Erste Entscheidung zum Urteil im sog. NSU-Verfahren

22. März 2021 -

Der Bundesgerichtshof hat am 10.03.2021 zum Aktenzeichen StB 32/20 die Beschwerde des Verurteilten Carsten S. gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung verworfen, die das OLG München im sogenannten NSU-Verfahren mit Urteil vom 11.07.2018 getroffen hat.

Aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 61/2021 vom 19.03.2021 ergibt sich:

Das Oberlandesgericht hat den zur Tatzeit heranwachsenden Verurteilten der Beihilfe zu neun Fällen des Mordes schuldig gesprochen und deswegen auf eine Jugendstrafe von drei Jahren erkannt. Es hat festgestellt, dass er im Jahr 2000 an der Beschaffung der Tatwaffe beteiligt war, mit der Mitglieder der Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) bis zum Jahr 2006 die meisten ihrer Mordanschläge ausführten (sog. Ceska-Serie). Zugleich hat es ihm, zusammen mit weiteren Mitangeklagten, sämtliche Kosten des Verfahrens auferlegt, die wegen der Taten angefallen sind, derentwegen er als Gehilfe verurteilt worden ist, des Weiteren die notwendigen Auslagen der von diesen Taten betroffenen Nebenkläger. Von der nach Jugendstrafrecht vorgesehenen Möglichkeit, im Rahmen des tatgerichtlichen Ermessens von der Auferlegung der Kosten und Auslagen abzusehen, hat es keinen Gebrauch gemacht.

Der Verurteilte hatte ebenso wie seine vier Mitangeklagten gegen die Verurteilung Revision eingelegt. Dieses Rechtsmittel hat er zwischenzeitlich zurückgenommen, bevor es dem Bundesgerichtshof vorgelegen hat. Gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung hat er Beschwerde erhoben.

Der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3. Strafsenat hat die Kostenbeschwerde des Verurteilten im Ergebnis für unzulässig erachtet. Denn die von einem Oberlandesgericht getroffene Kosten- und Auslagenentscheidung kann nicht isoliert angegriffen werden. Eine Anfechtungsmöglichkeit sieht das Prozessrecht vielmehr nur dann vor, wenn und solange der Bundesgerichtshof mit der Revision des Beschwerdeführers befasst ist. Der 3. Strafsenat hat erwogen, ob im Fall einer objektiv willkürlichen Entscheidung des Oberlandesgerichts etwas anderes gelten könnte. Die Nachprüfung der zum Nachteil des Beschwerdeführers angeordneten Kosten- und Auslagenfolge auf der Grundlage des Urteils vom 11. Juli 2018 hat jedoch keine willkürliche Rechtsanwendung ergeben. Insbesondere hat es sich nicht als rechtlich unvertretbar erwiesen, dass das Oberlandesgericht im Rahmen seines Ermessens auch das Gewicht der Tat des Beschwerdeführers und deren Folgen berücksichtigt hat.