Reisekosten auch für Radfahrer

03. Juli 2020 -

Das Sozialgericht Leipzig hat mit Urteil vom 18.03.2020 zum Aktenzeichen S 17 AS 405/19 entschieden, dass die Fahrtkostenerstattung für die Wahrnehmung von Meldeterminen beim Jobcenter Leipzig grundsätzlich auch Fahrradfahrern zusteht.

Aus der Pressemitteilung des SG Leipzig Nr. 3/2020 vom 02.07.2020 ergibt sich:

Nur zur Höhe der Erstattung habe das Jobcenter einen Ermessensspielraum, so das Sozialgericht.

Das beklagte Jobcenter Leipzig hatte den Kläger zu Meldeterminen bestellt. Der Kläger reiste nicht mit Kraftfahrzeug oder öffentlichen Verkehrsmitteln, sondern mit seinem betagten Fahrrad an und beantragte hierfür Reisekostenerstattung. Das Jobcenter lehnte ab. Eine Gleichbehandlung der Radfahrer mit Nutzern von Kraftfahrzeugen oder ÖPNV sei nicht geboten. Bezifferbare Kosten seien dem Kläger durch seine Fahrten mit dem Fahrrad nicht entstanden oder jedenfalls vernachlässigbar gering. Der Widerspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.

Das SG Leipzig hat entschieden, dass auch geringe Kosten das Existenzminimum für Empfänger von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II berühren.

Nach Auffassung des Sozialgerichts darf das beklagte Jobcenter ihre Berücksichtigung weder gänzlich ausschließen noch Bagatellgrenzen aus den Verwaltungsvorschriften zum Bundesreisekostengesetz übernehmen. Welche konkreten Kosten des Fahrradfahrens zu einem Meldetermin aber zu erstatten sind, überlasse das Urteil dem Ermessen des Jobcenters Leipzig. Der Kläger habe allerdings keinen Anspruch auf gleiche Kostenerstattung wie für Nutzer eines Kraftfahrzeugs. Außerdem seien nur die unmittelbar mit der Reise verbundenen Kosten zu berücksichtigen. Aufwendungen für wetterfeste Kleidung, erhöhte Nahrungsaufnahme oder Duschen nach der Fahrradfahrt gehörten dazu nicht. Sie seien der individuellen Lebensführung des Klägers zuzuschreiben.

Hintergrund: Gemäß § 59 SGB II i.V.m. § 309 Abs. 4 SGB III können die notwendigen Reisekosten aus Anlass einer Meldung auf Antrag übernommen werden. Das beklagte Jobcenter hat zur Ausübung des durch die gesetzliche Regelung eröffneten Ermessens eine Verwaltungsvorschrift erlassen, die zu einer Selbstbindung der Verwaltung führt. Ermessensentscheidungen der Sozialleistungsträger sind durch die Sozialgerichte nur eingeschränkt nachprüfbar.

Das Urteil ist rechtskräftig.