Verletzung des Willkürverbot betreffend die Einziehung des Wertes von Taterträgen in einem Strafverfahren

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 20. Oktober 2023 zum Aktenzeichen 2 BvR 499/23 entschieden, dass eine Verfassungsbeschwerde wegen der Verletzung des Willkürverbots betreffend die Einziehung des Wertes von Taterträgen in einem Strafverfahren teilweise erfolgreich ist.

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die im Rahmen einer strafrechtlichen Verurteilung durch das Landgericht Bremen angeordnete Einziehung des Wertes von Taterträgen und den die hiergegen gerichtete Revision verwerfenden Beschluss des Bundesgerichtshofs.

Mit Urteil vom 29. Juli 2022 verurteilte das Landgericht Bremen den Beschwerdeführer wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und zwei Monaten und ordnete die Unterbringung des Beschwerdeführers in einer Entziehungsanstalt an. Zudem wurde die – hier allein verfahrensgegenständliche – Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 829.900 Euro angeordnet.

Nach den Feststellungen der Kammer betrieb der Beschwerdeführer im Tatzeitraum unter Einsatz eines kryptierten Mobiltelefons des Anbieters EncroChat gewinnbringenden Handel mit Cannabis und Kokain.

Bezüglich vier der abgeurteilten Taten unterließ die Kammer die Anordnung der Einziehung des Wertes von Taterträgen, weil nach den Urteilsfeststellungen die entsprechenden Betäubungsmittelgeschäfte zwar vereinbart, dann aber nicht umgesetzt wurden, sodass der Beschwerdeführer nichts erlangt hat, was der Einziehung hätte unterworfen werden können (Taten zu Ziff. 1., 4., 6. und 7. des Urteils).

Demgegenüber ordnete das Gericht für die übrigen Taten die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73 Abs. 1, § 73c StGB in Höhe von 829.900 Euro an. Der angeordneten Einziehung liegen für die hier in Rede stehenden Fälle (Taten zu Ziff. 3., 5., 8., 9., 10. Und 11. des Urteils) folgende Feststellungen der Kammer zugrunde:

Am Vormittag des 4. April 2020 oder kurz davor vereinbarte der Angeklagte mit dem Nutzer der EncroChat-Kennung „a.“, diesem ein Kilogramm Cannabis der Sorte „Haze“ gewinnbringend zu einem Kaufpreis von mindestens 5.000 Euro zu verkaufen. Daraufhin beauftragte der Angeklagte am 4. April 2020 ab 10:56 Uhr den Nutzer „c.“, ein Kilogramm Cannabis der Sorte „Haze“ zu einem Verkaufspreis von 5.000 Euro mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 13,8%, mithin 276 Gramm reinem Tetrahydrocannabinol (THC), zum Zwecke der gewinnbringenden Weitergabe in das Auto (silberner VW Golf) des „a.“ zu legen, was dieser am 5. April 2020 gegen 13:24 Uhr auch tat.

[…]

Zu einem bislang unbekannten Zeitpunkt vor dem 18. April 2020, 11:08 Uhr erwarb der Angeklagte von einer unbekannten Person – möglicherweise „n.“ – zu einem bislang unbekannten Preis zunächst 40 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 13,8%, mithin 5,52 Kilogramm reinem THC, und sodann 20 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 13,8%, mithin 2,76 Kilogramm reinem THC, und veräußerte dieses anschließend gewinnbringend zu einem Gesamtpreis von 216.000 Euro und 108.000 Euro (jeweils basierend auf einem Kilogrammpreis von 5.400 Euro) entweder direkt an „c.“ oder – möglicherweise unter Einschaltung des „c.“ – an unbekannte Dritte.

