Sportvereinsausschluss des Hamburger NPD-Landesvorsitzenden bestätigt

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein hat am 16.12.2020 zum Aktenzeichen 9 U 238/19 entschieden, dass der Ausschluss des Hamburger NPD-Landesvorsitzenden aus einem Breitensportverein im Kreis Pinneberg rechtmäßig ist.

Pressemitteilung des OLG SH vom 16.12.2020 ergibt sich:

Der Kläger ist seit dem Jahr 2009 Mitglied der NPD und seit 2016 deren Landesvorsitzender in Hamburg. Er ist seit 2014 Mitglied des beklagten Sportvereins einer Gemeinde bei Pinneberg. Im April 2016 schloss der beklagte Verein den Kläger wegen seiner Mitgliedschaft in der NPD aus dem Verein aus.

Im Februar 2018 stellte das LG Itzehoe fest, dass dieser Ausschluss wegen formeller Mängel unwirksam war. Nachfolgend änderte der beklagte Verein im April 2018 seine Satzung. Seitdem kann ein Mitglied aus dem Verein ausgeschlossen werden, wenn es zugleich Mitglied einer extremistischen Organisation, gleich welcher politischen Ausrichtung, oder einer rassistisch und fremdenfeindlich organisierten Organisation, wie zum Beispiel der NPD und ihrer Landesverbände, ist (§§ 7 und 2 der Vereinssatzung). Hierzu heißt es in der Satzung ausdrücklich: „Grundlage der Vereinsarbeit ist das Bekenntnis aller Mitglieder des Vereins zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Der Verein tritt allen extremistischen Bestrebungen entschieden entgegen.“ Nach Eintragung der Satzungsänderung im Vereinsregister schloss der beklagte Verein den Kläger im Februar 2019 erneut aus dem Verein aus. Gegen diese Ausschließung wandte sich der Kläger mit seiner Klage, die darauf gerichtet ist, die Unwirksamkeit des Vereinsausschlusses feststellen zu lassen.
Das LG Itzehoe hatte die Klage abgewiesen. Hiergegen legte der Kläger Berufung ein.

Das OLG Schleswig hat die Berufung zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist der Ausschluss des Klägers aus dem beklagten Sportverein wirksam. Der Verein habe den Ausschluss auf die Regelungen in den §§ 2 und 7 der Satzung stützen dürfen, denn die neue Vereinssatzung sei formell ordnungsgemäß zustande gekommen. Sie verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere nicht gegen das grundgesetzliche Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG, wonach niemand wegen seiner politischen Anschauungen benachteiligt werden dürfe. Die im Grundgesetz verankerten Grundrechte verpflichten in erster Linie den Staat gegenüber den Bürger und gelten nicht unmittelbar zwischen Privatpersonen. Die Grundrechte entfalten jedoch auch zwischen diesen mittelbare Wirkung (sog. Drittwirkung der Grundrechte), indem sie als verfassungsrechtliche Wertentscheidungen in das Zivilrecht einstrahlen. Komme es dabei zu einer Kollision von Grundrechtspositionen, so müssten diese in einen Ausgleich gebracht werden.

Die Vereinssatzung als abstrakt-generelle Regelung stehe mit dieser Drittwirkung der Grundrechte im Einklang. Die Regelung in der Satzung zum Vereinsausschlusses habe auch dann rechtlichen Bestand, wenn das Gericht eine strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung vornehme. Aufgrund der durch Art. 9 Abs. 1 GG geschützten Vereinsautonomie habe der beklagte Verein die Regelung in §§ 2 und 7 der Vereinssatzung beschließen dürfen. Der Verein sei bei der Festlegung der Voraussetzungen für den Erwerb der Mitgliedschaft grundsätzlich frei. Er könne daneben im Grundsatz auch die Bedingungen für den Fortbestand und den Ausschluss der Mitglieder festlegen. Der Verein habe sich in seiner Satzung auf freiheitlich-demokratische Werte und integrative Bemühungen festgelegt. Auf dieser Grundlage sei es sachlich begründet, die Mitglieder abzulehnen, die rassistischen und extremistischen Organisationen angehören und sich zu diesen Grundsätzen des Vereins gerade nicht bekennen. Ein Vereinsausschluss sei auch geeignet, diese festgelegten Vereinszwecke durchzusetzen. Überdies gewähre § 7 der Vereinssatzung einen Handlungsspielraum, weil die Regelung verschiedene Maßregeloptionen (Verwarnung, Verweis etc.) vorsehe und so im Einzelfall eine angemessene, verhältnismäßige Entscheidung unter Wahrung der Rechte der Mitglieder ermögliche.

Die Vereinssatzung sei somit nicht zu beanstanden. Dasselbe gelte auch für den konkreten Ausschluss des Klägers aus dem Verein. Das Vertrauen des Klägers, dass er unverändert Mitglied des beklagten Vereins bleiben könne, sei gegenüber der Befugnis des Vereins zur Satzungsänderung nicht überwiegend schutzwürdig. Der Kläger habe seit Jahren gewusst, dass seine politische Ausrichtung derjenigen des beklagten Vereins diametral entgegenstehe.

Durch die Ausschließung aus dem Verein sei der Kläger in seiner Freizeitgestaltung nur moderat beeinträchtigt. Es stehe ihm frei, sich anderweitig sportlich zu betätigen. Bei dem beklagten Verein handele es sich um einen Amateur-Sportverein in einer kleineren Gemeinde Schleswig-Holsteins. In diesem werde Breitensport angeboten und betrieben, ohne dass eine herausragende Bedeutung des Vereins für deutschlandweite oder internationale Sportveranstaltungen bzw. eine sonstige Monopolstellung erkennbar wäre. Zudem sei der beklagte Verein nicht am Wohnort des Klägers belegen, sondern sei eine Stunde Fahrtweg mit dem Fahrzeug entfernt. Einen Anspruch auf Aufnahme oder Verbleib in einem privaten Sportverein ohne Monopolstellung habe der Kläger nicht. Darüber hinaus lege die Mitgliedschaft in einem Verein den Mitgliedern die Pflicht zur Förderung der Vereinsziele und -zwecke sowie erhöhte Loyalitäts-, Treue- und Förderpflichten auf. Dieser Treuepflicht könne der Kläger gegenüber dem beklagten Verein nicht nachkommen, weil die Ziele des Vereins denen der NPD eklatant widersprechen. Die Fortdauer der Mitgliedschaft des Klägers würde daher zu einer fortdauernden Verletzung seiner mitgliedschaftlichen Unterstützung- und Treuepflichten gegenüber dem beklagten Verein führen.