Honorarberichtigung nach Plausibilitätsprüfung

03. November 2019 -

Das Bundessozialgericht hat am 30.10.2019 zum Aktenzeichen B 6 KA 9/18 R zu strittigen Honorarberichtigungen in der Folge von Plausibilitätsprüfungen verhandelt.

Aus der Pressemitteilung des Bundessozialgerichts vom 30.10.2019 ergibt sich:

Die Klägerin ist Trägerin eines MVZ, in dem ab dem Quartal 4/2007 zwei zugelassene Vertragsärzte mit vollem Versorgungsauftrag sowie zwei jeweils auf einer halben Stelle beschäftigte Ärzte (Frau I. und Herr Dr. B.) tätig waren. Nach dem Ausscheiden von I. zum 30.06.2008 war Dr. B. in Vollzeit beschäftigt. Die beklagte KÄV prüfte anhand von Quartalszeitprofilen die Abrechnungen der Klägerin und teilte ihr mit, dass die angestellten Ärzte ihren genehmigten Tätigkeitsumfang überschritten hätten. Die Klägerin machte geltend, dass die Ärzte vorübergehend andere im MVZ tätige Ärzte wegen Krankheit und Urlaub vertreten hätten. Im Widerspruchsbescheid berichtigte die Beklagte die Honorarbescheide für alle betroffenen Quartale in der Weise, dass sie bei den auf einer halben Stelle beschäftigten Ärzten (vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit von 19,25 Stunden) eine zulässige Quartalsarbeitszeit von 260 Stunden (13 Wochen x 20 Stunden) zugrunde legte und lediglich die innerhalb der Dreimonatsgrenze des § 32 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV erbrachten Vertretungen honorierte. Eine Genehmigung nach § 32 Abs. 2 Satz 5 Ärzte-ZV sei nicht beantragt worden.

Der dagegen gerichteten Klage hat das Sozialgericht dahingehend stattgegeben, dass bei auf einer halben Stelle beschäftigten Ärzten eine Quartalsarbeitszeit von 390 Stunden zulässig sei. § 32 Ärzte-ZV sei anwendbar, da ein MVZ nicht mit einer BAG vergleichbar sei. Auf die von der Klägerin eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht das Urteil des Sozialgerichts geändert. Sofern angestellte Ärzte eines MVZ weitere in dem MVZ beschäftigte Ärzte vertreten, handele es sich lediglich um eine interne Vertretung. Hierauf sei § 32 Ärzte-ZV nicht anwendbar, so dass von der Beklagten auch die über die Dreimonatsgrenze hinausgehenden Vertretungszeiten zu honorieren seien. Um einen Missbrauch durch die Aufteilung von Arztstellen zu verhindern, sei aber auch bei zwei jeweils auf einer halben Stelle beschäftigten Ärzten die für eine volle Stelle geltende Grenze von insgesamt von 780 Stunden maßgebend. Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, dass § 32 Ärzte-ZV auf eine wechselseitige Vertretung von (angestellten) Ärzten in einem MVZ anzuwenden sei. Etwas anderes gelte nur, wenn eine gemeinsame Berufsausübung i.S.v. § 33 Abs. 2 Ärzte-ZV vorliege, was jedenfalls im Hinblick auf die angestellten Ärzte zu verneinen sei. Ferner spreche § 32b Abs. 6 Ärzte-ZV für eine Anwendung von § 32 Ärzte-ZV. Nicht zuletzt sei eine Anwendung von § 32 Ärzte-ZV unter bedarfsplanungsrechtlichen Gesichtspunkten geboten.

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg.

Nach Auffassung des BSG können – entgegen der Ansicht des Landessozialgerichts – Zeiten der internen Urlaubs- oder Krankheitsvertretung im Umfang von mehr als drei Monaten innerhalb von 12 Monaten im Rahmen der Plausibilitätsprüfung nicht zugunsten des klagenden MVZ berücksichtigt werden. Ein Anspruch auf Vergütung besteht nur für vertragsärztliche Leistungen, die in Übereinstimmung mit den maßgebenden rechtlichen Bestimmungen erbracht worden sind. Zu beachten sind dabei auch Inhalt und Umfang der Anstellungsgenehmigungen, die einem MVZ personenbezogen und mit festgelegten Wochenstundenzahlen erteilt werden. Daraus folgt im Grundsatz, dass Leistungen, die angestellte Ärzte außerhalb des in der Anstellungsgenehmigung festgelegten zeitlichen Rahmens erbracht haben, nicht rechtmäßig erbracht sind und dass dem MVZ hierfür auch keine Vergütung zustehen kann. Davon sind allerdings folgende Ausnahmen zu machen:

Nach § 106a Abs. 2 Satz 2 SGB V (alte Fassung; heute unverändert als § 106d Abs. 2 Satz 2 SGB V) sind Vertragsärzte und angestellte Ärzte bezogen auf die Plausibilitätsprüfung entsprechend des jeweiligen Versorgungsauftrages gleich zu behandeln. Ärzte mit voller Zulassung werden bei Überschreitung eines Quartalszeitprofils von 780 Stunden auffällig. Dementsprechend werden Ärzte mit halber Zulassung bei Überschreitung von 390 Stunden auffällig. Obwohl diese Zeitgrenzen wöchentlichen Arbeitszeiten von 60 (volle Zulassung) bzw. 30 Stunden (Zulassung mit halbem Versorgungsauftrag) entsprechen und Angestellte nur bis zu einer Arbeitszeit von wöchentlich 20 Stunden mit dem Bedarfsplanungsfaktor 0,5 berücksichtigt werden können, ist es aufgrund der og gesetzlichen Vorgaben geboten, die für zugelassene Ärzte geltenden Zeitgrenzen im Rahmen der Plausibilitätsprüfung auf angestellte Ärzte zu übertragen. Davon ist bereits das SG in seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen. Die Beklagte hat keine Berufung eingelegt und sich auch im Revisionsverfahren nicht mehr dagegen gewandt.

Darüber hinaus ist dem MVZ die Möglichkeit zu geben, u.a. in Fällen von Krankheit oder Urlaub die Versorgung der Versicherten in entsprechender Anwendung von § 32 Abs. 1 Ärzte-ZV auch durch interne Vertretungen aufrechtzuerhalten. Bei Vorliegen einer der genannten Verhinderungsgründe bedarf es bis zu einer Vertretungsdauer von drei Monaten innerhalb von 12 Monaten keiner Genehmigung. Allerdings ist es Aufgabe des Anstellungsträgers (hier: MVZ), die Umstände darzulegen, die das Vorliegen eines Vertretungsfalles begründen. Außerhalb des genannten zeitlichen Rahmens ist eine über den genehmigten Umfang hinausgehende Beschäftigung von angestellten Ärzten von einer Genehmigung durch die KÄV abhängig, die nicht rückwirkend erteilt werden kann. Weil für das klagende MVZ eine solche Genehmigung nicht erteilt worden ist, hat die Beklagte hier im Rahmen der Plausibilitätsprüfung zu Recht Vertretungszeiten unberücksichtigt gelassen, die die Dauer von drei Monaten innerhalb von 12 Monaten überschritten.