Zu einem bislang unbekannten Zeitpunkt vor dem 17. April 2020, 22:56 Uhr erwarb der Angeklagte von dem Nutzer „n.“ zu einem bislang unbekannten Preis mindestens zehn Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 13,8%, mithin 1,38 Kilogramm reinem THC, aus den Niederlanden, um dieses gewinnbringend für insgesamt 54.000 Euro (mithin 5.400 Euro pro Kilogramm) – unter Einschaltung des Nutzers „c.“ – an verschiedene unbekannte Abnehmer zu verkaufen. Die Betäubungsmittel wurden am 18. April 2020 gegen 07:50 Uhr durch eine bislang unbekannte Person an der Anschrift […], der Wohnanschrift der Mutter des „c.“, übergeben. Von dort wurden sie auf Weisung des Angeklagten an verschiedene Abnehmer verkauft.

[…]

Am 27. und 28. April 2020 stand der Angeklagte mit dem Nutzer „n.“ in Verhandlung über den Ankauf von zwei Kilogramm Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 85%, mithin 1.700 Gramm reinem Kokainhydrochlorid, zu einem Preis von 31.500 Euro pro Kilogramm und den Erwerb von 20 Kilogramm Cannabis der Sorte „Haze“ mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 13,8%, mithin 2,76 Kilogramm reinem THC, zu einem Kilogrammpreis von 5.200 Euro bzw. 5.100 Euro (bei Barzahlung). Das Geschäft kam dementsprechend zustande.

Eines dieser Pakete mit Kokain (mithin ein Kilogramm) verkaufte der Angeklagte gewinnbringend an den Nutzer „s.“ zu einem Preis von 33.000 Euro, wobei er das Kokain am 29. April 2020 gegen 21:55 Uhr durch einen Neffen des EncroChat-Nutzers „p.“ zu dem Nutzer „c.“ in die […]-Straße, […]-Ort, liefern ließ, wo es sich der Nutzer „s.“ noch am selben Tag abholte. Das zweite Paket verkaufte der Angeklagte gewinnbringend zu einem Preis von ebenfalls mindestens 33.000 Euro an eine unbekannte Person.

Die 20 Kilogramm Cannabis wurden auf Anweisung des Angeklagten am 30. April 2020 gegen 16:36 Uhr von dem Nutzer „c.“ bei dem „I.“ Verbrauchermarkt […], abgeholt. Zwei Kilogramm dieser Lieferung Marihuana verkaufte der Angeklagte sodann zu einem Preis von insgesamt 11.000 Euro (mithin 5.500 Euro pro Kilogramm) gewinnbringend an den Nutzer „s.”, der dieses absprachegemäß am 1. Mai 2020 morgens bei der Freundin des Nutzers „c.“ abholte. Die übrige Menge von weiteren 18 Kilogramm Cannabis verkaufte der Angeklagte ebenfalls zu einem Kilogrammpreis von 5.500 Euro an unbekannte Abnehmer.

Zu einem bislang unbekannten Zeitpunkt vor dem 12. Mai 2020 erwarb der Angeklagte von einer bislang unbekannten Person – möglicherweise „n.“ -, zu einem bislang unbekannten Preis 15 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 13,8%, mithin 2,07 Kilogramm reinem THC, zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs. Der Angeklagte beauftragte sodann den Nutzer „c.“ damit, mit dessen Pkw zu der Anschrift […], zu fahren, das Auto dort abzustellen, den Fahrzeugschlüssel auf dem Reifen zu deponieren und nach entsprechender Beladung mit den erworbenen Betäubungsmitteln durch bislang unbekannte weitere Täter, den Pkw wieder abzuholen. „c.“ stellte das Auto vereinbarungsgemäß am 14. Mai 2020 gegen 14:47 Uhr an der benannten Stelle ab und holte es – nachdem ihm der Angeklagte am Abend des 15. Mai 2020 mitgeteilt hatte, dass das Cannabis von Verkäuferseite vereinbarungsgemäß in dem Pkw deponiert worden war – am 16. Mai 2020 gegen 10:25 Uhr wieder ab. Der Angeklagte verkaufte das Cannabis anschließend für einen Kaufpreis von 5.500 Euro pro Kilogramm an diverse unbekannte Abnehmer. Unter anderem erfolgte ein Verkauf von drei Kilogramm Cannabis an „den mit Golf“, wobei der Angeklagte „c.“ anwies, die Betäubungsmittel zu übergeben und der Angeklagte den Kaufpreis später selbst abholen wollte.

