Einrichtung eines Hotelbetriebes in „Bredero-Hochhaus“ zulässig

Das Amtsgericht Hannover hat am 27.07.2020 zum Aktenzeichen 481 C 7675/19 in einem Verfahren betreffend das „Bredero-Hochhaus“ im Stadtzentrum von Hannover entschieden, dass die Nutzung der Etagen 6-16 auch zum Zwecke des Hotelbetriebs zulässig ist.

Aus der Pressemitteilung des AG Hannover vom 27.07.2020 ergibt sich:

Die Parteien, Beteiligte der Wohnungseigentümergemeinschaft, stritten um die Gültigkeit von Beschlüssen, die auf einer Versammlung der Wohnungseigentümer im Mai 2019 getroffen worden waren. Im Kern ging es um die Frage, ob die bei Errichtung des Gebäudes im Jahr 1973 getroffene Teilungserklärung, die explizit ein „Geschäftshaus mit Wohnungen und einem Parkhaus“ vorsieht, auch dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Nutzung als Hotel gestattet ist.

Das AG Hannover hat entschieden, dass die Nutzung der Etagen 6-16 auch zum Zwecke des Hotelbetriebs zulässig ist.

Nach Auffassung des Amtsgerichts gilt grundsätzlich, dass jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen kann, der den Vereinbarungen innerhalb der Eigentümergemeinschaft entspricht (§ 15 Abs. 3 WEG).

Die Nutzung der in Rede stehenden Teileigentumseinheit (6.-16. Etage des Hochhauses) als Hotel sei mit Blick auf die Teilungserklärung vereinbar.

Die Teilungserklärung sei Bestandteil der Grundbucheintragung. Maßgebend seien ihr Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergebe, weil sie auch die Sonderrechtsnachfolger der Wohnungseigentümer binde. Dabei werde die Nutzung des Sondereigentums über die mit der Einordnung als Wohnung- oder Teileigentum verbundene Zweckbestimmung hinaus nur dann auf bestimmte Zwecke beschränkt, wenn dies aus der Teilungserklärung klar und eindeutig hervorgehe (BGH, Urt. v. 23.06.2017 – V ZR 102/16). Sei die Teilungserklärung zumindest unklar, so gelte im Zweifel, dass sie insoweit keine Einschränkung vorgebe (BGH, Urt. v. 27.10.2017 – V ZR 193/16).

Die Teilungserklärung vom 29.05.1973 enthalte die klare und eindeutige Erklärung, dass auf dem zu teilenden Flurstück ein Geschäftshaus mit Wohnungen und einem Parkhaus errichtet werden solle. Zwar werden hier nicht die sonst üblichen Begriffe von Wohnungseigentum, Gewerbeeinheit, Sondereigentum oder Teileigentum verwendet, die Zweckbestimmungen im weiteren Sinn sein könnten. Der verwendete Begriff laute Geschäftshaus, das aus Wohnungen und einem Parkhaus bestehen solle. Bereits hier werde klar, dass ein Teil des zu errichtenden Gebäudes gewerblich und ein anderer Teil zu Wohnzwecken genutzt werden solle. Eine Festlegung, wie die Geschäftsräume genutzt werden dürften, sei nicht enthalten.

Dass die gewerbliche Nutzung beschränkt werden solle, gehe auch aus der Anlage zur Teilungserklärung nicht klar und eindeutig hervor. Auch wenn in ihr die aufzuteilenden Flächen teilweise als Parkhaus, Läden und Büros bezeichnet werden, liege hier keine Zweckbestimmung vor, sondern könne auch als eine Beschreibung der Lage verstanden werden. Dies ergebe sich bereits daraus, dass den einzelnen Flügeln und Stockwerken des Gebäudes verschiedene Nutzungsarten zugeteilt werden, ohne dass aus der Aufzählung eindeutig und ohne jeden Zweifel ersichtlich werde, welche Nutzung in welchem Bereich zulässig sein solle. Dass im 6.-16. OG ausschließlich Büros betrieben werden sollen, ergebe sich aus dem Wortlaut nicht. Tatsächlich ergebe sich aus der Formulierung der Überschrift, dass 5022/10000 als Sondereigentum an Läden begründet werden solle, während im folgenden Absatz eine Lagebeschreibung erfolge. Eine die generelle Einschränkung der in der Teilungserklärung selbst erfolgten Bestimmung „Geschäftshaus“ könnten diese Beschreibungen nicht bewirken, und im Zweifel sei jedenfalls keine Einschränkung anzunehmen (BGH, Urt. v. 27.10.2017 – V ZR 193/16).

Das AG Hannover verkenne dabei nicht, dass zum Zeitpunkt der Errichtung der Teilungserklärung das Gebäude noch nicht errichtet war und möglicherweise noch Unklarheiten über die zukünftige Nutzung bestanden haben dürften. Gleichwohl sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Teilungserklärung hinsichtlich einer Zweckbestimmung geändert oder ergänzt worden sei, so dass sie in diesem Punkt weiterhin Gültigkeit habe.

Die beabsichtigte Nutzung der Sondereigentumseinheit als Hotel gehe auch nicht über eine zulässige Nutzung im Rahmen der Teilungserklärung (Geschäftshaus) hinaus. Soweit die mit An- und Abreise mögliche Lärmbelästigung durch Gästegruppen, Rollkoffer und Rückkehrer in den späten Abendstunden die Bewohner der oberen Etagen deutlich beeinträchtigen werden, führe dies nicht automatisch zu einem generellen Unterlassungsanspruch für einen Hotelbetrieb. Die betroffenen Eigentümer dürften lediglich einen Anspruch auf Unterlassung der konkreten beeinträchtigenden Handlungen gegen die Eigentümer der betroffenen Teileigentumseinheit haben. Ein i.S.d. § 14 Nr. 1 WEG nachteilig betroffener Wohnungseigentümer könne nach § 15 Abs. 3 WEG nämlich nicht die Unterlassung der Nutzung an sich, also auch in störungsfreier Ausgestaltung verlangen (vgl. BGH, Urt. v. 08.03.2019 – V ZR 330/17 – NJW-RR 2019, 519). Betroffenen Eigentümern stehe vielmehr ein Anspruch auf Unterlassung der konkreten Beeinträchtigung gegen den Eigentümer zu, von dessen Einheit diese ausgehe (vgl. BGH, Urt. v. 01.06.2012 – V ZR 195/11 – NJW 2012, 2725). Im Übrigen seien konkrete Beeinträchtigungen nicht dargelegt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.