwa in den USA), aber sie kommt zusätzlich zu den oben genannten Ansprüchen in Betracht. Fazit: Gerade bei Mobbing mit z. B. rassistischem oder sexistischem Hintergrund besteht ein hohes Haftungsrisiko. Arbeitgeber sollten solche Fälle besonders sensibel behandeln und rasch abstellen.
Haftung des Betriebsrats: Am Rande sei erwähnt, dass auch ein Betriebsrat Pflichten beim Thema Mobbing hat. Er soll gemäß § 80 BetrVG über die Einhaltung von Gesetzen wachen und die Belegschaft schützen. Wenn der Betriebsrat von Mobbing erfährt, muss er tätig werden und z. B. auf Abhilfe drängen oder sogar eine Versetzung/Kündigung des Mobbers verlangen. Vernachlässigt ein Betriebsrat seine Schutzpflichten grob (im Extremfall: er ignoriert eine eindeutige Mobbing-Beschwerde, vielleicht aus Kumpanei mit dem Mobber), könnten Betriebsratsmitglieder theoretisch ebenfalls auf Schadensersatz haften. Solche Fälle sind aber selten – in der Praxis steht eher der Arbeitgeber im Fokus der Haftung.
Aktives Handeln zahlt sich aus
Mobbing am Arbeitsplatz ist ein ernstzunehmendes Problem, das nicht nur die Opfer, sondern auch das gesamte Unternehmen betrifft. Für Arbeitgeber bedeutet dies: Wegschauen ist keine Option. Sie sind rechtlich wie moralisch verpflichtet, ein Arbeitsklima frei von Mobbing zu gewährleisten. Konkret sollten Arbeitgeber präventiv tätig werden, klare Regeln gegen Mobbing etablieren und Führungskräfte schulen. Wenn dennoch ein Vorfall gemeldet wird, heißt es zügig reagieren – durch Untersuchung, Schutz der Betroffenen und Sanktion der Täter. Der Aufwand hierfür ist allemal geringer als die potenziellen Folgekosten, die ignoriertes Mobbing nach sich ziehen kann – von Produktivitätsverlusten bis zu Schadensersatzansprüchen in beträchtlicher Höhe. Zudem fördert ein respektvolles, wertschätzendes Arbeitsumfeld die Motivation und Loyalität aller Mitarbeiter.
Praxis-Tipp: Nehmen Sie jedes Anzeichen von Mobbing ernst, mögen Sie es anfangs noch so banal finden. Oft sind es kleine Dinge – ein Mitarbeiter, der plötzlich vom Team isoliert wird, Tuscheleien auf dem Flur –, die auf größere Konflikte hindeuten. Suchen Sie das Gespräch, holen Sie den Betroffenen aus der Isolation und setzen Sie ein klares Zeichen: In unserem Betrieb hat Mobbing keine Chance. Wenn Arbeitgeber so agieren, schützen sie nicht nur ihre Mitarbeiter, sondern auch ihr Unternehmen vor Schaden. Denn ein gutes Betriebsklima ist letztlich kein „Nice-to-have“, sondern die Basis für langfristigen Unternehmenserfolg.