getrennt lebender Ehegatten hat Anspruch auf Zustimmung zur Zusammenveranlagung bei der Einkommenssteuer

17. Januar 2020 -

Das Oberlandesgericht Koblenz hat mit Beschluss vom 20.06.2019 zum Aktenzeichen 13 UF 617/18 entschieden, dass ein Ehepartner auch nach der Trennung dem anderen gegenüber verpflichtet ist, in eine von diesem für die Zeit des Zusammenlebens gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch dessen Steuerschuld verringert wird und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehepartner keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt ist.

Aus der Pressemitteilung des OLG Koblenz vom 14.01.2020 ergibt sich:

Die seit Juni 2016 getrennt lebende Eheleute streiten über einen vom Antragsteller im Zusammenhang mit der steuerlichen Veranlagung für die Jahre 2014 und 2015 geltend gemachten Gesamtschuldnerausgleich bzw. Schadenersatz nebst Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten. Während des Zusammenlebens hatten die Ehegatten vereinbarungsgemäß den Antragsteller aufgrund dessen höheren Einkommens nach Steuerklasse III und die Antragsgegnerin nach Steuerklasse V versteuern lassen. Mit Bescheid vom 27.12.2017 wurde der Antragsteller für den Veranlagungszeitraum 2015 auf eine Nachzahlung von 2.796,12 Euro in Anspruch genommen. Für das Jahr 2014 war zuvor am 06.02.2017 ein Zusammenveranlagungsbescheid ergangen. Dieser endete unter Anrechnung einer bereits getilgten Nachforderung über insgesamt 182,96 Euro mit einer verbleibenden Forderung von 0,00 Euro.
Das AG Lahnstein hatte den Antrag abgewiesen und eine Verpflichtung, der gemeinsamen Veranlagung zuzustimmen, zumindest für den Fall verneint, wenn dem auf Zustimmung in Anspruch genommenen Ehepartner im Gegenzug ein Ausgleichsanspruch entstünde, weil sein Einkommen durch die gemeinsame Veranlagung nach einer Lohnsteuerklasse besteuert würde, die sich im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung ungünstiger auswirkt (sog. dolo agit-Einwand). Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts richtete sich die Beschwerde des Antragstellers, mit welcher dieser weiterhin hälftigen Ausgleich der von ihm für die Veranlagungszeiträume 2014 und 2015 geltend gemachten Nachforderungen nebst Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt.

Das OLG Koblenz hat die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts insoweit abgeändert.

Nach Auffassung des Oberlandesgericht sind Ehepartner einander grundsätzlich verpflichtet, die finanziellen Lasten des anderen nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist. Hingegen könne ein Ehepartner nicht wegen des Scheiterns der Ehe von dem anderen den Betrag ersetzt verlangen, den er nach der im Vergleich zur getrennten Veranlagung ungünstigeren Lohnsteuerklasse V zuvor mehr gezahlt habe.
Aus dem Wesen der Ehe ergebe sich für beide Ehepartner die Verpflichtung, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung der eigenen Interessen möglich sei. Ein Ehepartner sei daher dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert werde und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehepartner keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt werde. Das gelte auch bei getrenntlebenden Ehepartnern, wenn noch eine Zusammenveranlagung für die Zeit des Zusammenlebens verlangt werde.

Hingegen könne ein Ehepartner grundsätzlich nicht wegen des Scheiterns der Ehe von dem anderen den Mehrbetrag ersetzt verlangen, den er zuvor nach der im Vergleich zur Besteuerung bei getrennter Veranlagung ungünstigeren Lohnsteuerklasse V mehr gezahlt habe. Denn der ehelichen Lebensgemeinschaft liege die Auffassung zugrunde, mit dem Einkommen der Ehepartner gemeinsam zu wirtschaften und finanzielle Mehrbelastungen auszugleichen. Es bedürfe deshalb einer besonderen Vereinbarung, wenn sich ein Ehepartner die Rückforderung der mit der Wahl der Steuerklasse V verbundenen steuerlichen Mehrbelastung für den Fall der Trennung vorbehalten will. Eine solche Vereinbarung sei in dem entschiedenen Fall nicht ersichtlich gewesen. Deshalb habe die Zustimmung zur Zusammenveranlagung nicht von einem Ausgleich der im Falle der gemeinsamen Veranlagung bestehen bleibenden steuerlichen Mehrbelastung abhängig gemacht werden können.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.