Selbstverteidigung / Selbstvertretung durch Rechtsanwalt in Strafsache – Rechtsmittel per beA

Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Beschluss vom 20.07.2023 zum Aktenzeichen 4 ORs 62/23 entschieden, dass auch ein Rechtsanwalt, der sich in einer Strafsache selbst vertritt bzw. selbst verteidigt eine Rechtsmittelschrift per beA einreichen muss.

Das Amtsgericht Münster hat den Angeklagten durch Urteil wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteilt. Gegen dieses in Anwesenheit des Angeklagten verkündete und auf Anordnung des Vorsitzenden dem Angeklagten am 25.03.2023 zugestellte Urteil hat der Angeklagte mit bei dem Amtsgericht Münster eingegangenem (Fax-)Schreiben Rechtsmittel eingelegt und dieses mit weiteren (Fax-)Schreiben vom selben Tag als Revision bezeichnet und mit der Verletzung materiellen Rechts begründet.

Die Revision ist bereits nicht wirksam eingelegt (zu vgl. BGH, Beschl. v. 08.09.2022 – 3 StR 251/22).

Nach den seit dem 01. Januar 2022 geltenden § 32d S. 2 StPO müssen Verteidiger und Rechtsanwälte unter anderem die Revision und ihre Begründung als elektronisches Dokument übermitteln. Insoweit handelt sich ein Form- und Wirksamkeitsvoraussetzung der jeweiligen Prozesshandlung. Ihre Nichteinhaltung bewirkt die Unwirksamkeit der Erklärung (vgl. BGH, Beschluss vom 24.05.2022 – 2 StR 110/22 -, Rdnr. 3; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 32d Rdnr. 2 m. w. N.).

Diesen Anforderungen genügen die Revisionseinlegung und die Revisionsbegründung nicht. Denn der Angeklagte hat seine Revision lediglich mit einem per Fax übermitteltet bzw. im Briefkasten des Amtsgerichts hinterlegt.

Anhaltspunkte dafür, dass eine elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich war (§ 32d, S. 3 StPO) sind nicht dargetan.

Die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der Revisionsschrift und Revisionsbegründungsschrift gilt auch in dem – hier vorliegenden – Fall, in dem der übermittelnde Rechtsanwalt selbst Angeklagter des Strafverfahrens ist. Der Begriff „Rechtsanwälte“ in § 32d StPO ist insoweit statusrechtlich zu verstehen und erfasst Personen, die als Rechtsanwalt zugelassen sind und für die als solche durch die Bundesrechtsanwaltskammer ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach eingerichtet worden ist, § 31a Abs. 1 BRAO. Die Verpflichtung zur elektronischen Einreichung schließt nicht die Möglichkeit des Rechtsanwalts aus, die in Rede stehenden Erklärungen mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugeben (vgl. Köhler in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 66. Auflage 2023, § 32d StPO Rn. 1 m.w.N.). Von dieser Möglichkeit hat der Angeklagte keinen Gebrauch gemacht.