„Junges Verwaltungsvermögen“: Begünstigungsausschluss auch bei Umschichtungen innerhalb des Verwaltungsvermögens

13. August 2020 -

Der Bundesfinanzhof hat am 22.01.2020 zu den Aktenzeichen II R 8/18, II R 13/18, II R 18/18, II R 21/18 und II R 41/18 entschieden, dass Betriebsvermögen auch ohne Missbrauchsabsicht begünstigungsschädliches „junges Verwaltungsvermögen“ sein kann.

Aus der Pressemitteilung des BFH Nr. 34/2020 vom 13.08.2020 ergibt sich:

Die Erbschaft- und Schenkungsteuer kennt Begünstigungen für den Erwerb von Betriebsvermögen, die das Produktivvermögen schützen sollen. Besonderen Regelungen unterliegt das sog. Verwaltungsvermögen, zu dem u.a. Wertpapiere gehören. Verwaltungsvermögen, das dem Betrieb im Zeitpunkt von Erbfall oder Schenkung weniger als zwei Jahre zuzurechnen war (junges Verwaltungsvermögen), ist von der Begünstigung ausgenommen. Das soll Missbrauch verhindern. Andernfalls könnte etwa Privatvermögen kurzfristig in den Betrieb eingelegt werden, um es an der Begünstigung für das Betriebsvermögen teilhaben zu lassen.

Die Kläger waren der Auffassung, dass der Begünstigungsausschluss nicht für solche Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens gilt, die ohne erkennbare Missbrauchsabsicht innerhalb der Zwei-Jahres-Frist aus anderweit liquiden Mitteln des Betriebs oder sogar im Rahmen einer reinen Umschichtung gleichartiger Wirtschaftsgüter angeschafft worden waren.
Die jeweils von den Klägern angerufenen Finanzgerichte teilten deren Auffassung nicht und wiesen die Klagen ab.

Der BFH hat die Urteile der Finanzgerichte bestätigt.

Habe ein Betrieb binnen zweier Jahre vor einem Erbfall oder einer Schenkung Verwaltungsvermögen aus Eigenmitteln erworben oder umgeschichtet, falle insoweit die erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Begünstigung des Betriebsvermögens fort. Das gelte für Erbschaften und Schenkungen in den Jahren 2007 und 2010 bis 2012.

Der BFH hat ebenfalls im Hinblick auf die gesetzliche Typisierung eine Missbrauchsprüfung im Einzelfall nicht zugelassen. Maßgebend sei deshalb allein, ob das einzelne Wirtschaftsgut des Verwaltungsvermögens, so auch das einzelne Wertpapier, tatsächlich innerhalb der Frist dem Betriebsvermögen zugeführt wurde. Es komme nicht darauf an, ob dies ein Einlage- oder Anschaffungsvorgang war, wie die Anschaffung finanziert wurde und welche Zielsetzung dem Vorgang zugrunde lag.

Die Entscheidungen sind zu Rechtsvorschriften ergangen, die nach dem Urteil des BVerfG vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12) mit der Verfassung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz unvereinbar, aber bis zum 30.06.2016 weiter anzuwenden waren. Das anschließend in Kraft getretene Recht enthält zum Verwaltungsvermögen eine Reihe detaillierter Neuerungen.