AfD scheitert mit Antrag auf staatliche Zuschüsse für parteinahe Stiftung

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 22.07.2020 zum Aktenzeichen 2 BvE 3/19 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) verworfen, mit dem die AfD das Bundesinnenministerium zu Zahlungen an eine ihr nahestehende politische Stiftung verpflichten wollte.

Aus der Pressemitteilung des BVerfG Nr. 76/2020 vom 19.08.2020 ergibt sich:

Die AfD hat mit Beschluss ihres Bundesvorstandes, bestätigt durch ihren Bundesparteitag, einen eingetragenen Verein als ihr nahestehende politische Stiftung anerkannt. Den in der Folge im Wesentlichen an das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat sowie den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages gerichteten Anträgen des Vereins auf Gewährung von Globalzuschüssen für die Haushaltsjahre 2018 und 2019 wurde nicht entsprochen. Auch die Bitte des Vereins an die Vorsitzenden der sechs staatlich geförderten parteinahen Stiftungen, künftig an deren sog. Stiftungsgesprächen beteiligt zu werden, blieb ohne Erfolg. Zudem lehnte das Bundesverwaltungsamt die Anträge des Vereins auf Gewährung von Globalzuschüssen für die Jahre 2018 und 2019 ab.

Das BVerfG hatte eine unter anderem hiergegen und gegen das Haushaltsgesetz 2019 gerichtete Verfassungsbeschwerde des Vereins mit Beschluss vom 20.05.2019 (2 BvR 649/19) insbesondere wegen fehlender Erschöpfung des Rechtswegs nicht zur Entscheidung angenommen.

Die AfD wandte sich mit ihren Anträgen in der Hauptsache gegen die bislang fehlende Beteiligung der ihr nahestehenden Stiftung an der staatlichen Förderung politischer Stiftungen. Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt sie, das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat zu Zahlungen i.H.v. 480.000 Euro für das Haushaltsjahr 2018 und von 900.000 Euro für das Haushaltsjahr 2019 an die Stiftung zu verpflichten.

Die Antragstellerin lehnte die im vom Verein geführten Verfassungsbeschwerdeverfahren 2 BvR 649/19 mitwirkenden Kammermitglieder − eine Richterin und einen Richter sowie den ehemaligen Präsidenten des BVerfG − wegen Besorgnis der Befangenheit im streitgegenständlichen Verfahren ab und machte zudem geltend, es liege der Ausschließungsgrund des § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG vor. Angesichts der Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde des Vereins habe sie legitimen Anlass, an der Unvoreingenommenheit und Ergebnisoffenheit der abgelehnten Richter zu zweifeln.

Das BVerfG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verworfen.

Nach Auffassung des BVerfG ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unzulässig, weil er auf Rechtsfolgen gerichtet ist, die im Organstreitverfahren grundsätzlich nicht bewirkt werden können.
Die überdies wegen Besorgnis der Befangenheit gestellten Ablehnungsgesuche der Antragstellerin gegen drei Richter des BVerfG, die bereits im von der Stiftung zuvor erfolglos angestrengten Verfassungsbeschwerdeverfahren 2 BvR 649/19 mitgewirkt hatten, hat das BVerfG als unzulässig verworfen.
Die Mitwirkung dieser Richter im Verfassungsbeschwerdeverfahren erfülle keinen gesetzlichen Ausschließungsgrund.

Wesentliche Erwägungen des BVerfG:

Die abgelehnte Richterin sowie der abgelehnte Richter des BVerfG sind und der ehemalige Präsident des BVerfG war von der Ausübung des Richteramtes in dieser Sache nicht nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG kraft Gesetzes ausgeschlossen. Die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde der Stiftung im Verfahren 2 BvR 649/19 stellt weder eine Tätigkeit im streitgegenständlichen Organstreitverfahren noch in einem ihm unmittelbar vorausgegangenen und sachlich zugeordneten Ausgangsverfahren dar.