Zu einem bislang unbekannten Zeitpunkt vor dem 20. Mai 2020 erwarb der Angeklagte von einer bislang unbekannten Person – möglicherweise „n.“ -, zu einem bislang unbekannten Preis 15 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 13,8%, mithin 2,07 Kilogramm reinem THC, zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs. Wiederrum beauftragte der Angeklagte sodann den Nutzer „c.“ damit, einen Pkw zu der Anschrift […], zu fahren, das Auto dort abzustellen, den Fahrzeugschlüssel auf einem Reifen zu deponieren und nach entsprechender Beladung mit den erworbenen Betäubungsmitteln durch bislang unbekannte weitere Täter, den Pkw wieder abzuholen. Entsprechend stellte „c.“ das Auto vereinbarungsgemäß am 21. Mai 2020 gegen 23:07 Uhr an der benannten Anschrift ab und holte es – nachdem der Angeklagte ihm am frühen Morgen des 23. Mai 2020 mitgeteilt hatte, dass er jetzt los könne – am 23. Mai 2020 gegen 10:16 Uhr – nunmehr mit den bestellten Betäubungsmitteln beladen – wieder ab. Der Angeklagte verkaufte das erhaltene Cannabis anschließend zu einem Kaufpreis von 5.400 Euro pro Kilogramm an diverse unbekannte Abnehmer.

Beginnend ab dem 4. Juni 2020, 00:32 Uhr erwarb der Angeklagte über den Nutzer „h.“ mindestens ein Kilogramm Kokain mit dem Prägestempel „FENDI“ und einem Wirkstoffgehalt von mindestens 85%, entsprechend 850 Gramm reinem Kokainhydrochlorid, zu einem Preis von 30.000 Euro, das ihm am 4. Juni 2020 zwischen 00:53 Uhr und 09:30 Uhr übergeben wurde, und verkaufte dieses anschließend gewinnbringend an den Nutzer „c.“ zu einem Verkaufspreis von 31.500 Euro weiter, der es sich am selben Tag gegen 09:30 Uhr an der Wohnanschrift des Angeklagten abholte.

Die Einziehungsentscheidung begründete die Kammer in einem weiteren Urteilsabschnitt wie folgt:

Der getroffenen Einziehungsentscheidung lagen folgende Erwägungen der Kammer zugrunde:

Der Einziehung unterliegt nach dem Bruttoprinzip alles, was ein Täter für die Taten oder aus ihnen erhalten hat, ohne Abzug des Einkaufspreises oder sonstiger Aufwendungen, bei Betäubungsmittelgeschäften mithin der gesamte Verkaufserlös.

Da das jeweils durch/für die Tat erlangte Bargeld nicht mehr individualisierbar vorhanden ist, war die Einziehung von Wertersatz gemäß § 73c StGB anzuordnen. Hierzu hat die Kammer die jeweiligen Verkaufspreise – wie unter Ziff. III. 3. ausgeführt – überwiegend der jeweiligen EncroChat-Kommunikation entnommen oder – sofern sich dort keine Angaben fanden – diese geschätzt.

Demnach ergeben sich folgende Einziehungsbeträge:

–   Tat zu Ziff. II. 1.:
–   Tat zu Ziff. II. 2.: 75.900 € (2,2 kg x 34.500 €)
–   Tat zu Ziff. II. 3.: 5.000 € (1 kg x 5.000 €)
–   Tat zu Ziff. II. 4.:
–   Tat zu Ziff. II. 5.: 378.000 € (70 kg x 5.400 €)
–   Tat zu Ziff. II. 6.:
–   Tat zu Ziff. II. 7.:
–   Tat zu Ziff. II. 8.: 176.000 € (2 kg x 33.000 €; 20 kg x 5.550 €)
–   Tat zu Ziff. II. 9.: 82.500 € (15 kg x 5.500 €)
–   Tat zu Ziff. II. 10.: 81.000 € (15 kg x 5.400 €)
–   Tat zu Ziff. II. 11.: 31.500 € (1 kg x 31.500 €)
–   Summe 829.900 €

