Seit Inkrafttreten des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) im Jahr 2017 unterliegen sogenannte Prostitutionsgewerbe einer behördlichen Erlaubnispflicht. Als Prostitutionsgewerbe gilt jede geschäftsmäßige Tätigkeit, die darauf abzielt, aus der Prostitution anderer Personen wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Darunter fallen insbesondere der Betrieb von Prostitutionsstätten (z.B. Bordelle, Terminwohnungen) oder die Bereitstellung von Räumlichkeiten für sexuelle Dienstleistungen. Ausgenommen sind nur die eigentlichen sexuellen Dienstleistungen durch die Prostituierten selbst, nicht jedoch die Organisation drumherum.
Für den Betrieb eines Prostitutionsgewerbes schreibt § 12 ProstSchG eine behördliche Erlaubnis vor. Das bedeutet: Wer z.B. eine Räumlichkeit gewerblich für sexuelle Handlungen bereitstellt oder solche Dienste vermittelt, braucht zuvor eine offizielle Genehmigung. Liegt keine solche Erlaubnis vor, darf das Gewerbe nicht ausgeübt werden – es wäre illegal. Genau ein solcher Fall landete nun vor dem Verwaltungsgericht (VG) Köln.
Der Fall: Massagesalon oder Bordell? – Deckmantel Wellnessmassage enttarnt
Im entschiedenen Fall hatte ein Gewerbetreibender in Köln einen Massagesalon mit “Wellnessmassagen” angemeldet. Die Behörden stellten jedoch fest, dass dort tatsächlich sexuelle Dienstleistungen gegen Entgelt angeboten und erbracht wurden, also ein Prostitutionsbetrieb unter dem Deckmantel eines Massagesalons geführt wurde. Hinweise darauf lieferten zahlreiche Online-Bewertungen in einschlägigen Foren, in denen Kunden detailliert sexuelle Handlungen in diesem Betrieb beschrieben.
Der Betreiber bestritt dies und argumentierte, man könne solchen anonymen Forenberichten nicht trauen. Das Gericht hielt dem entgegen, dass die Einheitlichkeit und Detailtiefe der unabhängigen Erfahrungsberichte es lebensfremd erscheinen lassen, dass all diese Schilderungen frei erfunden seien. Mehrere Nutzer berichteten über einen längeren Zeitraum übereinstimmend von sexuellen Angeboten in exakt diesem “China Massage” Studio, was für das Gericht ein starkes Indiz war.
Zusätzlich stellten städtische Kontrolleure bei einer Überprüfung vor Ort verdächtige Umstände fest: Die Eingangstür war verschlossen und wurde nur nach Klingeln geöffnet, der Eingangsbereich per Kamera überwacht und Fenster mit Folie blickdicht gemacht (Einblick von außen nicht möglich). Solche Vorkehrungen sind für reine Wellness-Massagestudios eher unüblich, passten aber ins Bild eines heimlich betriebenen Prostitutionsortes. Zwar reichen solche Maßnahmen für sich allein nicht als Beweis, doch in Verbindung mit den eindeutigen Foreneinträgen untermauerten sie den Verdacht weiter.
Ergebnis: Die Behörden gingen von einem unerlaubten Prostitutionsgewerbe aus – denn der Betreiber hatte keine Erlaubnis nach § 12 ProstSchG dafür eingeholt. Es folgte eine Ordnungsverfügung mit sofortiger Betriebsschließung des Massagesalons und Untersagung der weiteren Tätigkeit.
Rechtsgrundlage der Schließung: § 15 Abs. 2 GewO bei fehlender Erlaubnis
Das ProstSchG selbst enthält keine ausdrückliche Regelung, wie in solchen Fällen ohne Erlaubnis zu verfahren ist. Daher griff die Behörde – wie auch vom VG Köln bestätigt – auf § 15 Abs. 2 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO) zurück. Diese Vorschrift erlaubt es, die Fortführung eines erlaubnispflichtigen Gewerbes zu verhindern, wenn es ohne die nötige Zulassung betrieben wird. Mit anderen Worten: Kein Prostitutionsgewerbe ohne Genehmigung – ansonsten darf die Behörde den Laden dichtmachen. Genau das geschah hier.
