Organstreitverfahren des Landtagsabgeordneten Fiechtner gegen AfD-Fraktion erfolglos

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg in Stuttgart hat am 06.07.2020 zum Aktenzeichen 1 GR 53/18 einen Antrag des Landtagsabgeordneten Dr. Heinrich Fiechtner gegen die AfD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg bezüglich der Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten im Vorfeld eines Organstreitverfahrens als unzulässig zurückgewiesen.

Aus der Pressemitteilung des VerfGH BW vom 27.07.2020 ergibt sich:

Der Landtagsabgeordnete (Antragsteller) begehrt die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, die ihm im Vorfeld des Organstreitverfahrens 1 GR 35/17 entstanden sind. Darin hatte sich der Antragsteller erfolgreich gegen ein „Redeverbot für die Fraktion im Plenum“ sowie die Abberufung aus zwei Ausschüssen durch die AfD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg (Antragsgegnerin) gewehrt.
Mit Urteil vom 27.10.2017 hatte der Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass die angegriffenen Maßnahmen das freie Mandat des Antragstellers aus Art. 27 Abs. 3 Satz 2 LV verletzten, da die fraglichen Beschlüsse der Antragsgegnerin gegen zwingende Verfahrensanforderungen, insbesondere die Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs, verstießen. Der Antragsteller ist der Ansicht, dass die Antragsgegnerin aufgrund dieser Rechtsverletzung verpflichtet sei, ihm die durch seine vorgerichtliche Interessenwahrnehmung entstandenen Rechtsanwaltskosten zu erstatten.

Der VerfGH Stuttgart hat den Antrag zurückgewiesen.

Wesentliche Erwägungen des Verfassungsgerichtshofs

Das Organstreitverfahren ist unzulässig.

Der Antrag enthält kein zulässiges Begehren. Das Organstreitverfahren ist nicht das Verfahren zur Klärung aller Streitigkeiten, die taugliche Beteiligte untereinander haben. Eine Leistung kann in diesem Verfahren nicht begehrt werden.

Ferner hat der Antragsteller seine nach § 45 Abs. 1 und 2 VerfGHG erforderliche Antragsbefugnis nicht schlüssig dargelegt. Die Zulässigkeit eines Antrags im Organstreitverfahren setzt voraus, dass der Antragsteller geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners in der Wahrnehmung seiner ihm durch die Verfassung übertragenen Rechte und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Der Antrag muss die Bestimmung der Verfassung bezeichnen, gegen welche die beanstandete Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners verstößt.

Diesen Vorgaben genügt der Antrag nicht. Dem Vorbringen des Antragstellers ist nicht im Ansatz zu entnehmen, dass ihm von Verfassungs wegen ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zustehe und warum er durch die Weigerung der Antragsgegnerin, ihm diese Kosten zu erstatten, in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt sei.

Im Übrigen ist ein solcher Anspruch des Antragstellers auch nicht ersichtlich. Im Vordergrund der Rechtsbeziehungen zwischen Verfassungsorganen und -organteilen, die im Organstreitverfahren beteiligtenfähig sind, steht die durch Organisations- und Kompetenzvorschriften ausgestaltete gemeinsame Teilhabe an der Staatsleitung. Geschützt werden also etwa Zuständigkeiten und Verfahrensrechte, nicht aber „das Vermögen“ des betroffenen Verfassungsorgans oder -organteils.

Finanzielle Aufwendungen, die durch ihre Geltendmachung gegenüber anderen Verfassungsorganen entstehen, sind daher grundsätzlich selbst zu tragen.