Gegen dieses Urteil wandte sich der Beschwerdeführer mit dem Rechtsmittel der Revision, mit welcher er sowohl die Verletzung formellen (Verstoß gegen § 261 StPO) als auch materiellen Rechts geltend machte. Dabei führte der Verteidiger – insoweit nach der Zuschrift des Generalbundesanwalts (vgl. 3.) – mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2022 die zunächst allgemein erhobene Sachrüge näher aus und ging dabei insbesondere auf die Rechtsfehlerhaftigkeit der Einziehungsentscheidung ein:

Zur Tat Ziffer II.3. hält das Urteil lediglich fest, dass der Angeklagte den Nutzer „c“ angewiesen habe, ein Kilogramm Cannabis in das Auto des „a“ zu legen, was „c.“ auch getan habe. Dass der Angeklagte tatsächlich Geld erhalten hat und in welcher Höhe, kann den Feststellungen nicht entnommen werden. Gleichwohl hat die Strafkammer zur Tat Ziffer II.3. eine Einziehung von Wertersatz in Höhe von 5.000,- EUR vorgenommen.

Bei der abgeurteilten Tat Ziffer II.5. hat die Strafkammer eine Einziehung von Wertersatz in Höhe von 378.000,- EUR vorgenommen. Den Feststellungen kann nur entnommen werden, dass sämtliche Betäubungsmittel (insgesamt 70 kg Marihuana), über die der Angeklagte mit „n.“ verhandelt haben soll, von einer unbekannten Person an der Wohnanschrift der Mutter des „c.“ übergeben worden sein sollen. Weder ist eine Übergabe der Betäubungsmittel noch eine Übergabe von Geld an den Angeklagten im Urteil festgestellt. Auch wenn der Angeklagte der Beweiswürdigung zufolge in Chats auf einen raschen Weiterverkauf seitens des „c.“ gedrängt haben soll, damit er schneller Geld bekomme, folgt daraus nicht, dass er eine Summe von 378.000,- EUR erhalten hat. Vielmehr kann es ihm – entsprechend seiner Einlassung – auch lediglich darum gegangen sein, seine – wesentlich niedrigere – Provision aus den vermittelten Geschäften rasch zu bekommen. Ohne Feststellung des tatsächlichen Erlangens von Taterträgen in der genannten Höhe, ist die Einziehungsentscheidung rechtsfehlerhaft.

Im Fall II.8. des Urteils erfolgte eine Einziehung in Höhe von 176.000,- EUR. Auch hier schildert die Strafkammer lediglich eine direkte Lieferung von „c.“ an „s.“, ohne dass Feststellungen dazu getroffen wurden, dass dem Angeklagten Geld übergeben wurde. Dass der Angeklagte Taterträge in Höhe von 176.000,- EUR erlangt hat, ergibt sich aus den Urteilsfeststellungen nicht. Die pauschale Feststellung, er hätte an „diverse unbekannte Abnehmer“ verkauft, genügt den Voraussetzungen für eine Einziehung in Höhe von 176.000,- EUR nicht. […]

Zur abgeurteilten Tat Ziffer II.9. enthält das Urteil ebenfalls keinerlei Feststellungen dazu, dass der Angeklagte einen Geldbetrag in Höhe von 82.500,- EUR tatsächlich erlangt hat. Zu Geldübergaben an den Angeklagten ist im Urteil nichts festgestellt. Der pauschale Verweis auf unbekannte Abnehmer ist nicht ausreichend, um die für eine Einziehung notwendigen Geldübergaben an den Angeklagten zu belegen. […]

Dasselbe gilt für die Tat Ziffer II.10. des Urteils. Hier wird ein Betrag in Höhe von 81.000,- EUR der Einziehung unterworfen. Die Betäubungsmittel soll der Angeklagte zu einem unbekannten Preis von unbekannten Tätern erworben haben. In der Folge soll „c.“ ein Auto an einer Adresse in […]- Ort abgestellt und wieder abgeholt haben, in dem die Betäubungsmittel deponiert worden sein sollen. Anschließend soll der Angeklagte die Betäubungsmittel an diverse unbekannte Abnehmer verkauft haben. Dazu, dass der Angeklagte Geldbeträge in Höhe von 81.000,- EUR erlangt hat, trifft das Urteil keinerlei tragfähige Feststellungen. Zu Geldübergaben an den Angeklagten wird im Urteil nichts ausgeführt.

