Wenn das beA nicht funktioniert reicht das Fax

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 25.05.2023 zum Aktenzeichen V ZR 134/22 entschieden, dass § 130d Satz 2 ZPO auf die vorübergehende technische Unmöglichkeit im Zeitpunkt der beabsichtigten Übermittlung des elektronisch einzureichenden Dokuments abstellt. Der Prozessbevollmächtigte, der aus technischen Gründen gehindert ist, einen fristwahrenden Schriftsatz elektronisch einzureichen, ist, nachdem er die zulässige Ersatzeinreichung veranlasst hat, nicht mehr gehalten, sich vor Fristablauf weiter um eine elektronische Übermittlung zu bemühen.

Die Revision ist zulässig; insbesondere hat der Kläger sie innerhalb der verlängerten Frist formgerecht begründet.

Gemäß § 551 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist die Revisionsbegründung in einem Schriftsatz bei dem Revisionsgericht einzureichen, auf welchen die allgemeinen Vorschriften über vorbereitende Schriftsätze anzuwenden sind (§ 551 Abs. 4, § 549 Abs. 2 ZPO). Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die – wie hier – durch einen Rechts-anwalt eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln (§ 130d Satz 1 ZPO). Die durch das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10. Oktober 2013 (BGBl. I, S. 3786) neu geschaffene Bestimmung des § 130d ZPO ist am 1. Januar 2022 in Kraft getreten (Art. 26 Abs. 7 des Gesetzes). Sie ist damit auf ab diesem Zeitpunkt gegenüber den Gerichten abgegebene Erklärungen von Rechtsanwälten anwendbar. Die zwingende Einreichung von Erklärungen in der elektronischen Form gemäß § 130d Satz 1 ZPO betrifft die Frage ihrer Zulässigkeit. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Form ist deshalb von Amts wegen zu prüfen. Ein Formverstoß führt zur Unwirksamkeit der Prozesserklärung. Die Voraussetzungen des § 130d Satz 1 ZPO sind vorliegend nicht erfüllt, da der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Revisionsbegründung binnen der verlängerten Revisionsbegründungsfrist dem Revisionsgericht nicht wie gesetzlich gefordert als elektronisches Dokument übermittelt hat, sondern nach den allgemeinen Vorschriften (§§ 129 ff. ZPO) in Schriftform. Allerdings waren die Voraussetzungen für eine Ersatzeinreichung gemäß § 130d Satz 2 und 3 ZPO erfüllt.

Nach § 130d Satz 2 ZPO bleibt die Übermittlung eines Schriftsatzes nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wenn die Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen (§ 130d Satz 3 Halbsatz 1 ZPO).

Vorliegend ist eine durch den Ausfall des Systems des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) bedingte vorübergehende technische Unmöglichkeit im Sinne von § 130d Satz 2 ZPO anzunehmen. Aufgrund einer Störung stand das System den Anwendern nicht zur Verfügung, so dass der Zu-griff auf beA-Dienste, insbesondere das Postfach, nicht möglich war. Eine Störung des besonderen Anwaltspostfachs führt grundsätzlich zu einer vorübergehenden technischen Unmöglichkeit.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die vorübergehende Unmöglichkeit der Übermittlung der Revisionsbegründung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen mit der Ersatzeinreichung ausreichend glaubhaft gemacht (§ 294 ZPO). Dass er seine weitere Erklärung, er habe danach bis zum Büroschluss die Funktionsfähigkeit des beA weiterhin überprüft, nicht glaubhaft gemacht hat, ist unschädlich. § 130d Satz 2 ZPO stellt auf die vorübergehende technische Unmöglichkeit im Zeitpunkt der beabsichtigten Übermittlung des elektronisch einzureichenden Dokuments ab. Nur diese muss glaubhaft gemacht werden. Der Prozessbevollmächtigte, der aus technischen Gründen gehindert ist, einen fristwahrenden Schriftsatz elektronisch einzureichen, ist, nachdem er die zulässige Ersatzeinreichung veranlasst hat, nicht mehr gehalten, sich vor Fristablauf weiter um eine elektronische Übermittlung zu bemühen. Ein elektronisches Dokument ist nach § 130d Satz 3 Halbsatz 2 ZPO bei ausreichender Ersatzeinreichung zusätzlich nur auf gerichtliche Anforderung nachzureichen.