Auch das gegen die genannten Richter des BVerfG gerichtete Ablehnungsgesuch ist unzulässig. Die bloße richterliche Vorbefassung mit im anhängigen Verfahren entscheidungserheblichen Rechtsfragen ist nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch in diesen Fällen der Richter an einer unbefangenen Entscheidung nicht gehindert ist. Deshalb ist die Mitwirkung der abgelehnten Richter am Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des BVerfG vom 20.05.2019 (2 BvR 649/19) zur Begründung einer Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet. Es handelt sich im gegenständlichen Organstreit auch nicht um die Beantwortung „derselben“ verfassungsrechtlichen Fragen. Die abgelehnten Richter sind in diesem Fall auch nicht an der Mitwirkung der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch ausgeschlossen. Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde habe der Besserstellung der Antragsgegner im vorliegenden Organstreit gedient, ist das in keiner Weise nachvollziehbar.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG, welche die Verpflichtung des Antragsgegners zu einem bestimmten Verhalten zum Gegenstand hat, kommt im Organstreitverfahren grundsätzlich nicht in Betracht. Denn das BVerfG könnte eine entsprechende Rechtsfolge im Verfahren der Hauptsache regelmäßig nicht bewirken. Der Organstreit dient maßgeblich der gegenseitigen Abgrenzung der Kompetenzen von Verfassungsorganen oder ihren Teilen in einem Verfassungsrechtsverhältnis. Für eine über die Feststellung einer Verletzung der Rechte des Antragstellers hinausgehende Verpflichtung des Antragsgegners zu einem bestimmten Verhalten ist im Organstreit grundsätzlich kein Raum. Gegenstand eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung kann allein die vorläufige Sicherung des streitigen organschaftlichen Rechts des Antragstellers sein.

Eine Ausnahme kommt allenfalls in Betracht, wenn allein hierdurch die Schaffung vollendeter Tatsachen im Sinne einer endgültigen Vereitelung des geltend gemachten Rechts verhindert werden kann. Die Voraussetzungen dafür hat die Antragstellerin nicht dargelegt. Sie begehrt die Zahlung zugunsten einer ihr politisch nahestehenden Stiftung. Dass die vorläufige Sicherung der organschaftlichen Rechte der Antragstellerin die Verpflichtung des Antragsgegners zur Erbringung von Leistungen an nicht verfahrensbeteiligte Dritte erfordert und rechtfertigt, ist von der Antragstellerin bereits nicht dargetan. Es kann ihrem Sachvortrag darüber hinaus auch nicht entnommen werden, dass nur durch die Zahlung der begehrten Beträge an die Stiftung der Eintritt vollendeter Tatsachen im Sinne einer Vereitelung des Rechts der Antragstellerin auf Chancengleichheit aus Art. 21 Abs. 1 GG verhindert werden kann. Ungeachtet der verfassungsrechtlich gebotenen Distanz der politischen Parteien zu den ihnen nahestehenden politischen Stiftungen könnte dies allenfalls der Fall sein, wenn bei einem Unterbleiben der begehrten Zahlungen die Stiftung ihre Tätigkeit beenden müsste und der Antragstellerin keine sonstige Möglichkeit der Zusammenarbeit mit einer ihr nahestehenden politischen Stiftung offen stünde. Dies ergibt sich aus den Darlegungen der Antragstellerin aber nicht. Zwar behauptet die Antragstellerin, dass „unter Umständen“ bei einem Ausbleiben der begehrten Zahlungen das Risiko einer Insolvenz der Stiftung bestehe. Diese Behauptung ist aber nicht mit Tatsachen unterlegt. Zur finanziellen Ausstattung der Stiftung hat die Antragstellerin nichts vorgetragen. Auch wird nicht erläutert, welche Umstände eintreten müssen, damit sich das behauptete Risiko einer Insolvenz der Stiftung realisiert. Warum es einer Gewährung der begehrten Mittel bereits vor Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache bedarf, erschließt sich ebenfalls nicht.