Im Fall II.11. hat der Angeklagte angegeben, lediglich das Kokain bei sich hinterlegt und an „c.“ weitergegeben zu haben. Das Geschäft betraf nach der Einlassung des Angeklagten „h.“ auf der einen und „c.“ auf der anderen Seite. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte lediglich Tatobjekte erlangt. Dass er auch Taterträge im Sinne der §§ 73, 73c StGB erlangt hätte, belegen die Urteilsfeststellungen auf UA S. 11 und 32 f. gerade nicht. Zwar klingt es auf UA S. 11 so, als habe der Angeklagte von „c.“ 31.500,- EUR erhalten. Die Beweiswürdigung auf UA S. 32 f. enthält jedoch keine Tatsachen, die eine Übergabe eines entsprechenden Geldbetrags von „c.“ an den Angeklagten belegen. Auch insoweit tragen die Urteilsfeststellungen die Einziehungsentscheidung nicht.

Mit Zuschrift vom 25. November 2022 beantragte der Generalbundesanwalt, die Revision des Beschwerdeführers gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen. Zur Einziehungsentscheidung verhält sich der Antrag des Generalbundesanwalts nicht.

Der Bundesgerichtshof verwarf mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 31. Januar 2023 die Revision des Beschwerdeführers gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet. Lediglich ergänzend führte der Senat zur Unbegründetheit der erhobenen Verfahrensrüge aus. Die Einziehungsentscheidung wird im Beschluss nicht angesprochen. Der Beschluss wurde dem Beschwerdeführer persönlich am 14. Februar 2023, seinen Verteidigern am 15. und 16. Februar 2023 bekannt gemacht.

Am 20. Februar 2023 erhob der Beschwerdeführer gemäß § 356a StPO Anhörungsrüge und beantragte, das Verfahren in den Stand vor Erlass des Beschlusses vom 31. Januar 2023 zurückzuversetzen. Zur Begründung verwies er darauf, dass sich der Beschluss nicht zur Rechtsfehlerhaftigkeit der Einziehungsentscheidung verhalte. Dies sei insbesondere deshalb verwunderlich, weil der 5. Strafsenat in einer anderen Entscheidung vom 30. August 2022 entschieden habe, dass die Einziehung von Wertersatz nicht nur dann ausgeschlossen sei, wenn ein fragliches Betäubungsmittelgeschäft insgesamt nicht durchgeführt worden sei, sondern auch dann, wenn die Übergabe von Geldbeträgen nicht festgestellt worden sei. Diese Konstellation habe der Beschwerdeführer jedoch im hiesigen Fall in der Revision aufgezeigt.

Mit Beschluss vom 2. März 2023 – zugegangen am 20. März 2023 – wies der Bundesgerichtshof die Anhörungsrüge des Beschwerdeführers zurück. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liege nicht vor. Der Senat habe bei seiner Entscheidung weder Verfahrensstoff verwertet, zu dem der Revisionsführer nicht gehört worden sei, noch habe er zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen. Aus dem Umstand, dass der Senat die Verwerfung der Revision nicht weiter begründet und insbesondere keine Ausführungen im Hinblick auf die Beanstandungen zum Einziehungsausspruch gemacht habe, könne nicht auf die Verletzung rechtlichen Gehörs geschlossen werden. Der Beschwerdeführer habe gemäß Art. 103 Abs. 1 GG zwar einen Anspruch darauf, dass das Revisionsgericht seine Ausführungen zur Kenntnis nehme und prüfe; er könne jedoch nicht verlangen, dass ihm die Gründe, aus denen seine Beanstandungen für nicht durchgreifend erachtet werden, im Verwerfungsbeschluss mitgeteilt würden.

Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 31. Januar 2023 – 5 StR 503/22 – lässt sich insoweit mit dem allgemeinen Willkürverbot aus Art. 3 Abs. 1 GG nicht in Einklang bringen.

Die Auslegung der Strafgesetze und ihre Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür zuständigen Gerichte und daher der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entzogen; ein verfassungsgerichtliches Eingreifen gegenüber Entscheidungen der Fachgerichte kommt nur in seltenen Ausnahmefällen unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) in seiner Bedeutung als Willkürverbot in Betracht (vgl. BVerfGE 74, 102 <127>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Mai 2020 – 2 BvR 2054/19 -, Rn. 35). Gegen dieses allgemeine Willkürverbot wird nicht bereits dann verstoßen, wenn die angegriffene Rechtsanwendung oder das dazu eingeschlagene Verfahren fehlerhaft sind. Hinzukommen muss, dass Rechtsanwendung oder Verfahren unter keinem denkbaren Aspekt mehr rechtlich vertretbar sind und sich daher der Schluss aufdrängt, dass die Entscheidung auf sachfremden und damit willkürlichen Erwägungen beruht (vgl. BVerfGE 80, 48 <51>), etwa wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder die Norm in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewandt wird (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Mai 2020 – 2 BvR 2054/19 -, Rn. 35). Von willkürlicher Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. Mai 2020 – 2 BvR 2054/19 -, Rn. 35). Dies gilt nicht nur bei der Auslegung und Anwendung materiellen Rechts; es gilt auch für die Handhabung des Verfahrensrechts. Das Verfahrensrecht dient der Herbeiführung gesetzmäßiger und unter diesem Blickpunkt richtiger, aber darüber hinaus auch im Rahmen dieser Richtigkeit gerechter Entscheidungen. Auch die Auslegung und Anwendung von Verfahrensrecht kann demnach – wenn sie willkürlich gehandhabt wird – gegen Art 3 Abs. 1 GG verstoßen (vgl. BVerfGE 42, 64 <73 f.>; 54, 117 <125>).

Nach diesen Maßstäben stellt sich die Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31. Januar 2023, soweit die Einziehungsentscheidung des Landgerichts Bremen betroffen ist, als rechtlich nicht mehr vertretbar dar.

Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht gemäß § 73 Abs. 1 StGB dessen Einziehung an.

Das nach § 73 Abs. 1 StGB „erlangte etwas“ ist jeder Vermögenswert, den der Täter oder Teilnehmer „durch“ oder „für“ eine rechtswidrige Tat (Erwerbstat) erlangt hat. Das „Erlangen“ ist damit als ein tatsächlicher Vorgang zu verstehen. In der Folge ist alles das abzuschöpfen, was von dem Täter oder Teilnehmer auch erlangt worden ist. Nur „etwas“, was dem Vermögen des Täters oder Teilnehmers (oder Drittbegünstigten) tatsächlich zufließt, ist im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB „erlangt“ (vgl. Fischer, StGB, 70. Aufl. 2023, § 73 Rn. 11; Köhler, NStZ 2017, S. 497 <503>). Erlangen bedeutet, dass der Tatbeteiligte mindestens die faktische Verfügungsgewalt für sich über eine Sache oder ein Recht erlangt hat (vgl. bereits BGH, Beschluss vom 13. November 1996 – 3 StR 482/96 -, NStZ-RR 1997, S. 262).

Die Frage, ob ein tatsächlicher Vermögenszufluss stattgefunden hat, muss vor dem Ziel der Vermögensabschöpfung und nach ihrem Wesen als vermögensordnende Maßnahme beantwortet werden. Festzustellen ist demnach der auf der Erwerbstat beruhende Vermögenszufluss, der durch das Instrument der Vermögensabschöpfung zu beseitigen ist (vgl. Köhler, NStZ 2017, S. 497 <503>). Hieraus ergeben sich entsprechende Anforderungen an die die Einziehungsentscheidung tragenden Urteilsfeststellungen. Festzustellen ist jedenfalls die (Mit)Verfügungsgewalt des Täters (vgl. Joecks/Meißner, in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Aufl. 2020, § 73 Rn. 24).

