Keine SGB II-Leistungen für Drogentherapie während Haft

13. August 2020 -

Das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Essen hat am 25.06.2020 zum Aktenzeichen L 19 AS 1426/19 entschieden, dass derjenige, der die Verbüßung einer Haftstrafe unterbricht, um eine stationäre Entwöhnungs- und Adaptionsbehandlung durchzuführen, sich weiterhin in einer Einrichtung zum Vollzug einer richterlich angeordneten Freiheitsentziehung befindet und von SGB II-Leistungen ausgeschlossen bleibt.

Aus der Pressemitteilung des LSG NRW vom 13.08.2020 ergibt sich:

Der Kläger machte SGB II-Leistungen für die Dauer einer stationären Drogenentwöhnungstherapie geltend. Hierfür war die Verbüßung seiner zunächst angetretenen Haftstrafe nach einem Jahr ausgesetzt worden.
Vor dem SG Köln hatte er damit Erfolg.

Das LSG Essen hat auf die Berufung des beklagten Jobcenters das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist der Kläger während des siebenmonatigen Aufenthalts in der Fachklinik zur Durchführung einer Entwöhnungsbehandlung und anschließenden Adaption von Grundsicherungsleistungen nach § 7 Abs. 4 SGB II ausgeschlossen gewesen. Denn er habe seinen Aufenthalt in einer JVA zur Vollstreckung einer Strafe, also in einer Einrichtung zum Vollzug einer richterlich angeordneten Freiheitsentziehung, durch seinen Wechsel in die Fachklinik bzw. Adaptionseinrichtung nicht beendet, sondern fortgesetzt.

Der Kläger habe sich in diesen beiden Einrichtungen aufgrund einer von der Staatsanwaltschaft verfügten Zurückstellung der Strafvollstreckung zwecks Durchführung einer Therapie nach dem Betäubungsmittelgesetz aufgehalten. Die Zeit des dortigen Aufenthaltes werde auf die Strafhaft angerechnet. Die vorläufige Herausnahme aus dem Vollzug stelle keine Aussetzung der Strafvollstreckung dar bzw. beende diese nicht. Mithin handele es sich auch bei ihnen um Einrichtungen zum Vollzug einer richterlich angeordneten Freiheitsentziehung.

Während seines Aufenthaltes in der JVA sei der Kläger grundsätzlich nach dem SGB XII leistungsberechtigt gewesen. Da er weiterhin in seiner Lebensführung vollständig kontrolliert worden sei und dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden habe, erweise sich das Leistungssystem des SGB XII auch auf die Situation des Aufenthaltes in einer Therapieeinrichtung angepasster als dasjenige des SGB II.

Das LSG Essen hat die Revision zugelassen.