Bundesverfassungsgericht: Zur Prognose bei Anordnung der Entnahme und molekulargenetischen Untersuchung von Körperzellen zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren gemäß § 81g StPO

Das Bundesverfassungsgericht hat sich Beschluss vom 29. Juni 2021 zum Aktenzeichen 2 BvR 912/21 kritisch zu Prognoseprüfung hinsichtlich einer Anordnung der Entnahme und molekulargenetischen Untersuchung von Körperzellen zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren gemäß § 81g stopp geäußert.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Anordnung der Entnahme und molekulargenetischen Untersuchung von Körperzellen zur Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren gemäß § 81g StPO.

Die amts- und landgerichtlichen Entscheidungen gemäß § 81g StPO begegnen verfassungsrechtlichen Bedenken. Denn in keiner der Entscheidungen erfolgt im Rahmen der Prognose, dass gegen den Beschwerdeführer künftig Strafverfahren wegen einer Straftat von erheblicher Bedeutung zu führen sein werden, eine Auseinandersetzung mit der der Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung zugrundeliegenden abweichenden Legalprognose des Amtsgerichts im Urteil. Dies wäre indes geboten gewesen.

Da der nach dem Gesetzeszweck zwischen § 56 StGB und § 81g StPO unterschiedliche Prognosemaßstab nicht aus den Augen verloren werden darf, besteht zwar keine rechtliche Bindung an eine von einem anderen Gericht zur Frage der Strafaussetzung zur Bewährung getroffene Sozialprognose. Bei gegenläufigen Prognosen verschiedener Gerichte bedarf es jedoch regelmäßig einer erhöhten Begründungstiefe für die nachfolgende gerichtliche Entscheidung, mit der eine Maßnahme nach § 81g StPO angeordnet wird.