Für den Erlös aus Betäubungsmittelgeschäften sind nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs konkrete, durch eine entsprechende Beweiswürdigung belegte Feststellungen zur Entgegennahme der Verkaufserlöse und deren Verbleib notwendig (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2023 – 6 StR 427/22 -, Rn. 7). Zwar genügt für das Erlangen im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB auch bei der Abwicklung von Betäubungsmittelgeschäften, dass ein Tatbeteiligter in irgendeiner Phase der Tatbestandsverwirklichung die faktische oder wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über das Erlangte innehat. Es ist daher nicht erforderlich, dass er an der Übergabe des Kaufpreises für die gehandelten Drogen selbst beteiligt ist. Ausreichend ist, wenn er anschließend ungehinderten Zugriff auf das übergebene Geld nehmen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 24. September 2019 – 5 StR 213/19 -, Rn. 8). Die bloße Annahme mittäterschaftlichen Handelns vermag die fehlende Darlegung des tatsächlichen Geschehens hierzu jedoch nicht zu ersetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 2018 – 4 StR 63/18 -, Rn. 12; Beschluss vom 9. Juni 2021 – 4 StR 503/20 -, Rn. 5).

In diesem Zusammenhang hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs – dessen Entscheidung hier angegriffen ist – hervorgehoben, dass die diesbezügliche Einziehung entsprechende Feststellungen zur tatsächlichen Übergabe von Geldbeträgen an den Täter voraussetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 30. August 2022 – 5 StR 201/22 -).

Eine konkrete Übergabe der Gelderlöse aus den Betäubungsmittelgeschäften in den Fällen 3., 5., 8., 9., 10. Und 11. ist dem Urteil des Landgerichts Bremen vom 29. Juli 2022 jedoch nicht zu entnehmen. Aus den entsprechenden Feststellungen ergibt sich nur, dass der Beschwerdeführer beziehungsweise eine dritte Person „für“ den Beschwerdeführer die Betäubungsmittel verkauft hat. Der Verbleib der Verkaufserlöse oder eventuelle Geldflüsse werden hingegen nicht weiter festgestellt.

Der Bundesgerichtshof hat sich mit diesem Umstand im Rahmen seiner Entscheidung vom 31. Januar 2023 nicht auseinandergesetzt, obwohl die fehlenden Feststellungen zu einer Geldübergabe von der Revision ausdrücklich gerügt worden sind. Auch die Zuschrift des Generalbundesanwalts vom 25. November 2022 verhält sich nicht zur Einziehungsentscheidung.

Weshalb die Einziehungsentscheidung des Landgerichts Bremen dennoch revisionsrechtlich unbedenklich erscheint und nicht im Widerspruch zur jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht, bleibt damit offen. Der 5. Strafsenat hat sich mit der Rechtslage nicht hinreichend auseinandergesetzt, insbesondere seinen Beschluss vom 30. August 2022 – 5 StR 201/22 – für die revisionsrechtliche Bewertung vollständig ausgeblendet. Es fehlt jegliche Begründung, warum die in diesem Beschluss aufgestellten Anforderungen an die tatrichterlichen Feststellungen für den vom Täter oder Teilnehmer erlangten Vermögenswert im gegebenen Fall gewahrt sind, aufgrund einer anders gelagerten tatsächlichen oder rechtlichen Konstellation nicht zu beachten waren oder inwieweit dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe und der darin enthaltenen Feststellungen entnommen werden kann, dass das Landgericht die Voraussetzungen für eine Einziehung rechtsfehlerfrei bejahen durfte. Es ist nach alledem nicht nachvollziehbar, auf welchem sachlichen Grund die angegriffene revisionsrechtliche Entscheidung beruht.