Löschung eines Accounts in sozialen Netzwerken: Ausschluss von „Hassorganisationen“ zulässig

16. Juni 2020 -

Das Oberlandesgericht Dresden hat am 16.06.2020 zum Aktenzeichen 4 U 2890/19 im Streit um die Zulässigkeit der Löschung eines Accounts in sozialen Netzwerken entschieden, dass Facebook zur Deaktivierung des Kontos berechtigt war, weil der eingetragene Verein die sogenannte Identitäre Bewegung unterstütze, bei der es sich um eine „Hassorganisation“ im Sinne der Gemeinschaftsstandards von Facebook und Instagram handele.

Aus der Pressemitteilung des OLG Dresden Nr. 22/2020 vom 16.06.2020 ergibt sich:

Der eingetragene Verein (Kläger) begehrt Rechtsschutz im Eilverfahren gegen die Löschung seiner Kundenkonten („Accounts“) auf den von der Facebook Ireland Limited (Beklagte) betriebenen sozialen Netzwerken Facebook und Instagram.
Das LG Görlitz hatte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Die Beklagte sei zur Deaktivierung des Kontos berechtigt gewesen, weil der Kläger die sog. Identitäre Bewegung unterstütze, bei der es sich um eine „Hassorganisation“ im Sinne der Gemeinschaftsstandards von Facebook/Instagram handele. Mit der Berufung macht der Kläger geltend, die Gemeinschaftsstandards der Beklagten, auf die sie die Deaktivierungen gestützt habe, seien unwirksam, die verhängten Maßnahmen im Übrigen willkürlich und unverhältnismäßig. Weder könne er selbst als Hassorganisation angesehen werden, noch unterstütze er eine solche.

Das OLG Dresden hat auch in der Berufungsinstanz den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Gunsten des Vereins E. (Verfügungskläger) abgelehnt und damit das vorhergehende Urteil des LG Görlitz bestätigt.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts steht es sozialen Netzwerken grundsätzlich frei, in ihren Nutzungsbedingungen den Ausschluss von „Hassorganisationen“ sowie von deren Unterstützern vorzusehen. Einem Kontrahierungszwang unterlägen soziale Netzwerke auch dann nicht, wenn sie eine an ein Monopol grenzende Marktmacht in ihrem Bereich hätten. Zwar müsse sich eine solche Regelung an den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Zulässigkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen messen lassen; diese Vorgaben seien hier aber erfüllt. Insbesondere sei die entsprechende Regelung in den Gemeinschaftsstandards hinreichend bestimmt, weil sich für den Nutzer klar ergebe, was unter einer „Hassorganisation“ zu verstehen sei.

Allerdings dürfe eine solche Kontosperrung nicht willkürlich erfolgen und müsse die Meinungs- und Kommunikationsgrundrechte der Nutzer und die wirtschaftlichen Auswirkungen eines dauerhaften Ausschlusses berücksichtigen. Eine Sperre, die an die bloße Unterstützung einer „Hassorganisation“ anknüpfe, sei daher grundsätzlich nur nach vorheriger Abmahnung zulässig. Hier habe Facebook aber glaubhaft gemacht, dass der Verein selbst die Voraussetzungen für eine Einstufung als „Hassorganisation“ erfülle. Da die Sperrung seiner Accounts nicht lediglich an punktuelle Einzeläußerungen anknüpfe, die sich der Verein nicht zurechnen lassen müsse, sei der Schluss gerechtfertigt, dass seine ideologische Ausrichtung darauf abziele, Personen aufgrund ihrer ethnischen Abstammung oder religiösen Überzeugung anzugreifen.

Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.