Wenn die Polizei den Unfallort nicht findet

Das Landgericht Augsburg hat mit Urteil vom 27.11.2017 entschieden, dass kein Amtshaftungsanspruch besteht, wenn die Polizei auf einen Notruf hin den Unfallwagen und die schwer verletzte Person nicht findet.

Im konkreten Fall reichten die Eltern eine Klage auf Schadensersatz (u. a. Beerdigungskosten) und Schmerzensgeld gegen Polizeibeamte ein, die trotz eines Notrufs das verunfallte Fahrzeug ihrer Tochter, sowie die schwer verletzte Tochter selbst, nicht fanden.

Diese kam aus ungeklärten Umständen von der Fahrbahn ab und fuhr – ohne Beschädigung der Leitplanke und eines Wildschutzzauns – über den Grünstreifen und stürzte dann in eine Brückenböschung, wo sie ca. 9 Stunden nach dem Unfallgeschehen durch einen Spaziergänger tot aufgefunden wurde.

Ein Zeuge hatte das Abkommen des Fahrzeugs offenbar bemerkt und den Notruf gewählt. Er berichtete von einem verunfallten Fahrzeug, bei dem er nur noch die Lichter gesehen habe.

In der Folge wurde er von der Notrufzentrale weitergeschickt.

Tragischer Umstand war, dass genau an dem vom Zeugen beschriebenen Unfallort kurz darauf ein Pannenfahrzeug am Seitenstreifen anhielt und der Fahrer den zum Unfall entsandten Streifenbeamten über Probleme mit der Lichtmaschine berichtete, wonach ihm ständig das Licht ausgehe.
Die Polizeibeamten zogen hieraus dem Rückschluss, dass der Zeuge offenbar dieses Pannenfahrzeug als Unfallfahrzeug wahrgenommen habe und es sich insoweit um eine Fehlmeldung handelte.

Trotz einer dennoch durchgeführten Suchaktion konnten die Polizeibeamten das verunfallte Fahrzeug oder auf einen Unfall hindeutende Spuren nicht finden.

Das Landgericht entschied nun, dass weder den Streifenbeamten, noch dem Notrufbeamten eine Amtspflichtverletzung vorzuwerfen ist.

Letztlich handelte es bei den Umständen, die zu dem tragischen Tod der Fahrerin führten, „um eine nicht vorhersehbare Verkettung unglücklicher Umstände“, so die Urteilsgründe.

Mit einem derart atypischen Unfallverlauf hätten die Polizeibeamten nicht rechnen müssen.

In der Regel seien Unfallschäden an der Unfallstelle (Fahrzeugteile; Schäden an Leitplanke oder Wildschutzzaun) bei erheblichen Verkehrsunfällen ersichtlich.

Mangels dieser eigentlich zu erwartenden Unfallschäden beanstandete das Landgericht auch den letztlich fälschlichen Rückschluss der Polizeibeamten, dass es sich bei dem Pannenfahrzeug um das vermeintliche Unfallfahrzeug handle, nicht als Amtspflichtverletzung.

Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M. vertritt Sie bei Amtshaftungsansprüchen und im Schadensersatzrecht