Namensänderung bei Intergeschlechtlichkeit

Das Oberlandesgericht Naumburg hat mit Beschluss vom 08.05.2018 zum Aktenzeichen 2 Wx 18/18 in einem von Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M. der Kölner Rechtsanwaltskanzlei JURA.CC vertretenen Verfahren entschieden, dass

Die Person ist im Geburtsregister des Standesamts als „Sandra“ mit dem Geschlecht „weiblich“ eingetragen. Die Person hat beim Amtsgericht Magdeburg die Änderung des Vornamens in „Sandrao“ sowie die Streichung des Geschlechtseintrags beantragt. Zur Begründung ist die Intergeschlechtlichkeit angeführt worden.

Mit Beschluss vom 30.01.2018 hat das Amtsgericht Magdeburg die Namensänderung zurückgewiesen.

Der gemäß § 48 Abs. 2 PStG zulässige Antrag der Person ist unbegründet. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Geburteneintrags des Vornamens der Person vorliegen. Die beantragte Änderung des Personenstandsregisters des Inhalts, dass der Vorname der Person „Sandrao“ und nicht „Sandra“ lautet, ist daher nicht anzuordnen.

An die Berichtigung im Personenstandsregister sind hohe Anforderungen zu stellen; vor dem Hintergrund des hohen Beweiswerts von Personenstandsurkunden können nur nachgewiesene Tatsachen eine Berichtigung der eingetragenen Daten rechtfertigen.

Der Person ist der Nachweis, dass der eingetragene Vorname „Sandra“ unrichtig ist, nicht gelungen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, umfasst das Recht der Eltern, Sorge für ihr Kind zu tragen, auch das Recht, diesem einen Namen zu geben. Die Entscheidung, welchen Namen das Kind tragen soll, haben die Eltern in Ausführung der Verantwortung für das Kind zu treffen. Dies betrifft auch die Wahl des Vornamens, der die Individualität einer Person Ausdruck verleiht, den Einzelnen bezeichnet und diesen von anderen unterscheidet. Mangels einschlägiger Bestimmungen im Namensrecht sind die Eltern in der Wahl des Vornamens grundsätzlich frei. Diesem Recht der Eltern zur Vornamenswahl darf allein dort eine Grenze gesetzt werden, wo seine Ausübung das Kindeswohl zu beeinträchtigen droht. Der Staat ist zur Wahrnehmung seines Rechts nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG berechtigt und verpflichtet, das Kind als Grundrechtsträger vor verantwortungsloser Namenswahl durch die Eltern zu schützen. Für einen darüber hinausgehenden Eingriff in das Elternrecht auf Bestimmung des Vornamens für ihr Kind bietet Art. 6 Abs. 2 GG keine Grundlage.

Das mit Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht des Kindes, welches auch das Recht auf Erhalt eines Vornamens und dessen Schutz umfasst, steht in einem besonderen Verhältnis zum Recht seiner Eltern aus Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG. Das Elternrecht ist wesentlich ein recht im Interesse des Kindes und damit als ein treuhänderisches Recht anzusehen. In der Entscheidung der Eltern kommt für die Persönlichkeit des Kindes deswegen Bedeutung zu, weil der Name ihm verhielt, seine Identität zu finden und seine Individualität zu entwickeln. Allerdings hat der Gesetzgeber weder ausdrücklich noch immanent einen Grundsatz geregelt, wonach der von den Eltern für ihr Kind gewählte Vorname über das Geschlecht des Kindes informieren muss. Ein solcher Grundsatz lässt sich auch nicht dem Personenstandsrecht entnehmen. Nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PStG sind zwar Vornamen und nach§ 21 Abs. 1 Nr. 3 PStG das Geschlecht eines Kindes in das Geburtsregister einzutragen, Hieraus folgt indes keine Begrenzung der elterlichen Vornamenswahl auf einen geschlechtsbezogenen Namen. Bei der Dienstanweisung für Standesbeamte und ihre Aufsichtsbehörden handelt es sich lediglich um eine Verwaltungsvorschrift ohne Gesetzescharakter.

Unter Zugrundelegung dieser Kriterien ist vorliegend eine Unrichtigkeit des Vornamens „Sandra“ zu verneinen, da es Voraussetzung für die Richtigkeit der Eintragung des Vornamens gerade nicht ist, dass diese eine geschlechtsbezogene Zuordnung zulässt.

Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht eine Ausnahme für den fall bejaht, dass der gewählte Vorname dem Kind offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise die Möglichkeit bietet, sich anhand des Vornamens mit seinem Geschlecht zu identifizieren. Diese Voraussetzung ist vorliegend jedoch deshalb zu verneinen, weil sie sich ausdrücklich auf den Zeitpunkt der Entwicklung des Kindes erstreckt, während die hier betroffene Person im Zeitpunkt der Antragsstellung das Erwachsenenalter erreicht hat. Das Bundesverfassungsgericht hat dies dadurch untermauert, dass soweit dem Vornamen für die Persönlichkeit des Kindes Bedeutung zukommt, weil er dem Kind hilft, seine Identität zu finden und seine Individualität zu entwickeln, eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegen muss.

Daher kann hier dahinstehen, ob durch den Vornamen „Sandra“ zum damaligen Zeitpunkt eine Gefährdung des Kindeswohls bestanden hat und ob darüber hinaus die Voraussetzungen für die Berichtigung der Eintragung in den Vornamen „Sandrao“ bestanden haben.

Vor diesem Hintergrund kommt daher allein eine Änderung des Vornamens nach dem Namensänderungsgesetz in Betracht.

Gegen den Beschluss des Oberlandesgericht Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M. der Kölner Rechtsanwaltskanzlei JURA.CC Verfassungsbeschwerde für die Person eingelegt, die das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 05.11.2018 zum Aktenzeichen 1 BvR 1558/18 nicht zur Entscheidung angenommen hat.