Recht auf Homeoffice? Das gilt fürs Arbeiten von Zuhause

23. Mai 2025 -

Die Corona-Pandemie hat das Arbeitsleben nachhaltig verändert – eine der sichtbarsten Folgen war der beispiellose Boom des Homeoffice. Millionen Beschäftigte erledigten ihre Aufgaben plötzlich vom heimischen Schreibtisch aus, vielfach effizienter, flexibler und zufriedener als zuvor. Doch mit sinkenden Inzidenzen und der Aufhebung pandemiebedingter Arbeitsschutzverordnungen endete für viele Arbeitnehmer:innen auch das Privileg, von Zuhause aus zu arbeiten. Arbeitgeber pochen zunehmend auf Rückkehr ins Büro.

Doch was gilt eigentlich rechtlich? Besteht ein Anspruch auf Homeoffice? Und was dürfen Arbeitgeber verlangen?


Gesetzliche Grundlage: Gibt es ein Recht auf Homeoffice?

Aktueller Stand: Kein genereller Anspruch

Anders als in einigen europäischen Nachbarländern – etwa den Niederlanden oder Belgien – gibt es in Deutschland derzeit kein allgemeines gesetzliches Recht auf Homeoffice. Das bedeutet: Arbeitnehmer:innen können nicht einseitig verlangen, ihre Arbeit dauerhaft von zuhause zu erledigen. Entscheidend ist vielmehr, was im Arbeitsvertrag, in Betriebsvereinbarungen oder in Tarifverträgen geregelt ist.

§ 106 Gewerbeordnung (GewO) gibt dem Arbeitgeber grundsätzlich das Recht, den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen zu bestimmen – solange nichts anderes vereinbart ist. Das umfasst auch das Recht, auf Präsenz im Betrieb zu bestehen.


Homeoffice während der Pandemie: Sonderregelung mit Verfallsdatum

Während der Corona-Pandemie galt zeitweise eine gesetzlich normierte Homeoffice-Angebotspflicht für Arbeitgeber (§ 28b IfSG a.F.) – Beschäftigten musste das Arbeiten von Zuhause aus ermöglicht werden, wenn keine zwingenden betrieblichen Gründe dagegensprachen. Diese Regelung wurde jedoch im März 2022 aufgehoben. Seither gilt wieder der Status quo ante: Homeoffice ist eine freiwillige, einvernehmliche Regelung – kein einklagbares Recht.


Ausnahme: Wenn der Arbeitgeber bereits Homeoffice gestattet hat

Vertrauensschutz durch betriebliche Übung?

Wenn der Arbeitgeber über längere Zeit Homeoffice ohne Vorbehalt erlaubt hat, kann sich möglicherweise eine sogenannte betriebliche Übung entwickeln. Diese entsteht, wenn Arbeitnehmer:innen über mindestens drei Jahre hinweg regelmäßig in derselben Weise begünstigt wurden – z. B. durch kontinuierliches Arbeiten im Homeoffice – und deshalb darauf vertrauen durften, dass diese Praxis dauerhaft gilt.

Allerdings sind Gerichte bei der Annahme einer betrieblichen Übung zurückhaltend, insbesondere bei pandemiebedingten Maßnahmen. Unternehmen haben häufig klar kommuniziert, dass Homeoffice nur vorübergehend gestattet wird.


Was sagt das Bundesarbeitsgericht?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat bislang kein generelles Recht auf Homeoffice bejaht. Das BAG entschied, dass Arbeitgeber berechtigt sind, den Arbeitsort einseitig zu bestimmen, solange sie dabei billiges Ermessen wahren. Dies bedeutet jedoch auch, dass Arbeitgeber individuelle Lebensumstände der Arbeitnehmer:innen berücksichtigen müssen – etwa gesundheitliche Risiken oder familiäre Betreuungspflichten.


Was können Arbeitnehmer:innen tun?

1. Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen:
Einvernehmliche Lösungen sind weiterhin möglich – etwa über individuelle Homeoffice-Vereinbarungen oder über eine Änderungskündigung mit anschließender Neuvereinbarung des Arbeitsorts.

2. Beteiligung des Betriebsrats nutzen:
Besteht ein Betriebsrat, hat dieser gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung technischer Überwachungsmaßnahmen, also etwa bei der digitalen Arbeitszeiterfassung im Homeoffice. Auch bei Regelungen zur mobilen Arbeit ist der Betriebsrat regelmäßig zu beteiligen.

3. Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung prüfen:
Immer mehr Tarifverträge und betriebliche Regelungen enthalten inzwischen Homeoffice-Komponenten. Arbeitnehmer:innen sollten prüfen, ob ihnen aus solchen Vereinbarungen ein Anspruch zusteht.


Konsequenzen bei Weigerung zur Rückkehr ins Büro

Wenn der Arbeitgeber die Rückkehr in den Betrieb anordnet und kein abweichender Vertrag besteht, müssen Arbeitnehmer:innen der Weisung grundsätzlich Folge leisten. Wer sich weigert, riskiert:

  • Abmahnungen
  • Kündigung
  • Lohnkürzung oder -streichung wegen Arbeitsverweigerung

Dies gilt auch dann, wenn die Arbeit zuhause problemlos möglich wäre. Maßgeblich ist das Weisungsrecht des Arbeitgebers – solange es im Rahmen des billigen Ermessens bleibt.


Gesetzliche Entwicklungen: Kommt ein Rechtsanspruch?

Im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung von 2021 war ein gesetzlicher Anspruch auf mobiles Arbeiten in bestimmten Fällen vorgesehen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte mehrfach an, einen „Mobile-Arbeit-Gesetzentwurf“ auf den Weg bringen zu wollen, der zumindest ein Recht auf Erörterung von Homeoffice-Wünschen vorsieht. Ein konkreter Gesetzesentwurf steht jedoch weiterhin aus (Stand: Mai 2025).


Fazit: Homeoffice bleibt Verhandlungssache – vorerst

Auch wenn sich die Arbeitswelt gewandelt hat: Ein gesetzlich verankerter Anspruch auf Homeoffice existiert derzeit nicht. Wer weiterhin von Zuhause arbeiten möchte, ist auf individuelle Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber angewiesen. Unternehmen sind allerdings gut beraten, flexible Modelle beizubehalten – nicht nur aus Gründen der Mitarbeitermotivation, sondern auch im Sinne der Wettbewerbsfähigkeit.

Denn der heimische Schreibtisch ist längst mehr als nur eine pandemiebedingte Notlösung – er ist ein fester Bestandteil der modernen Arbeitswelt geworden.


Tipp für die Praxis:
Arbeitnehmer:innen sollten Homeoffice-Vereinbarungen schriftlich festhalten – etwa in Form einer Ergänzung zum Arbeitsvertrag oder als separate Homeoffice-Richtlinie. Das schafft Klarheit und beugt Konflikten vor.