In Griechenland anerkannte Flüchtlinge dürfen derzeit nicht dorthin rücküberstellt werden

19. April 2021 -

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat am 19.04.2021 zu den Aktenzeichen 10 LB 244/20 und 10 LB 245/20 entschieden, dass in Griechenland anerkannte Schutzberechtigte grundsätzlich nicht nach Griechenland zurückgeführt werden dürfen, weil für sie die ernsthafte Gefahr besteht, dass sie dort ihre elementarsten Bedürfnisse („Bett, Brot, Seife“) nicht befriedigen können.

Aus der Pressemitteilung des OVG Lüneburg Nr. 30/2021 vom 19.04.2021 ergibt sich:

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte die Asylanträge der Klägerinnen, zwei aus Syrien stammende, alleinstehende Schwestern, als unzulässig abgelehnt, weil sie durch die Republik Griechenland bereits als Flüchtlinge anerkannt worden waren, und ihnen die Abschiebung nach Griechenland angedroht. Die gegen diesen Bescheid gerichteten Klagen hatte das Verwaltungsgericht Osnabrück jeweils abgewiesen (Az.: 5 A 363/18 und 5 A 363/18). Den Klägerinnen drohe bei einer Rücküberstellung nach Griechenland keine Obdachlosigkeit. Zumindest mithilfe von Hilfsorganisationen oder informellen Netzwerken könne es den Klägerinnen gelingen, eine Unterkunft zu finden und die Versorgung mit den nötigsten Dingen des täglichen Bedarfs sicherzustellen.

Die dagegen gerichteten Berufungen der Klägerinnen hatten Erfolg.

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, die Klägerinnen gerieten nach einer Rücküberstellung nach Griechenland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit in Obdachlosigkeit, erhielten in der Praxis keinen Zugang zu elementaren Leistungen und könnten auch sonst auf keine ausreichende Unterstützung von staatlicher oder nichtstaatlicher Seite hoffen. Deshalb drohe ihnen innerhalb kürzester Zeit Verelendung und ein Leben unter menschenrechtswidrigen Bedingungen. Aktuelle Erkenntnismittel ergäben, dass rücküberstellten Flüchtlingen staatlicherseits keine Unterkunft gestellt werde, sie keine wohnungsbezogenen Sozialleistungen erhielten und sie auch bei nichtstaatlichen Stellen keine nennenswerte Chance auf Vermittlung von Wohnraum hätten. Die Möglichkeit, sich durch eigene Erwerbstätigkeit die finanziellen Mittel zu verschaffen, um sich mit den für ein Überleben notwendigen Gütern zu versorgen, sei mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund von bürokratischen und tatsächlichen Hindernissen ebenfalls nicht gegeben. Auch hinreichende Sozialleistungen stünden ihnen nicht zur Verfügung.

Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen die Urteile nicht zugelassen. Dagegen kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Beschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.