Bayerisches Integrationsgesetz teilweise verfassungswidrig

06. Dezember 2019 -

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof in München hat mit Urteil vom 03.12.2019 zu den Aktenzeichen Vf. 6-VIII-17 und Vf. 7-VIII-17entschieden, dass einzelne Vorschriften des Ende 2016 verabschiedeten Bayerischen Integrationsgesetzes gegen die Bayerische Landesverfassung verstoßen.

Aus der Pressemitteilung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 03.12.2019 ergibt sich:

Das Bayerische lntegrationsgesetz (BayIntG) vom 13.12.2016 (GVBl 2016, 335) wurde auf der Grundlage eines Entwurfs der Bayerischen Staatsregierung am 09.12.2016 vom Bayerischen Landtag mit den Stimmen der CSU-Fraktion gegen die Stimmen der übrigen Landtagsfraktionen beschlossen; es ist im Wesentlichen am 01.01.2017 in Kraft getreten. Das Gesetz sieht unter anderem vor, dass Migranten, die sich dem Erlernen der deutschen Sprache verweigern, mit Sanktionen rechnen müssen. Wer die deutsche Rechts- und Werteordnung missachtet, muss an einem „Grundkurs“ darüber teilnehmen. Ansonsten droht eine Geldstrafe. Außerdem sollen Medien mithelfen, „Leitkultur“ zu vermitteln.

Konkret ist dem Gesetz eine Präambel vorangestellt, in welcher der Begriff der „Leitkultur“ definiert wird. In Art. 1 BayIntG werden allgemeine lntegrationsziele für Migranten formuliert; die nachfolgenden Bestimmungen enthalten dazu Regelungen für eine Vielzahl von Lebensbereichen. Durch Art. 17 a BayIntG wurden auch einige bestehende Gesetze geändert.

Die Landtagsfraktionen der SPD und von Bündnis 90/Die Grüne wandten sich gegen verschiedene Vorschriften des BayIntG. Die CSU-Landtagsfraktion und die Bayerische Staatsregierung als Antragsgegnerinnen sowie der Bayerische Landtag halten die Anträge für unbegründet.

Der VerfGH München hat den Anträgen teilweise stattgegeben und einzelne Vorschriften des Bayerischen Integrationsgesetzes für verfassungswidrig erklärt.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs verletzt die gesetzliche Verpflichtung, die in der Präambel des Bayerischen Integrationsgesetzes definierte „Leitkultur“ in Rundfunk- und Telemedienangeboten zu vermitteln, die Rundfunkfreiheit und das Recht der freien Meinungsäußerung. Die Befugnis der Sicherheitsbehörden, Personen allein aufgrund einer bestimmten Einstellung zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu einem Grundkurs über deren Werte zu verpflichten, stelle ebenfalls einen unzulässigen Eingriff in die Meinungsfreiheit dar. Die im Gesetz vorgesehene Bußgeldsanktion bei Aktivitäten, die auf eine Ersetzung der bestehenden verfassungsmäßigen Ordnung durch eine andere Rechtsordnung abzielen, verstoße gegen die abschließende bundesgesetzliche Regelung des strafrechtlichen Staatsschutzes.

Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden seien dagegen die weiteren von den antragstellenden Fraktionen angegriffenen Vorschriften. Dazu gehörten insbesondere die Bestimmungen über die mit dem Gesetz verfolgten Integrationsziele, über die allgemeinen Grundsätze der Integrationsförderung, über die Kostenerstattung und Dolmetscherhaftung bei Übersetzungen im Verwaltungsverfahren, über die Bildungsinhalte in Kindertagesstätten und über das Betretungsrecht der Polizei bei Asylunterkünften.