Verein haftet für Pyrotechnik

25. Juni 2020 -

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat mit Beschluss vom 23.06.2020 zum Aktenzeichen 26 Sch 1/20 entschieden, dass der Schiedsspruch des Ständigen Schiedsgerichts, der im Ergebnis eine gegen die Fußball-Profiabteilung des FC Carl Zeiss Jena verhängte „Geldstrafe“ wegen des Abbrennens von Pyrotechnik durch ihre Anhänger bestätigt hatte, nicht aufzuheben ist.

Aus der Pressemitteilung des OLG Frankfurt vom 23.06.2020 ergibt sich:

Das Ständige Schiedsgericht der 3. Liga stelle ein die ordentliche Gerichtsbarkeit ausschließendes Schiedsgericht dar. Die Haftung eines Fußballvereins für das Abbrennen von Pyrotechnik seiner Anhänger verstoße nicht gegen allgemeine Grundsätze der öffentlichen Ordnung (ordre public), so das Oberlandesgericht.

Die Antragstellerin ist die Fußball-Profiabteilung des FC Carl Zeiss Jena. Ihre erste Männermannschaft spielt in der vom DFB, dem Antragsgegner, als Profiliga ausgerichteten 3. Liga. Zwischen den Parteien besteht ein Schiedsgerichtsvertrag. Im Sommer 2018 wurden bei drei Spielen im Jenaer Fanblock pyrotechnische Gegenstände (bengalische Feuer/Fackeln, Nebeltöpfe) abgebrannt. Das DFB-Sportgericht belegte im Herbst 2018 die Antragstellerin wegen unsportlichen Verhaltens ihrer Anhänger mit einer „Geldstrafe“ in Höhe von knapp 25.000 Euro.
Die hiergegen von der Antragstellerin eingelegte Berufung zum DFB-Bundesgericht blieb ohne Erfolg. Die Antragstellerin erhob sodann „Klage“ gegen den DFB vor dem Ständigen Schiedsgericht für die 3. Liga. Sie beantragte festzustellen, dass der Schiedsvertrag zwischen den Parteien unwirksam sei; hilfsweise begehrte sie, das Urteil des DFB-Bundesgerichts aufzuheben und den Antrag auf Bestrafung der Antragstellerin abzuweisen. Das Schiedsgericht wies diesen Antrag ab. Vor dem OLG Frankfurt begehrte die Antragstellerin nunmehr die Aufhebung des Schiedsspruchs.

Dieser Aufhebungsantrag hatte vor dem OLG Frankfurt keinen Erfolg.

Nach Auffassung des Oberlandesgerichts haben die Parteien wirksam eine Schiedsgerichtsvereinbarung getroffen. Das Ständige Schiedsgericht für die 3. Liga sei ein echtes Schiedsgericht, so dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wirksam ausgeschlossen worden sei. Das zur Entscheidung berufene Schiedsgericht stelle eine „unabhängige und neutrale Instanz“ dar. Da die Parteien paritätischen Einfluss auf die Besetzung des entscheidenden Spruchkörpers hätten, sei insbesondere von einer unabhängigen Instanz auszugehen. Der Schiedsgerichtsvertrag sei auch wirksam. Es liege kein Verstoß gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot vor. Selbst wenn man unterstellte, dass der DFB den Abschluss einer Schiedsvereinbarung verlange, wäre ein solches Verlangen jedenfalls durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Die Antragstellerin habe sich dem Schiedsgerichtsvertrag freiwillig unterworfen und damit auf den Justizgewährungsanspruch verzichtet. Der Abschluss eines Schiedsgerichtsvertrages sei gemäß dem DFB-Statut kein zwingendes rechtliches Erfordernis für die Zulassung zur 3. Liga gewesen.

Auch der Einwand der Antragstellerin, der Schiedsspruch sei aufzuheben, weil seine Vollstreckung zu einem Ergebnis führen würde, welches der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprechen würden, ist nach Ansicht des Oberlandesgerichts nicht stichhaltig. Insbesondere verstoße die in § 9a der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB geregelte Verbandsstrafenhaftung nicht gegen den ordre public. Über diese Vorschrift würde dem Verein zwar „schuldhaftes Verhalten der Anhänger des Vereins und der Personen (…), die sich in seinem Geschäfts- und Gefahrenkreis aufhalten“ zugerechnet. Diese Verbandsstrafenhaftung sei aber durch die verfassungsrechtlich verbürgte Vereinigungsfreiheit legitimiert. Sie entspreche zudem dem im deutschen Recht bekannten Institut der Gefährdungshaftung. So hafte etwa der Kraftfahrzeughalter unabhängig davon, wer gefahren sei. Dieser Gedanke sei auf Sportvereine übertragbar: Aus der verbandsrechtlich ermöglichten Teilnahme am Spielbetrieb erwachsen ihnen finanzielle Vorteile, so dass umgekehrt ein verbandsrechtliches Einstehen für aus dieser Teilnahme erwachsene Gefahren nicht unbillig awi. Dabei sei der Begriff des „Anhängers“ auch hinreichend konkret; es werde etwa auf die Positionierung der betreffenden Person im Stadion oder das Tragen von Trikots, Schals oder ähnlichen Kleidungsstücken, die auf einen bestimmten Verein hindeuten, abgestellt.

Gegen den Beschluss ist die Rechtsbeschwerde zum BGH zulässig.