Das VG Köln stellte klar, dass die Schließung des Betriebs rechtmäßig war. Der Massagesalon war faktisch ein Prostitutionsbetrieb, und mangels Erlaubnis durfte die Stadt diesen unverzüglich schließen. Die Rechtsgrundlage § 15 Abs. 2 GewO füllte die Lücke, da das ProstSchG zwar die Erlaubnispflicht statuiert, aber kein eigenes Instrument zur Schließung vorsieht.
Für betroffene Gewerbetreibende bedeutet das: Sobald ein Gewerbe besondere Genehmigungen erfordert (hier nach ProstSchG), ist das Führen ohne solche Erlaubnis rechtswidrig. Die Behörden können dann einschreiten, ohne erst ein langes Verfahren abwarten zu müssen. Im vorliegenden Fall wurde der Betrieb sofort versiegelt, um weitere illegale Aktivitäten zu unterbinden. Das Gericht billigte diese Maßnahme als verhältnismäßig zum Schutz der dort tätigen Personen, der Anwohner und der Allgemeinheit.
Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit (§ 35 GewO)
Die Konsequenzen für den Betreiber gingen noch weiter: Neben der konkreten Schließung des Massagesalons erließ die Stadt eine allgemeine Gewerbeuntersagung gegen ihn gemäß § 35 Abs. 1 GewO. Nach dieser Vorschrift ist einem Gewerbetreibenden die Ausübung des Gewerbes zu untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er nicht zuverlässig ist und das Gewerbe künftig nicht ordnungsgemäß führen wird.
Im Klartext: Wer wiederholt gesetzliche Vorschriften im Gewerbebetrieb missachtet, gilt als unzuverlässig. Im vorliegenden Fall hatte der Unternehmer über Jahre an verschiedenen Standorten immer wieder unter dem Label “Wellnessmassage” tatsächlich Prostitution betrieben, ohne jemals die nötige Erlaubnis einzuholen. Dieses beharrliche Ignorieren der Erlaubnispflicht zeigte einen ständigen Hang zur Rechtsverstöße, so das Gericht. Auch wenn jeder einzelne Verstoß für sich genommen vielleicht kein Verbot begründet hätte, ergab die Summe der Verstöße ein deutliches Bild: der Gewerbetreibende war nicht gewillt, sich an die Gesetze zu halten.
Die Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO dient dem Schutz der Allgemeinheit und der Beschäftigten. Gerade im Prostitutionsgewerbe sollen durch die Erlaubnispflicht und weitere Auflagen (z.B. Mindestanforderungen nach § 18 ProstSchG wie Notrufsysteme, Hygienestandards) Gesundheit und Leben der Sexarbeiter/innen geschützt werden. Wer diese Regeln dauerhaft umgeht, gefährdet diese Schutzgüter. Daher wurde hier die Untersagung des gesamten angemeldeten Gewerbes “Wellnessmassagen” als erforderlich und verhältnismäßig angesehen. Der Schutz der Allgemeinheit und der Arbeitnehmer hat Vorrang vor dem privaten Interesse des Betreibers, seine Erwerbsquelle fortzuführen.
Wichtig: Eine Gewerbeuntersagung entzieht dem Betroffenen die Erlaubnis, das konkrete Gewerbe (hier Massagebetrieb) weiterhin zu betreiben. Sie wird in der Regel erst aufgehoben, wenn der Betroffene seine Zuverlässigkeit wieder nachweisen kann – was meist einige Jahre beanstandungsfreier Führung oder andere Nachweise erfordert.
Erweiterte Gewerbeuntersagung: Verbot von ähnlichen Tätigkeiten als Deckmantel
Besonders bemerkenswert in diesem Fall: Das VG Köln bestätigte auch eine erweiterte Gewerbeuntersagung. Die Behörde hatte dem Betreiber vorsorglich untersagt, künftig jegliche selbständige Tätigkeit im Bereich Massagen oder Saunabetriebe auszuüben. Grundlage hierfür ist § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO. Danach kann das Gewerbeverbot auf andere Gewerbearten ausgedehnt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Betroffene auch in diesen Gewerben unzuverlässig handeln würde.
