Werbung mit „grünem Regionalstrom“ irreführend

18. September 2020 -

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hat mit Urteil vom 03.09.2020 zum Aktenzeichen 6 U 16/19 entschieden, dass die Werbung einer Vermittlerin von Energielieferungsverträgen mit den Begriffen „grüner Regionalstrom“ und „sauberer Strom aus der Nachbarschaft“ irreführend und demnach zu unterlassen ist.

Aus der Pressemitteilung des OLG SH Nr. 10/2020 vom 18.09.2020 ergibt sich:

Der Kläger ist ein Verein zur Förderung lauteren Geschäftsverkehrs. Die Beklagte vermittelt Energielieferungsverträge mit Unternehmen, die Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen. Die Beklagte bewirbt ihr Angebot u.a. mit der folgenden Werbeaussage: „Sauberer Strom aus der Nachbarschaft: Ob aus Wind, Sonne oder Biomasse – wir vernetzen dich mit dem Strom, der in deiner Nähe erzeugt wird. Direkt vom Anlagenbetreiber in deine Steckdose. So bekommst du 100% saubere Energie.“ Daneben verwendet sie in ihrer Werbung den Begriff „grüner Regionalstrom“. Der Kläger verlangte von der Beklagten die Unterlassung dieser Werbeaussagen, die nach seiner Auffassung wettbewerbswidrig sind.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen.

Das OLG Schleswig hat der Berufung des Klägers stattgegeben.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts kann der Kläger von der Beklagten gemäß §§ 8 Abs. 1, 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) die Unterlassung der beanstandeten Werbeaussagen verlangen, denn sie sind irreführend (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG). Die Werbeaussage „Direkt vom Anlagenbetreiber in deine Steckdose“ erwecke den Eindruck, dass der gelieferte Strom unmittelbar und direkt aus der Anlage desjenigen Betreibers stamme, mit dem der Verbraucher den Energielieferungsvertrag abgeschlossen habe. Dieser Eindruck werde auch durch den weiteren Inhalt des Werbeauftritts unterstrichen. Das sei jedoch objektiv falsch, weil der Anlagenbetreiber den erzeugten Strom in das allgemeine Stromnetz einspeise und sich der Strom dort mit Strom aus anderen Quellen vermische.

Auch die Aussage, dass die Beklagte „grünen Regionalstrom“ vermittele, sei unlauter, weil der beworbene Strom nicht nur aus Anlagen in räumlicher Nähe des Verbrauchers stamme. Unter den Beschreibungen „grüner Regionalstrom“ und „sauberer Strom aus der Nachbarschaft“ verstehe der Verbraucher solchen Strom, der aus Wind, Sonne oder Biomasse in einer Stromerzeugungsanlage in seiner Nähe gewonnen werde. Da die Werbung die räumliche Nähe und die Förderung des lokalen Wirtschaftskreislaufs in den Vordergrund stelle, sei der Begriff der Region eng zu verstehen. Entscheidend sei, ob die Anlage aus Sicht des verständigen Verbrauchers noch als Teil der lokalen Wirtschaft angesehen werden könne. Das sei bei dem von der Beklagten vermittelten Strom nicht durchgehend der Fall. Sie vermittele auch Strom aus Anlagen, die mehrere 100 km von dem interessierten Verbraucher entfernt stünden.