Jobcenter darf nicht gegen Rechtsanwaltsvergütung aufrechnen

25. Februar 2020 -

Das Bundessozialgericht hat mit Urteilen vom 21.02.2020 zu den Aktenzeichen B 14 AS 17/19, B 14 AS 4/19 R und B 14 AS 3/19 R entschieden, dass das Jobcenter nicht mit der einem Rechtsanwalt zustehenden Kostenerstattung auf die Rechtsanwaltsvergütung aufrechnen darf.

Aus dem Terminbericht des BSG Nr. 4/20 vom 22.02.2020 ergibt sich:

Umstritten ist ein Kostenerstattungsanspruch gemäß § 63 SGB X nach einer Aufrechnung des beklagten Jobcenters. Nach einem erfolgreichen Widerspruchsverfahren der Kläger erklärte sich der Beklagte bereit, die notwendigen Aufwendungen zu erstatten, und sah die Zuziehung eines Bevollmächtigten als notwendig an. Auf die Kostennote ihrer Rechtsanwältin erklärte der Beklagte, er erkenne diese Kosten an, rechne aber mit Erstattungsforderungen gegenüber den Klägern in unterschiedlicher Höhe auf. Das Sozialgericht hat den Beklagten verurteilt, die Kläger vom Vergütungsanspruch ihrer Anwältin freizustellen. Das Landessozialgericht hat die zugelassenen Berufungen zurückgewiesen. Der Anspruch der Kläger sei ein Freistellungsanspruch, gegen den der Beklagte mit einer Geldforderung mangels Gleichartigkeit gemäß § 387 BGB nicht habe wirksam aufrechnen können. Mit der vom Senat zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 63 SGB X. Dieser beinhalte keinen Freistellungs-, sondern einen Zahlungsanspruch. Die zu § 257 BGB entwickelten Grundsätze seien nicht übertragbar.

Das BSG hat die Revision des beklagten Jobcenters gegen das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg zurückgewiesen.

Nach Auffassung des BSG konnte der Beklagte gegen den von ihm hinsichtlich Grund und Höhe anerkannten Kostenerstattungsanspruch der Kläger nach § 63 SGB X nicht mit Erstattungsforderungen seinerseits gegenüber den Klägern wirksam aufrechnen. Eine Aufrechnung als Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts, auf das die §§ 387 ff. BGB ggf entsprechend anzuwenden sind, ist nach der Entscheidung des Großen Senats vom 31.08.2011 (GS 2/10 – BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4) grundsätzlich auch durch öffentlich-rechtliche Willenserklärung zulässig. Vorliegend steht einer wirksamen Aufrechnung jedoch ein aus dem Sinn und Zweck des § 63 SGB X folgendes Aufrechnungsverbot entgegen. Die Aufrechnung betrifft zudem die Rechtsschutzgleichheit von Unbemittelten und Bemittelten insbesondere im Bereich des SGB II, in dem Widerspruchsführer typischerweise unbemittelt sind. Denn Rechtsanwälte müssen aufgrund der großen Anzahl von Erstattungsbescheiden im Bereich des SGB II (vgl. nur BT-Drs. 19/12241, S. 2) befürchten, ihre Vergütung nicht über den Kostenerstattungsanspruch nach § 63 SGB X zu erhalten, und es besteht die Gefahr, dass sie die Übernahme entsprechender Mandate ablehnen.