Im Klartext heißt das: Wer sein unerlaubtes Prostitutionsgeschäft immer wieder als “Massagestudio” oder ähnliches tarnt, dem kann vorbeugend verboten werden, überhaupt nochmal ein Massage- oder Sauna-Gewerbe zu betreiben. Genau diese Situation lag hier vor. Der Betreiber hatte bereits in der Vergangenheit mehrfach den Deckmantel von Massagesalons (und ähnlichen erlaubnisfreien Gewerben) genutzt, um darin faktisch Prostitution anzubieten. Es bestand daher eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass er sonst einfach an neuer Stelle mit einem ähnlichen Konzept weitermachen würde. Um diesem Ausweichmanöver einen Riegel vorzuschieben, erließ die Behörde das erweiterte Verbot – zu Recht, wie das Gericht betonte.
Für Gewerbetreibende bedeutet dies: Bei gravierenden Verstößen kann ein Gewerbeverbot nicht nur das aktuelle Geschäftsmodell, sondern auch verwandte Branchen umfassen. Wer also etwa im Massagegewerbe unzuverlässig agiert (hier durch illegalen Prostitutionsbetrieb), riskiert, dass ihm auch ähnliche Tätigkeiten (andere Wellness- oder körpernahe Dienstleistungen) untersagt werden, wenn die Gefahr besteht, dass er dort dasselbe Spiel betreibt. Die Erweiterung ist zulässig, solange nicht besondere Umstände sicher ausschließen, dass der Betroffene in ein anderes Gewerbe ausweicht. Solche Umstände waren hier nicht erkennbar – im Gegenteil hatte der Unternehmer ausdrücklich seinen Willen gezeigt, „sich auf jeden Fall gewerblich zu betätigen“, egal in welcher Form. Die Behörde durfte also proaktiv eingreifen, um weitere Umgehungsversuche zu verhindern.
Sofortige Vollziehung: Warum die Schließung sofort durchgesetzt wurde
Normalerweise haben Widerspruch oder Klage gegen eine Gewerbeuntersagung aufschiebende Wirkung – d.h. der Betroffene dürfte bis zur gerichtlichen Entscheidung weiterarbeiten. Hier aber hatte die Stadt Köln aus öffentlichem Interesse den sofortigen Vollzug der Verfügung angeordnet. Das VG Köln hat diese Anordnung eingehend geprüft und bestätigt.
Die Voraussetzungen für so eine sofortige Vollziehung (nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) sind hoch: Die Behörde muss ein besonderes öffentliches Interesse darlegen, das über das normale Vollzugsinteresse hinausgeht. Im vorliegenden Fall sah man dieses besondere Interesse als gegeben an, weil es um den Schutz von Leib und Leben der in der illegalen Prostitutionsstätte arbeitenden Personen ging. Solange der Betrieb weiterlaufen würde, bestünde die Gefahr, dass ohne die vorgeschriebenen Schutzmaßnahmen des ProstSchG (etwa Notrufsystem, gesundheitliche Überwachung, Kondompflicht etc.) die Gesundheit der Sexarbeiterinnen gefährdet wird. Dieses Schutzinteresse überwiegt bei Weitem die finanziellen Interessen des Betreibers, bis zum Abschluss des Verfahrens weiter Profite zu erzielen.
Hinzu kam ein Wettbewerbsaspekt: Der Betreiber hätte durch die Fortführung weiterhin einen unlauteren Vorteil gegenüber ehrlichen Gewerbetreibenden erlangt, die die gesetzlichen Auflagen erfüllen und Steuern/Abgaben entrichten. Diese Umgehung der Regeln zum eigenen Vorteil konnte die Behörde nicht hinnehmen. Insgesamt waren also gewichtige Gründe vorhanden, um sofort durchzugreifen. Das Gericht bestätigte, dass die Stadt Köln die Eilbedürftigkeit ausreichend konkret begründet hatte.
