Redakteur darf abgemahnt werden, wenn er fremd veröffentlicht

30. Juni 2019 -

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 26.06.2019 zum Aktenzeichen 4 Sa 970/18 entschieden, dass ein Redakteur eines Wirtschaftsmagazins, der ohne Einwilligung des Verlags in einer Tageszeitung einen Artikel veröffentlicht, den er ursprünglich für seinen Arbeitgeber erstellt hat, dessen Veröffentlichung sein Arbeitgeber jedoch ablehnte, abgemahnt werden darf.

Aus der Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ergibt sich:

Der Kläger ist Redakteur eines Wirtschaftsmagazins. Im Rahmen dieser Tätigkeit sollte er über die Eröffnung einer Fabrik eines deutschen Unternehmens in den USA berichten. Dort nahm er an einem Firmenevent teil, über das er für das Wirtschaftsmagazin einen Bericht verfasste. In diesem schilderte er den Verlauf eines Gesprächs mit der ausrichtenden Unternehmerin. Seinen Verzicht etwas zu essen habe er dieser gegenüber damit begründet, dass er „zu viel Speck überm Gürtel“ habe. Die Unternehmerin habe diese Aussage dadurch „überprüft“, dass sie ihm kräftig in die Hüfte gekniffen habe. Diese Passage wurde mit nachträglicher Billigung des Chefredakteurs gestrichen und der Bericht wurde ohne sie veröffentlicht. Der Versuch des Klägers, eine nachträgliche Veröffentlichung im Wirtschaftsmagazin zu erzielen, schlug fehl. Er kündigte darauf an, den Beitrag anderweitig zu veröffentlichen. Der Chefredakteur antwortete, dass dies wegen der Konkurrenzklausel im Arbeitsvertrag nicht gehe und verwies den Kläger auf eine Rücksprache mit der Personalabteilung. Dennoch veröffentlichte der Kläger ohne Einwilligung der Beklagten, dem Verlag des Wirtschaftsmagazins, einen Beitrag mit dem Titel „Ran an den Speck“ in einer Tageszeitung, in dem er seine Erlebnisse über diesen Vorfall schilderte und diese in den Zusammenhang mit der #MeToo-Debatte stellte. Die Beklagte erteilte ihm deshalb eine Abmahnung. Die Klage auf Entfernung der Abmahnung hatte vor dem Landesarbeitsgericht ebenso wie vor dem Arbeitsgericht keinen Erfolg. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifbindung der Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften (MTV) Anwendung. Gemäß § 13Nr. 3 MTV bedarf die Verwertung einer dem Redakteur bei seiner Tätigkeit bekannt gewordenen Nachricht der Einwilligung des Verlages. Diese Einschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit des Redakteurs aus Art. 5 Abs. 1Satz 1GGist durch die allgemeinen Schranken aus Art. 5 Abs. 2 GG, zu denen auch tarifrechtliche Vorschriften gehören, gerechtfertigt. Durch das Gebot, vor der Verwertung der Nachricht die Einwilligung des Verlags einzuholen, wurde im konkreten Fall die innere Pressefreiheit des Redakteurs nicht verletzt. Zwar ist der Kläger auch persönlich betroffen. Es überwiegt aber der dienstliche Zusammenhang, weil sich der vom Kläger erlebte Vorfall gerade bei dem Firmenevent, über das er berichten sollte, ereignete und außerdem handelnde Person die Unternehmerin selbst war. In einem solchen Fall ist es nicht zu beanstanden, wenn der Kläger vor der Veröffentlichung des Beitrags in einer anderen Tageszeitung verpflichtet ist, die Einwilligung des Verlages – hier vermittelt durch den Chefredakteur – einzuholen und diese im Falle der Ablehnung ggfs. durch Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes durchzusetzen. Da er dies nicht getan hat, durfte die Beklagte diese Pflichtverletzung abmahnen. Diese Reaktion war nicht unverhältnismäßig.