Wettbewerbsverbot trotz fristloser Kündigung durch den Arbeitgeber: Eine detaillierte Analyse

06. April 2025 -

In einem Arbeitsverhältnis haben Arbeitnehmer grundsätzlich die Pflicht, ihrem Arbeitgeber keine Konkurrenz zu machen. Obwohl diese Regelung intuitiv nachvollziehbar erscheint, werfen viele Praxisfälle in der Realität Fragen zum Thema Wettbewerbsverbot auf, insbesondere im Kontext einer bevorstehenden oder bereits umstrittenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Das Wettbewerbsverbot ist explizit für Handlungsgehilfen, also kaufmännische Angestellte, in § 60 Abs. 1 des Handelsgesetzbuches (HGB) verankert. Für andere Arbeitnehmergruppen wird jedoch ein allgemeiner Konsens vertreten, dass diese Vorschrift ebenfalls anwendbar ist. Diese Anwendung resultiert aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers, die sowohl in § 241 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) als auch in der Rechtsprechung verwurzelt ist.

Somit ist es für alle Arbeitnehmer untersagt, eigenständig oder in der Verpflichtung für Dritte im Geschäftsbereich des Arbeitgebers tätig zu werden, unabhängig davon, ob eine schriftliche oder mündliche Vereinbarung, sei es auf individueller oder kollektiver Ebene, besteht. Diese rechtliche Einschätzung wird durch ständige Rechtsprechung gestützt, wie beispielsweise dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 24. März 2010 (Aktenzeichen: 10 AZR 66/09).

Die Gültigkeit des Wettbewerbsverbots hängt maßgeblich vom rechtlichen Status des Arbeitsverhältnisses ab. Ein solches Verbot erlischt mit dem formalen Ende des Arbeitsverhältnisses, unabhängig davon, aus welchem Grund die Beendigung erfolgt. Es bleibt auch in solchen Phasen in Kraft, in denen die Arbeitspflicht ausgesetzt ist, wie beispielsweise während Elternzeit, Krankheitsphasen oder Urlaubszeiten.

Im Falle einer ordentlichen Kündigung, die unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen ausgesprochen wurde, bleibt das Wettbewerbsverbot in vollem Umfang bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bestehen. Wird jedoch eine fristlose Kündigung ausgesprochen, erlischt das Wettbewerbsverbot mit dem Zugang der Kündigung. Sollte der Arbeitnehmer gegen diese fristlose Kündigung eine Klage auf Kündigungsschutz erheben, sind sie während des gesamten Verfahrens an das Wettbewerbsverbot gebunden (siehe BAG-Urteil vom 25. April 1991, 2 AZR 624/90).

Arbeitnehmer stehen dann vor der Herausforderung, dass sie gemäß § 615 S. 2 BGB gezwungen sind, ihre Arbeitskraft anderweitig zu nutzen, um eine Minderung des ihnen zustehenden Annahmeverzugslohns zu vermeiden. Auf der anderen Seite müssen sie jedoch das Risiko beachten, durch einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot eine weitere außerordentliche Kündigung zu riskieren.

Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch entschieden, dass das Unterlassen einer Wettbewerbstätigkeit während des Kündigungsschutzverfahrens nur dann als „böswillig“ im Sinne von § 615 S. 2 BGB gewertet wird, wenn der Arbeitgeber eindeutig oder durch sein Verhalten zu erkennen gibt, dass er mit einer Wettbewerbstätigkeit nach dem faktischen Ende des Arbeitsverhältnisses einverstanden ist (vgl. BAG-Urteile vom 28. Januar 2010, 2 AZR 1008/08 und vom 25. April 1991, 2 AZR 624/90). Ist eine solche Einwilligung nicht gegeben, braucht der Arbeitnehmer keine Sorge zu haben, dass sein Anspruch auf Annahmeverzugslohn gemäß § 615 S. 2 BGB zur Kürzung kommt, wenn er seine Arbeitskraft nur durch die Aufnahme einer Wettbewerbstätigkeit anderweitig verwerten kann. Entscheidet er sich dennoch für die Aufnahme einer solchen Tätigkeit, setzt er sich dem Risiko einer erneuten außerordentlichen Kündigung aus, deren Rechtmäßigkeit nach dem BAG im Rahmen einer individuellen Abwägung der Umstände erfolgt.

In diesem Zusammenhang sind insbesondere drei Faktoren zu Gunsten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen (BAG-Urteil vom 23. Oktober 2014, 2 AZR 644/13):

  1. Die Wettbewerbstätigkeit wurde ausgelöst durch eine frühere, jedoch unwirksame Kündigung.
  2. Der Wettbewerb war nicht darauf ausgelegt, eine dauerhafte Konkurrenz zum vorherigen Arbeitgeber zu schaffen, sondern stellte vorerst nur eine Übergangslösung in der Unsicherheitsphase dar, bis die rechtlichen Verhältnisse geklärt sind.
  3. Der Arbeitgeber hat durch die Art und Wirkung der Konkurrenzaktivität keinen direkten Schaden erlitten.