Für die Praxis heißt das: In Branchen mit hohen Schutzinteressen (Gesundheit, Sicherheit, Ordnung) müssen Gewerbetreibende damit rechnen, dass ein offensichtlicher Gesetzesverstoß sofort gestoppt wird. Das Recht auf aufschiebende Wirkung tritt in solchen Ausnahmefällen zurück, wenn sonst irreversible Schäden für die Allgemeinheit oder Dritte drohen. Gerade bei illegalem Prostitutionsgewerbe ist die Geduld der Behörden verständlicherweise gering.
Praxistipps für Gewerbetreibende
Die Entscheidung des VG Köln ist ein deutliches Warnsignal an alle Gewerbetreibenden, insbesondere im Wellness-, Erotik- oder Freizeitbereich:
- Erlaubnis nicht vergessen: Prüfen Sie genau, ob Ihr Geschäftsmodell einer speziellen Erlaubnis Im Zweifel rechtzeitig eine Genehmigung beantragen. Beispielsweise erfordert jede Form des Prostitutionsgewerbes zwingend eine Erlaubnis nach § 12 ProstSchG. Ohne diese droht die sofortige Schließung.
- Schein vs. Sein: Verlassen Sie sich nicht darauf, Ihr Gewerbe einfach anders zu benennen, um Vorschriften zu umgehen. Die Behörden und Gerichte schauen auf die tatsächliche Tätigkeit, nicht auf den Etikettenschwindel. Ein als „Massagepraxis“ angemeldeter Betrieb, in dem de facto sexuelle Dienstleistungen stattfinden, gilt als Prostitutionsstätte – mit allen rechtlichen Konsequenzen.
- Rechtsverstöße summieren sich: Auch kleinere oder vermeintliche „Grauzonen“-Verstöße können in der Summe Ihre gewerbliche Zuverlässigkeit infrage stellen. Wer wiederholt Regeln missachtet (z.B. fortgesetzter Betrieb ohne nötige Erlaubnis), riskiert ein Gewerbeverbot nach § 35 GewO – und zwar nicht nur für das aktuelle Gewerbe, sondern unter Umständen branchenübergreifend.
- Keine Zeit spielen: Falls die Behörde einschreitet, nehmen Sie das ernst. Ein Widerspruch oder eine Klage schützt Sie nicht immer vor sofortigen Maßnahmen. Bei wichtigen Gemeinwohlbelangen (Gesundheit, Sicherheit) können Verfügungen sofort vollziehbar Setzen Sie daher lieber frühzeitig auf Kooperation mit den Behörden, anstatt auf Zeit zu spielen.
- Wettbewerbsnachteil bei Legalität? Manch einer mag versucht sein, durch Umgehung von Vorschriften wirtschaftliche Vorteile zu erlangen (etwa Steuern sparen oder teure Auflagen vermeiden). Die Gerichte stellen klar: Solche Vorteile werden nicht toleriert. Langfristig fährt besser, wer von Anfang an legal und compliant arbeitet – nicht nur aus Angst vor Sanktionen, sondern auch um fairen Wettbewerb zu gewährleisten.
Gewerbetreibende sollten ihr Geschäftsmodell offen und ehrlich gestalten. Wer im Wellness- oder Erotiksektor tätig ist, muss die Grenzen zum erlaubnispflichtigen Prostitutionsgewerbe kennen. Schon der bezahlte “Happy-End”-Service in einem Massagestudio kann rechtlich den Ausschlag geben, dass es als Prostitutionsbetrieb mit Erlaubnispflicht gewertet wird. Die Behörden sind sensibilisiert und nutzen auch moderne Ermittlungsansätze (Internetrecherche, Forumsbeiträge) – man sollte ihre Entschlossenheit nicht unterschätzen. Im Zweifel gilt: Lieber vorher beraten lassen und erforderliche Genehmigungen einholen, als hinterher den kompletten Betriebsverlust und ein Berufsverbot zu riskieren.